Graffiti Anwalt

Dr. Gau Rechtsanwälte

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Graffiti-Urteile

Die auf­ge­führ­ten Urteile etc. stel­len nur einen Teil der uns vor­lie­gen­den Entscheidungen dar. Sämtliche auf­ge­führ­ten Entscheidungen sowie wei­te­re Urteile, Beschlüsse und Verfügungen lie­gen der Kanzlei im Volltext mit Aktenzeichen vor und wer­den im Rahmen Ihrer Verteidigung verwendet.Die Entscheidungen sind unter den jewei­li­gen Unterpunkten (höhe­res Gericht/niedrigeres Gericht) nach Aktualität angeordnet.

Mitführverbot von Graffitiutensilien

  • VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.2013 (Ein Mitführverbot bei Graffitisprayern von Markern, Sprühdosen etc. ist völ­lig ungeeignet)

Abgrenzung von Tateinheit und Tatmehrheit bei Graffitifällen

  • OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei meh­re­ren Tags in zeit­li­cher und räum­li­cher Nähe liegt recht­lich nur eine Tat vor)
  • OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010 (Auch meh­re­re Graffitis kön­nen recht­lich gese­hen nur als eine Tat zu bewer­ten sein)

Erheblichkeit

  • AG Krefeld spricht Angeklagte wegen nur „uner­heb­li­chen“ Veränderns der Wand durch Graffiti frei.

Straffreiheit von Graffiti nach neu­em Recht

  • OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013 (Ohne genaue Feststellungen ist im Zweifel von Straffreiheit auszugehen)
  • KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012 (Auch gro­ße Bilder auf vor­be­sprüh­ten Wänden kön­nen straf­los sein)
  • KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012 (Bei vor­han­de­nen Tags muss die „Erheblichkeit“ ein­ge­hend erklärt werden)
  • OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei „Filzstift“-Tags kann nicht ohne Weiteres von einer Strafbarkeit aus­ge­gan­gen werden)
  • OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011 (Bei einer „ille­ga­len“ Hall of Fame ist eine Strafbarkeit nicht offensichtlich)
  • OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009 (Das Anbringen von „Tags“ über vor­han­de­ne „Tags“ ist straflos)
  • AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011 (Ist ohne­hin eine Komplettrenovierung erfor­der­lich, sind wei­te­re Tags straflos)
  • AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011 (Bei leich­ter Entfernung kei­ne Strafbarkeit)
  • AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010 (Bei leich­ter Entfernung kei­ne „erheb­li­che“ Veränderung der Sache)
  • OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013 (Ein per­sön­li­cher Verzicht bei Schadenswiedergutmachung legt Straflosigkeit nahe)
  • AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013 (Bei Schadenswiedergutmachung ist auch Straffreiheit möglich)

Bildung einer kri­mi­nel­len Vereinigung durch Graffiti-Sprayer

  • BGH, Urteil v. 22.02.1995 (Bildung einer kri­mi­nel­len Vereinigung bei gemein­sa­men Graffiti-Aktionen)

DNA-Entnahme bei Graffiti-Sprayern

  • AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011 (DNA-Entnahme für künf­ti­ge Strafverfahren bei Graffiti rechtswidrig)
  • LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010 (DNA-Entnahme bei feh­len­dem Vergleichsmaterial unzulässig)
  • LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010 (DNA-Entnahme bei einer Verurteilung wegen 15 Graffitis unzulässig)
  • AG Bayreuth, Beschluss v. 23.10.2008 (DNA-Entnahme im Falle feh­len­der Einwilligung bei Graffiti-Sprayern unzulässig)

„Vorsorgliche“ erken­nungs­dienst­li­che Behandlung von Graffiti-Sprayern

  • VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 11.8.2009 (Anordnung bei nur pau­scha­ler for­mel­haf­ter Belehrung durch Polizei unzulässig)

Unterscheidung zwi­schen ein­fa­cher und gemein­schäd­li­cher Sachbeschädigung durch Graffiti

  • OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010 (Graffitis auf U‑Bahnwagen sind kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • OLG Nürnberg, Beschluss v. 11.3.2010 (Graffitis auf öffent­li­chen Skaterrampen sind kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009 (Die „gemein­nüt­zi­ge“ Widmung einer Sache reicht für eine gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung nicht aus)
  • AG München, Urteil v. 11.6.2008 (Besprühen und Edding-„Tags“ auf Einrichtungen der Deutschen Bahn, Landesverkehrsbetriebe u.a. stel­len kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung dar)
  • OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006 (Graffiti auf U- oder S‑Bahnen kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999 (Graffiti auf Eisenbahnwagen u. Brücken kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01 (Graffiti an Friedhofstoiletten u. ‑wän­den kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung)
  • OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Gegenansicht zu OLG Hamburg) 
  • OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Keine gemein­schaft­li­che Sachbeschädigung bei tur­nus­mä­ßi­ger Wartungsarbeit/Reinigung)

Strafbarkeit/Haftung von Crew-Mitgliedern für Gruppen-Bilder u. ‑Tags

  • StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008 (Gruppen- oder Crew-„Tags“ kön­nen nicht pau­schal jedem Gruppenmitglied zuge­ord­net werden)
  • AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008 (Keine zivil­recht­li­che Haftung für Gruppen- oder Crew-„Tags“)
  • AG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.8.2005 (Ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass es sich um Gruppentags han­delt, kann eine Zuordnung nicht erfolgen)

Zuordnung von Bildern/Tags auf­grund von Zustimmungen in ande­ren Verfahren zur Einstellung nach § 153 a StPO bei glei­chen Buchstabenkürzeln

  • AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2008 (Selbst bei einer Zustimmung zur Einstellung in einem Parallelstrafverfahren ist eine Zuordnung nicht möglich)

Zuordnung auf­grund eines Zeugen vom Hörensagen

  • AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009 (Graffitis des­sel­ben Namens sind ohne Tatzeugen auch bei Zeugen vom Hörensagen nicht zuzuordnen)
  • AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009 (Zeugen vom Hörensagen rei­chen für eine Zuordnung nicht aus)

Zuordnung von Bildern/Tags auf­grund von Black-Books, Fotos, Videos, glei­chen Buchstabenkürzeln

  • LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012 (Die Möglichkeit von Nachahmungen oder das Vorhandensein einer Crew müs­sen in Betracht gezo­gen werden)
  • LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011 (Individualtags wer­den von Bekannten mit angebracht)
  • LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008 (Indizwirkung von Fotos, Blackbook und Stadtplan)
  • LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006 (Auch ein ört­li­cher Zusammenhang namens­glei­cher Bilder reicht nicht für eine Zuordnung)
  • LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003 (Beweiswert denun­zie­ren­der Zeugenaussagen)
  • LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002 (Zuordnung von Graffiti-„Tags“)
  • AG Würzburg, Beschluss vom 15.5.2015 (Auch Schriftgutachten des LKA sind nicht immer hilfreich)
  • AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013 (Fremdverwendungen von Tags z. B. bei Geburtstagen sind gerichtsbekannt)
  • AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013 (Altes „Kamikaze-Foto“ reicht für eine Zuordnung nicht)
  • AG Tiergarten, Beschluss vom 18.1.2013 (Vorverurteilungen wegen des­sel­ben Namens rei­chen für eine Zuordnung nicht)
  • AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012 (Der Besitz von Fotos reicht für eine Zuordnung nicht)
  • AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012 (Alleine das Aufgreifen bei einem Bild glei­chen Namens und der Besitz ent­spre­chen­der Fotos sind für eine Zuordnung unzureichend)
  • AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012 (Auch gan­ze Ordner mit Fotos eines Namens erlau­ben kei­ne pau­scha­le Zuordnung)
  • AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012 (Es gibt zahl­rei­che Gründe für Nachahmer)
  • AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012 (Schon auf­grund der Altersstruktur kön­nen Nachahmungen nicht aus­ge­schlos­sen werden)
  • AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011 (Skizzen und Fotos rei­chen nicht aus)
  • AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011 (Ähnlichkeit in Wortwahl und Stil genügt nicht für eine pau­scha­le Täterschaft)
  • AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011 (Es müs­sen stets Nachahmer in Betracht gezo­gen werden)
  • AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011 (Auch der SoKo sind Nachahmer bekannt)
  • AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010 (Fotos und Skizzen doku­men­tie­ren Interesse und kei­nen Täterschaft)
  • AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010 (Zur Notwendigkeit der Materialgleichheit von Sprühfarbe)
  • AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010 (Fotos, Skizzen und Stadtpläne begrün­den kei­ne Verurteilungswahrscheinlichkeit)
  • AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010 (Gleichnamige Graffiti-„Tags“ sind kein Beweis für den­sel­ben Urheber)
  • AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009 (Bei Graffiti-„Tags“ kann eine Gruppenverwendung grund­sätz­lich nicht aus­ge­schlos­sen werden)
  • AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009 (Graffiti-„Tags“ sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar)
  • AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009 (Graffiti-Tags sind nicht mit Fingerabdrücken oder DNA ver­gleich­bar und daher nicht zuordnungsfähig)
  • AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009 (Pauschale Ähnlichkeiten zwi­schen Graffiti-Tags rei­chen für eine Zuordnung nicht aus)
  • AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008 (Unterschiede zwi­schen Graffiti-Tags und Bildern spre­chen gegen ein und den­sel­ben Urheber)
  • AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007 (Graffiti-„Tags“ wer­den auch nachgeahmt)
  • AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008 (Erhebliche Unterschiede zwi­schen ein­zel­nen Bildern spre­chen für Nachahmer)
  • AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007 (Graffiti-„Tags“ wer­den teil­wei­se kopiert und erlau­ben kei­ne Zuordnung)
  • AG Schwetzingen, Urteil vom 6.11.2006 (Auch in der Graffiti-Szene exis­tie­ren Nachahmer)
  • AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001 (Keine unver­wech­sel­ba­re Handschrift bei Graffitis)
  • StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008 (Es ist gefes­tig­te Rechtsprechung, dass in der Graffiti-Szene Nachahmer existieren)
  • StA Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004 (Graffiti-„Tags“ kön­nen auch bei Ähnlichkeit nicht zuge­ord­net werden)
  • GStA Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997 (Kein hin­rei­chen­der Tatverdacht bei namens­glei­chen Graffiti-„Tags“)
  • StA Zürich-Limmat (Schweiz), Einstellungsverfügung vom 26.10.2009 (Alleine die Buchstabengleichheit reicht für eine Anklageerhebung nicht aus)

Guter Glauben bei nicht exis­ten­ter (lega­ler) Hall of Fame

  • AG Wismar, Beschluss vom 2.9.2009 (Guter Glaube an Hall of Fame lässt Vorsatz entfallen)

Schriftvergleichende Gutachten bei Bildern/Tags glei­cher Buchstabenkürzel

  • AG Lampertheim, Schriftvergleichsgutachten vom 23.08.2009 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung von Skizzen auf Graffiti)
  • AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähn­li­cher Graffiti-Tags)
  • OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähn­li­cher Graffiti-Tags und Bilder)

Flusssäure-„Tags“

  • AG Berlin Tiergarten„ Urteil vom 15.08.2007 (Werden Graffiti-Tags mit­tels „Flusssäure“ in Scheiben geätzt, ist dies erheb­lich straf­schär­fend zu berücksichtigen)

Beschlagnahme von Gegenständen anläss­lich einer Personendurchsuchung/Hausdurchsuchung wegen Graffiti

  • AG Düsseldorf, Beschluss vom 23.4.2013 (Dauerhafte Beschlagnahme des Laptops ist unzulässig)
  • LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Beschlagnahme der Digitalkamera ist unzulässig)
  • LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008 (Beschlagnahme von Farbspraydosen und Farbstiften ist unzulässig)
  • LG Münster, Beschluss vom 01.08.2018 (Keine Beschlagnahme von Handys bei vor­be­schä­dig­ter Wand)

Schulrechtliche Konsequenzen bei Graffitis auf dem eige­nen Schulgelände

  • OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2007 (Verweisung an ande­re Schule wegen Graffiti auf dem Schulgelände)

 

 

 

AG Würzburg Beschluss vom 15.5.2015 (Auch Schriftgutachten des LKA sind nicht immer hilfreich)

Leitsatz: Hinsichtlich der Anklagepunkte 1–8 und 10–38 lässt sich trotz umfang­rei­cher, vom Gericht ange­ord­ne­ter Nachermittlungen, ein zur Anklageerhebung hin­rei­chen­der Tatverdacht nicht füh­ren, da nicht in einem ein­zi­gen die­ser Fälle die Täterschaft des Angeklagten nach­weis­bar ist. So hat das Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 10.04.2014 erge­ben, es sei „eine deut­li­che Tendenz dafür erkenn­bar, dass die gro­ße Mehrheit der frag­li­chen Tags (wel­che genau?) vom sel­ben Verursacher stamm­ten“, wer die­ser Verursacher ist, lässt sich die­sem Gutachten jedoch gera­de nicht entnehmen.

Auch der vom Gericht ange­reg­te Abgleich mit dem Verfahren 943 Js xxxx/11 ist ohne brauch­ba­res Ergebnis geblie­ben (vgl. Untersuchungsbericht des Bayerischen
Landeskriminalamtes vom 24.04.2015) wes­halb ein zur Anklageerhebung hin­rei­chen­der Tatverdacht inso­weit nicht gege­ben ist. Auch die Angaben des Zeugen S., der Angeklagte habe ihm im Mai 2012 erzählt, sein per­sön­li­ches Tag sei „XXXX“, füh­ren zu kei­nem ande­ren Ergebnis, da nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass sich auch ande­re Personen die­ses Tags bedie­nen. Ebenso wenig genügt der Umstand, dass der Angeklagte bereits ein­schlä­gig vor­ge­ahn­det ist, um einen Tatnachweis gegen den Angeklagten füh­ren zu kön­nen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher in 38 von 39 Anklagepunkten abzulehnen.

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KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006 (Graffiti auf U- oder S‑Bahnen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Zwar han­delt es sich bei den von dem Angeklagten besprüh­ten bzw. bemal­ten S- und U‑Bahnwaggons sowie Gleisrückwänden von U‑Bahnhöfen um Gegenstände, wel­che zum öffent­li­chen Nutzen die­nen. Jedoch reicht die Beschädigung der Substanz der­ar­ti­ger Gegenstände zur Erfüllung des Tatbestandes einer gemein­schäd­li­chen Sachbeschädigung nicht aus. Vielmehr muß die Einwirkung gera­de die beson­de­re (öffent­li­che) Funktion der Sache beein­träch­ti­gen, deren Schutz § 304 StGB bezweckt. Daran aber fehlt es vor­lie­gend. Da sowohl die Gleisrückwände ihre Funktionsfähigkeit behiel­ten als auch die U- und S‑Bahnwaggons wei­ter­hin zur Beförderung benutzt wer­den konn­ten, stellt das Besprühen von Gleisrückwänden sowie U- und S‑Bahnen kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung dar. KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nun­mehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und kei­ne „Sachbeschädigung“ mehr dar­stellt, ist das Urteil über­trag­bar. Hiernach ist davon aus­zu­ge­hen, dass kein „gemein­schäd­li­ches“ (höhe­rer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vor­liegt, wenn die beson­de­re (öffent­li­che) Funktion der Sache nicht beein­träch­tigt wurde.

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BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999 (Graffiti auf Eisenbahnwagen u. Brücken keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Damit durch das Sprühen von Graffiti auch die gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung (§ 304 StGB) erfüllt ist, ist erfor­der­lich, dass durch die Beschädigung gera­de die beson­de­re Zweckbestimmung der Sache beein­träch­tigt wird. Das ist vor­lie­gend nicht der Fall. Das Besprühen von Brückenteilen, Straßen- und Wegeunter und ‑über­füh­run­gen sowie Eisenbahnwagen ist kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung. BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nun­mehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und kei­ne „Sachbeschädigung“ mehr dar­stellt, ist das Urteil über­trag­bar. Hiernach ist davon aus­zu­ge­hen, dass kein „gemein­schäd­li­ches“ (höhe­rer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vor­liegt, wenn die beson­de­re (öffent­li­che) Funktion der Sache nicht beein­träch­tigt wur­de (sie­he hier­zu auch das Urteil des AG München v. 11.6.2008).

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OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01 (Graffiti an Friedhofstoiletten u. ‑wänden keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Damit durch das Sprühen von Graffiti auch die gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung (§ 304 StGB) erfüllt ist, ist erfor­der­lich, dass durch die Beschädigung gera­de die beson­de­re Zweckbestimmung der Sache beein­träch­tigt wird. Das ist beim Besprühen von Friedhofstoiletten und ‑wän­den nicht der Fall. Daher liegt kei­ne gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung vor. OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nun­mehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und kei­ne „Sachbeschädigung“ mehr dar­stellt, ist das Urteil über­trag­bar. Hiernach ist davon aus­zu­ge­hen, dass kein „gemein­schäd­li­ches“ (höhe­rer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vor­liegt, wenn die beson­de­re (öffent­li­che) Funktion der Sache nicht beein­träch­tigt wur­de (sie­he hier­zu auch das Urteil des AG München v. 11.6.2008).

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LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002 (Zuordnung von Graffiti-„Tags“)

Leitsatz: Selbst wenn es unüb­lich ist, dass Writernamen von ande­ren Personen nach­ge­ahmt wer­den, schließt das nicht mit der für eine Verurteilung erfor­der­li­chen Sicherheit aus, dass Dritte — aus Unkenntnis oder auch bewusst — gegen die­se unge­schrie­be­ne Regel ver­sto­ßen. Da die­se Möglichkeit bei jeder ein­zel­nen Tat in Betracht gezo­gen wer­den muss, kann eine Verurteilung nicht allein dar­auf gestützt wer­den, dass bei der jewei­li­gen Tat ein „Tag“ ver­wen­det wur­de, das einem der Angeschuldigten zuzu­ord­nen ist. Diesem Umstand kommt ledig­lich eine — aller­dings erheb­li­che — Indizwirkung zu. LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002

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BGH, Urteil vom 22.02.95 (Bildung einer kriminellen Vereinigung bei gemeinsamen Graffiti-Aktionen)

Leitsatz: Ein Zusammenschluss von Sprühern kann eine kri­mi­nel­le Vereinigung dar­stel­len. Es sind jedoch auch Umstände her­an­zu­zie­hen, die außer­halb des Tatbestands lie­gen, z.B. die poli­ti­schen Inhalte der Graffiti (hier: aus­län­der­feind­li­che Parolen). Eine Gruppe, die poli­ti­sche Parolen sprüht, kann daher eine kri­mi­nel­le Vereinigung dar­stel­len.BGH, Urteil vom 22.02.95 (Kritik: Schittenhelm NStZ 1993, 343)

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OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti)

Gutachten (Auszug): Also sind bei Original-Graffiti ledig­lich Analysen grö­be­rer Bewegungsführungen und Formgebungen, der Größen- und Weitenverhältnisse und von Merkmalen der Flächenbehandlung mög­lich. Auf der schma­len Basis der noch beur­teil­ba­ren Grundkomponenten erschei­nen von vorn­her­ein fun­dier­te Aussagen über Urheberschaftszusammenhänge nur sehr ein­ge­schränkt mög­lich. […] Selbst bei ähn­li­chen Graffiti [kann] nicht direkt auf ein und den­sel­ben Urheber geschlos­sen wer­den. Unter Zugrundelegung von 5 Wahrscheinlichkeitsgraden, wobei der Grad 5 (nicht ent­scheid­bar) der schwächs­te ist, ist eine sol­che Zuordnung ähn­li­cher Graffiti nicht ent­scheid­bar (Grad 5). OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996

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OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2007 (Verweisung an andere Schule wegen Sprühens auf dem Schulgelände)

Leitsatz: Das Anbringen zahl­rei­cher Tags auf dem Schulgelände bzw. in der Schule kann als Ordnungsmittel die Überweisung in eine ande­re Schule rechtfertigen.OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2007

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LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003 (Beweiswert denunzierender Zeugenaussagen)

Leitsatz: Behauptet ein Zeuge, er sei sich sicher, dass eine Person ein bestimm­tes Kürzel male, weil die Buchstaben und Tags gleich gemalt wur­den, ist die­ser Zeuge ein untaug­li­ches Beweismittel, denn er maßt sich die Sachkunde eines Sachverständigen an.LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003

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AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008 (Erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Bildern sprechen für Nachahmer)

Leitsatz: Alleine die Tatsache, dass der Angeschuldigte in sei­nen Blackbooks auch das ange­klag­te Kürzel zeich­net, er (unter ande­rem) Fotos des Kürzels hat und einen Stadtplan besitzt, in wel­chem teil­wei­se Tatorte ein­ge­zeich­net sind, reicht als Beweis nicht aus, dass er auch — allei­ne — das Kürzel sprüht. Das Hauptverfahren ist daher in allen 15 Anklagepunkten nicht zu eröffnen.AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008

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AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007 (Graffiti-„Tags“ werden teilweise kopiert und erlauben keine Zuordnung)

Leitsatz: Es ist nicht ver­tret­bar, auf­grund eines ange­fer­tig­ten „Tags“ alle Tags des­sel­ben Kürzels zuzu­ord­nen, da Tags teil­wei­se kopiert werden.AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007

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Staatsanwaltschaft Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004 (Graffiti-„Tags“ können auch bei Ähnlichkeit nicht zugeordnet werden)

Leitsatz: Auch wenn die vor­lie­gen­den Tags Ähnlichkeiten auf­wei­sen, recht­fer­tigt dies kei­ne pau­scha­le Zuordnung, denn in der Sprayer-Szene sind Nachahmer aufgetreten.StA Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004

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Generalstaatsanwaltschaft Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997 (Kein hinreichender Tatverdacht bei namensgleichen Graffiti-„Tags“)

Leitsatz: Nur die Namensgleichheit erlaubt noch kei­ne Zuordnung aller Tags des­sel­ben Namens. Dies reicht für einen hin­rei­chen­den Tatverdacht nicht aus.GStA Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997

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AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001 (Keine unverwechselbare Handschrift bei Graffitis)

Leitsatz: Bei Graffitis gibt es kei­ne unver­wech­sel­ba­re Handschrift. Daher rei­chen auch die beschlag­nahm­ten Skizzen und Fotos nicht aus, um alle Graffitis des glei­chen Namens zuzuordnen.AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001

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LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008 (Indizwirkung von Fotos, Blackbook und Stadtplan)

Leitsatz: Auch das Zusammentreffen von Fotos, Skizzen und einem Stadtplan mit teil­wei­sen Markierungen, wel­che mög­li­chen Tatorten zuge­ord­net wer­den kön­nen, reicht allei­ne nicht aus, um einem Beschuldigten sämt­li­che Tags/strongilder des vor­ge­wor­fe­nen Namens zuzu­ord­nen, wenn sowohl die Fotos als auch die Skizzen nicht nur aus­schließ­lich den betref­fen­den Namen, son­dern auch ande­re Buchstabenkürzel zeigen.LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008

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LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006 (Auch ein örtlicher Zusammenhang namensgleicher Graffitis reicht nicht für eine Zuordnung)

Leitsatz: Auch die ört­li­che Nähe zwi­schen namens­glei­chen Graffitis reicht nicht aus, um jedes Graffiti pau­schal zuzu­ord­nen. Es muss bei jedem ein­zel­nen Graffiti in Betracht gezo­gen wer­den, dass die­ses von einem Nachahmer erstellt wur­de. Eine Zuordnung ver­mag nur ein Schriftgutachten zu leisten.LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006

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AG Tiergarten, Urteil vom 15.08.2007 (Werden Graffiti-„Tags“ mittels „Flusssäure“ in Scheiben geätzt, ist dies erheblich strafschärfend zu berücksichtigen)

Leitsatz: Die Benutzung der hoch­ät­zen­den Flüssigkeit „Flusssäure“ für Graffiti-Tags in Scheiben recht­fer­tigt auch bei einem nicht vor­be­straf­ten Täter die Verhängung der Höchststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung.AG Berlin Tiergarten, Urteil vom 15.08.2007

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AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007 (Graffiti-„Tags“ werden auch nachgeahmt)

Leitsatz: Die Tatsache, dass die Nachahmung von „Tags“ sze­neun­üb­lich ist, schließt gleich­wohl Nachahmungen nicht aus. In allen ein­zel­nen Fällen muss zu Gunsten des Angeschuldigten unter­stellt wer­den, dass es sich jeweils um Nachahmungen han­delt. Dies gilt auch dann, wenn der Angeschuldigte bei einer Tat — von sei­ner Freundin — beob­ach­tet wur­de. Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist daher in allen 77 Anklagepunkten abzulehnen.AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007

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AG München, Urteil vom 11.6.2008 (Besprühen und Edding-„Tags“ auf Einrichtungen der Deutschen Bahn, Landesverkehrsbetriebe u.a. stellen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar)

Leitsatz: Von einer gemein­schäd­li­chen Sachbeschädigung, deren Strafrahmen erheb­lich höher ist, ist auch nach der Neufassung des § 304 StGB nur dann aus­zu­ge­hen, wenn der durch die Sachbeschädigung dem Gemeinwohl die­nen­de Zweck der Sache auf­ge­ho­ben oder ein­ge­schränkt ist, was bei ein­fa­chen „Tags“ nicht der Fall ist.AG München, Urteil vom 11.6.2008

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StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008 (Gruppen- oder Crew-„Tags“ können nicht pauschal jedem Gruppenmitglied zugeordnet werden)

Leitsatz: Bei Gruppen-„Tags“ muss immer in Betracht gezo­gen wer­den, dass die­ses ohne Wissen der ande­ren Gruppenmitglieder auf­ge­sprüht wur­de. Man kann Gruppen-„Tags“ daher nicht ohne wei­te­re Beweise pau­schal einem bestimm­ten Gruppenmitglied zuordnen.StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008

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OLG Thüringen, Beschluss vom 27.4.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen öffentlicher Betriebe keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Die Frage, ob für die straf­schär­fen­de gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung durch Graffitis auch eine Beeinträchtigung der öffent­li­chen Funktion der Sache erfor­der­lich ist, ist zwar nicht aus­drück­lich gesetz­lich gere­gelt. Eine von § 304 Abs. 1 StGB abwei­chen­de Auffassung wäre aller­dings sys­tem­wid­rig. Denn gera­de die Beeinträchtigung des öffent­li­chen Nutzungsinteresses hat den in § 304 StGB über die ein­facv­he Sachbeschädigung des § 303 StGB hin­aus­ge­hen­den Unrechtsgehalt und damit auch den höhe­ren Strafrahmen zur Folge. Eine gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung ist das nur dann gege­ben, wenn eben die­se öffent­li­che Funktion beein­träch­tigt oder auf­ge­ho­ben wurde.OLG Thüringen, Beschluss vom 27.4.2007

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AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008 (Keine zivilrechtliche Haftung für Gruppen- oder Crew-„Tags“)

Leitsatz: Ein so genann­tes „Gruppentag“ weist nicht auf einen Einzeltäter, son­dern auf eine Tätergruppe hin, von der jeder als eigent­li­cher Verursacher in Betracht kom­men kann. Zivilrechtlich führt das jedoch nicht dazu, dass alle Gruppenmitglieder für ein „Tag“ haf­ten, das ein ein­zel­nes Gruppenmitglied gesprüht hat. Eine Haftung ande­rer Gruppenmitglieder käme nur dann in Betracht, wenn ihre kon­kre­te Beteiligung an der jewei­li­gen Sachbeschädigung fest­ge­stellt wer­den könnte.AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008

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AG Schwetzingen, Urteil vom 6.11.2006 (Auch in der Graffiti-Szene existieren Nachahmer)

Leitsatz: Selbst bei einem ähn­li­chen Stil ist nicht gänz­lich aus­zu­schlie­ßen, dass ein­zel­ne oder alle „Tags“ nicht vom ange­klag­ten, son­dern von Dritten stam­men. Es war daher nicht mög­lich, dem Angeklagten zwei­fels­frei ein­zel­ne Taten zuzu­ord­nen. Auch in der Graffiti-Szene sind Nachahmer nicht auszuschließen.AG Schwetzingen, , Urteil vom 6.11.2006

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AG Frankfurt a. M., Urteil 29.8.2005 (Ist nicht auszuschließen, dass es sich um Gruppentags handelt, kann eine Zuordnung nicht erfolgen)

Leitsatz: Ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass das „Tag“-Kürzel ein Gruppentag ist, bestehen an der Täterschaft erheb­li­che Zweifel, da eine pau­scha­le täter­schaft­li­che Zuordnung nicht in Frage kommt.AG Frankfurt a. M., Urteil 29.8.2005

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AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008 (Unterschiede zwischen Graffiti-Tags und Bildern sprechen gegen ein und denselben Urheber)

Leitsatz: Die pau­scha­le Vermutung, dass der Angeschuldigte die ange­ge­be­nen „TAGS“ benutzt hat, reicht zur Feststellung sei­ner Täterschaft nicht aus, zumal nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass ein „TAG“ von meh­re­ren Personen benutzt oder nach­ge­macht wird. Konkrete Beweise dafür, dass die sog. Graffitis von dem Angeschuldigten ange­bracht wor­den sind, bestehen nicht. Wie die in der Akte befind­li­chen Fotos zei­gen wei­sen die „TAGS“ zum teil deut­li­che Differenzen auf; jedes „TAG“ ist indi­vi­du­ell gefer­tigt wor­den, so dass der Rückschluss, der Urheber sei ein und die­sel­be Person allen­falls nahe liegt, aber kei­nes­wegs zwin­gend ist. Ein „TAG“ kann nicht mit abso­lu­ter Sicherheit — etwa wie ein Fingerabdruck oder eine DNA — ohne wei­te­res einer ein­zel­nen Person zuge­ord­net wer­den. Selbst wenn also, was aller­dings auf­grund der Aktenlage auch nicht zwei­fels­frei fest­steht, der Angeschuldigte ein ent­spre­chen­des „TAG“ ein-oder mehr­mals irgend­wo gesprüht haben soll­te, stün­de damit nicht fest, dass er der Urheber aller ähn­li­chen „TAGS“ ist, wor­auf der Verteidiger zutref­fend hin­weist. Für kei­nen der ein­zel­nen Tatvorwürfe ste­hen Zeugen zur Verfügung, die den (oder die) Täter bei der Tatausführung beob­ach­tet haben. Eine gestän­di­ge Einlassung des Angeschuldigten ist nicht zu erwarten.Fraglich bleibt auch der unter Ziffer 11 der Anklage bezeich­ne­te Fall. Letztlich ver­mag das Gericht nicht zu erken­nen, wel­che der vor­ge­fun­de­nen Buchstabenkombinationen der Angeschuldigte gesprüht haben soll. Die Zuordnung der in einem Abfallkorb in Tatortnähe auf­ge­fun­de­nen Spraydose ist nicht zwei­fel­frei mögich, ent­spre­chen­de Farbanhaftungen wur­den bei dem Angeschuldigten nicht vorgefunden.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher in allen 28 Anklagepunkten abzulehnen.AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008

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AG Bayreuth, Beschluss v. 23.10.2008 (DNA-Entnahme im Falle fehlender Einwilligung bei Graffiti-Sprayern unzulässig)

Leitsatz: Die DNA Entnahme ist beim Vorwurf zahl­rei­cher ille­ga­ler Graffitis ohne Einwilligung des Betroffenen unzulässig.Das Amtsgericht Bayreuth hat­te mit Beschluss vom 18.09.2008 die mole­ku­lar­ge­ne­ti­sche Untersuchung von Körperzellen des Beschuldigten zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künf­ti­gen Strafverfahren ange­ord­net. Zu die­sem Zwecke war die Entnahme einer Speichelprobe, bei Weigerung eine ärzt­li­che Blutentnahme bestimmt worden.Der Beschluss war im Rahmen einer Abhilfeentscheidung auf­zu­he­ben, weil die gesetz­li­chen Voraussetzungen des § 81g Abs. 1 StPO mit dem vor­lie­gen­den Sachverhalt nicht begrün­det wer­den können.Das Sprühen von Graffiti ist Sachbeschädigung, für wel­che das Gesetz einen Strafrahmen von 1 Monat bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe vor­sieht. Schon die Strafandrohung zeigt, dass der Gesetzgeber die Straftat als sol­che noch nicht ein­mal dem Bereich der mitt­le­ren Kriminalität zuord­net. Auch mag der Straftatenkatalog zum ehe­ma­li­gen DNA-IFG-Gesetz sowie in § 81g Abs. 1 StPO a.F. ein Anhaltspunkt sein, wel­che Anlasstaten der Gesetzgeber als Straftaten von erheb­li­cher Bedeutung ansah. Die Sachbeschädigung gehör­te nicht dazu.Auch die­se dem Beschuldigten zur Last lie­gen­de Anzahl von Straftaten mit dem genann­ten Gesamtschaden führt zwar zu einer erheb­li­chen Belästigung und einer damit ver­bun­de­nen emp­find­li­chen Störung des Rechtsfriedens, die Taten haben jedoch nicht das Ausmaß, dass durch die Sachbeschädigungen das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung in erheb­li­cher Weise beein­träch­tigt wäre.Üblicherweise ver­steht man dar­un­ter im straf­recht­li­chen Bereich die Verunsicherung der Bevölkerung durch Mittel- und Schwerkriminalität. Bei Graffiti-Schmierereien die­sen in der Schadenshöhe beschränk­ten Ausmaßes han­delt es sich dage­gen um Straftaten im „Kleinkriminellen-Milieu“, die vor­lie­gend nicht geeig­net sind, das Empfinden der Bevölkerung und ihr Vertrauen in eine effek­ti­ve Strafverfolgung und in den Rechtsschutz erheb­lich zu treffen.Der Beschluss war daher auf die zutref­fen­de Begründung des Verteidigers des Beschuldigten aufzuheben.AG Bayreuth, Beschluss vom 23.10.2008

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StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008 (Es ist gefestigte Rechtsprechung, dass in der Graffiti-Szene Nachahmer existieren)

Leitsatz: Es ist mitt­ler­wei­le gefes­tig­te Rechtsprechung, dass Nachahmer des­sel­ben „Tags“ in der Graffiti-Szene existieren.Der Beschuldigte hat sich bis­lang auf Anraten sei­nes Verteidigers nicht zur Sache ein­ge­las­sen. Mit einer gestän­di­gen Äußerung ist nicht zu rech­nen. Auch was die Identifikation des Beschuldigten durch den Tag-Namen anbe­langt, steht nicht mit hin­rei­chen­der Sicherheit fest, ob es sich hier­bei um ein soge­nann­tes Einzel- oder aber ein Gruppentag han­delt. Wer tat­säch­lich der Verursacher des jewei­li­gen Graffiti war, kann letzt­lich nicht fest­ge­stellt wer­den. Insbesondere kann selbst bei Verwendung eines Einzeltags eine Nachahmung durch ande­re Personen nicht aus­ge­schlos­sen wer­den. Nach nun­mehr gefes­tig­ter Rechtsprechung gilt dies selbst dann, wenn der­ar­ti­ge Imitationen im Falle von Einzeltags in ein­schlä­gi­gen Kreisen miss­bil­ligt und ver­ach­tet wer­den. Wie auch in der höchst­rich­ter­li­chen Rechtsprechung ver­tre­ten, muss die­se Möglichkeit grund­sätz­lich bei jeder Einzeltat ernst­haft in Betracht gezo­gen wer­den. Der immer wie­der­keh­ren­den Verwendung des glei­chen Tags kommt damit letzt­lich nur schwa­che Indizwirkung zu. Diese Indizwirkung lässt sich im vor­lie­gen­den Fall nicht durch wei­te­re vor­han­de­ne Beweismittel mit hin­rei­chen­der Sicherheit erhär­ten. Das Verfahren war daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen.StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008

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LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Digitalkameras dürfen in der Regel nicht beschlagnahmt werden)

Leitsatz: Digitalkameras kom­men bei Graffiti-Straftaten nicht in Betracht.Die Beschwerde ist begrün­det, soweit sie sich gegen die Beschlagnahme der Digitalkamera und der Hülle wen­det. Die Digitalkamera und die Hülle kom­men als Beweismittel nicht in Betracht, so dass sie her­aus­zu­ge­ben sind. Die für das Strafverfahren rele­van­ten Informationen befin­den sich auf dem Speicherchip. LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008

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AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2008 (Selbst bei einer Zustimmung zur Einstellung in einem Parallelstrafverfahren ist eine Zuordnung nicht möglich)

Leitsatz: Ohne Tatzeugen oder ande­re Beweismittel ist eine Zuordnung ande­rer Graffitis des­sel­ben Kürzels nicht möglich.Der Angeschuldigten wird vor­ge­wor­fen, am xx in Düsseldorf eine frem­de Sache beschä­digt zu haben, indem sie Nachts zwei auf dem Abstellbahnhof Düsseldorf ste­hen­de Reisezugwagen mit den. Nummern xx und xx der Deutschen Bahn AG mit Graffitis besprüht haben sol­len. Als Beweismittel sind benannt die Zeugen B. und A. sowie als Augenscheinsobjekte die Ablichtungen aus der Beiakte.Die Beiakte betrifft ein Verfahren gegen die Angeschuldigte wegen Sachbeschädigung am xx. Dieses ist nach § 153 a StPO ein­ge­stellt wor­den. Dort sol­len die­sel­ben „Tags“ wie im hie­si­gen Verfahren ver­wandt wor­den sein. Die Verwendung der­sel­ben „Tags“ lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass es sich um ein und den­sel­ben Täter han­delt. So hat die Gutachterin im Gutachten Bl. 107 ff GA aus­ge­führt, dass es kei­ne per­so­nen­ge­bun­de­nen „Tags“ gibt und es Nachahmer und Fälscher gibt. Des Weiteren wird aus­ge­führt, dass eine Urheberschaft mit gut­ach­ter­li­chen Mitteln nicht nach­ge­wie­sen wer­den kann.Der Zeuge A. kann nach der hie­si­gen Aktenlage ledig­lich bekun­den, dass er die Strafanzeige auf­ge­nom­men hat und fest­ge­stellt hat, dass am xx um xx Uhr Graffitis an Reisezugwagen und Treibfahrzeugen ange­bracht wur­den. Personen sind vor Ort nicht ange­trof­fen wor­den. Der Zeuge B. soll eine dun­kel geklei­de­te schlan­ke Person beob­ach­tet haben, wie sie sich zwi­schen den hier beschä­dig­ten Wagen befand. Nähere Angaben zum Tatverdächtigen wur­den nicht gemacht. Die von der Staatsanwaltschaft benann­ten Beweismittel rei­chen für einen hin­rei­chen­den Tatverdacht daher nicht aus.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Düsseldorf war daher nicht zum Hauptverfahren zuzu­las­sen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens war somit abzulehnen.AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2008

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AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti-Tags)

Leitsatz: Ein gerin­ger gra­fi­scher Gehalt der frag­li­chen Tags erschwert fun­dier­te Aussagen über Urheberzusammenhänge. Soweit anhand der vor­lie­gen­den Reproduktionen erkenn­bar ist, bestehen die frag­li­chen Graffiti ledig­lich aus ein­fa­chen, wenig indi­vi­dua­li­sier­ten und hin­sicht­lich ihrer Formgebung und Bewegungsführung varia­blen Schriftmerkmalen. Die kur­zen und unver­bun­de­nen Schriftzüge, die sich zum Teil auf­grund von bereits voll­zo­ge­nen Reinigungshandlungen nur noch sche­men­haft andeu­ten, sind gra­fisch äußerst uner­gie­big. Neben vor­la­gen­be­ding­ten Defiziten erge­ben sich auch hin­sicht­lich ihrer Eigenprägung und Komplexität erheb­li­che Einschränkungen für die Möglichkeit einer beweis­kräf­ti­gen Urheberschaftsaussage. Insbesondere sind dar­in kaum mehr indi­vi­du­el­le gra­fi­sche Merkmale ent­hal­ten, die für eine Urheberidentifizierung erfor­der­lich wären. Bei der sys­te­ma­ti­schen Analyse der frag­li­chen Beschriftungen im Graffiti-Stil mit den von Herrn XXX zur Verfügung ste­hen­den Vergleichsschriftproben konn­ten mit Ausnahme von all­ge­mei­nen gra­fi­schen Ähnlichkeiten ‑und dies auch nur mit Blick auf eine klei­ne Teilmenge des gesam­ten frag­li­chen Schriftkomplexes — kei­ne hin­rei­chend gewich­ti­gen Übereinstimmungen fest­ge­stellt wer­den, die eine Aussage in Richtung Urheberidentität begrün­den wür­den. In Anbetracht des grund­sätz­lich gerin­gen gra­fi­schen Gehalts der frag­li­chen Tags wür­den sich die Aussichten auf eine erfolg­rei­che Feststellung der Schrifturheberschaft sehr wahr­schein­lich auch dann nicht wesent­lich ändern, wenn zum einen die frag­li­chen Beschriftungen im Original vor­lä­gen und zum ande­ren, wenn eine Optimierung der Vergleichsbasis durch Einholung von ergän­zen­den nicht im Sachzusammenhang ent­stan­de­nen Schriftproben im Stile und Wortlaut der frag­li­chen Beschriftungen gelän­ge. AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008

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LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Beschlagnahme der Digitalkamera ist unzulässig)

Leitsatz: Beweisrelevante Daten sind auf Speicherkarten ent­hal­ten, der Beschlagnahme der Kamera bedarf es nicht. Auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 11. Juli 2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. Juli 2008 auf­ge­ho­ben, soweit dar­in die Beschlagnahme einer Digitalkamera CASIO EXLIM und einer Hülle für einen Fotoapparat rich­ter­lich bestä­tigt wor­den ist.Gegen den Beschuldigten wird wegen des Verdachts der Sachbeschädigung ermit­telt. Ihm wird vor­ge­wor­fen, einen Zug der Berliner S‑Bahn mit Graffiti besprüht zu haben. Er wur­de am XX.XX.XXXX gegen 16.00 Uhr auf dem S‑Bahnhof L. von Polizeibeamten dabei beob­ach­tet, wie er einen besprüh­ten S‑Bahnzug foto­gra­fier­te. Bei einer anschlie­ßen­den Durchsuchung sei­ner Sachen wur­den ein Ringbuchblock mit Graffititags, eine Digitalkamera, die u. a. Fotos der besprüh­ten Bahn ent­hält, ein Speicherchip und eine Hülle für den Fotoapparat sicher­ge­stellt. Mit Beschluss vom 8. Juli 2008 bestä­tig­te das Amtsgericht Tiergarten die Beschlagnahme der vor­ge­nann­ten Gegenstände. Dagegen wen­det sich der Beschuldigte mit sei­ner Beschwerde vom 11. Juli 2008, der das Amtsgericht nicht abge­hol­fen hat.Die Beschwerde ist begrün­det, soweit die Beschlagnahme der Digitalkamera und der Hülle bestä­tigt wur­de. Die Digitalkamera und die Hülle kom­men als Beweismittel näm­lich nicht in Betracht, so dass sie her­aus­zu­ge­ben sind. Die für das Strafverfahren rele­van­ten Informationen befin­den sich auf dem Speicherchip.LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008

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LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008 (Beschlagnahme von Farbspraydosen und Farbstiften ist unzulässig)

Leitsatz: Bei einer Wohnungsdurchsuchung gefun­de­ne Sprühdosen unter­lie­gen nicht der Beschlagnahme. Soweit das Amtsgericht durch den mit der Beschwerde vom 27.06.2008 eben­falls ange­foch­te­nen Beschluss vom 23.06.2008 die Beschlagnahme der sicher­ge­stell­ten Gegenstände und Unterlagen bestä­tigt hat, erfolg­te dies nur inso­weit zu Recht, als hier­von die schrift­li­chen Unterlagen, lose Blätter und Kladden betrof­fen waren. Denn die­se Unterlagen wer­den im Original als Beweismittel für die wei­te­re Auswertung der Urheberschaft bestimm­ter Graffitis benö­tigt. Demgegenüber war die Beschlagnahme nicht für die fünf Farbspraydosen und die Box mit Farbstiften in ver­schie­de­nen Farbtönen zu bestä­ti­gen, da nicht fest­stell­bar ist, ob eine Farbe an einer Wand aus einer bestimm­ten Farbspraydose bzw. von einem bestimm­ten Farbstift stammt.LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008

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OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Auf Stromkästen gesprüh­te Tags sind nicht „gemein­schäd­lich“. Durch die Veränderung des Erscheinungsbildes wur­de indes nicht die beson­de­re öffent­li­che Funktion der Starkstromkästen, deren Schutz § 304 StGB bezweckt, beein­träch­tigt, so dass § 304 Abs. 2 StGB nicht erfüllt ist.Die Frage, ob zu der Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB — eben­so wie bei dem Beschädigen nach § 304 Abs. 1 StGB — die Beeinträchtigung der öffent­li­chen Funktion des Tatobjekts hin­zu­kom­men muss, ist gesetz­lich nicht aus­drück­lich gere­gelt und auch im Gesetzgebungsverfahren anläss­lich des 39. StÄG vom 01.09.2005 uner­ör­tert geblie­ben (vgl. BT-Drs. 15/5313). Eine von § 304 Abs. 1 StGB abwei­chen­de Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Veränderung des Erscheinungsbildes wäre aller­dings sys­tem­wid­rig. Denn gera­de die Beeinträchtigung des öffent­li­chen Nutzungsinteresses hat den in § 304 StGB über die ein­fa­che Sachbeschädigung des § 303 StGB hin­aus­ge­hen­den Unrechtsgehalt und damit auch den höhe­ren Strafrahmen zur Folge. Im Übrigen wäre es auch wider­sprüch­lich, wenn für die ein­griffs­in­ten­si­ve­re Beschädigung nach § 304 Abs. 1 StGB das ein­schrän­ken­de Merkmal der Beeinträchtigung der öffent­li­chen Nutzungsfunktion ver­langt wür­de, für die ver­gleichs­wei­se gering­fü­gi­ge­re Einwirkung auf das Tatobjekt durch die Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB jedoch nicht. OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007

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AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009 (Pauschale Ähnlichkeiten zwischen Graffiti-Tags reichen für eine Zuordnung nicht aus)

Leitsatz: Äußere Ähnlichkeiten zwi­schen Tags sind ledig­lich Indizien. Nur bezüg­lich der bei­den Ziffern 13. und 21. erge­ben sich durch siche­re Identifizierungen des Angeklagten hin­rei­chen­de Anhaltspunkte für eine Verurteilung, die jedoch in den übri­gen Fällen feh­len: Die Zuordnung eines jewei­li­gen „Tags“ zu einem Sprayer ist zwar grund­sätz­lich zutref­fend, bedarf jedoch für eine die Verurteilung stüt­zen­de Überzeugung zusätz­li­cher indi­vi­du­el­ler Anhaltspunkte. Diese feh­len bei den Taten 1. bis 12. und 14. bis 20. Nach der­zei­ti­ger Sach-und Rechtslage liegt des­halb nach Auffassung des Gerichts ein hin­rei­chen­der Tatverdacht gegen den Angeklagten — außer in den Fällen 13. und 21. — aus tat­säch­li­chen Gründen nicht vor (§ 204 Abs. 1 StPO).Nach Aktenlage und unter Berücksichtigung der gege­be­nen pro­zes­sua­len Möglichkeiten besteht in einer gedach­ten Hauptverhandlung kei­ne Wahrscheinlichkeit für eine Beweisführung, wonach der Angeklagte die übri­gen 19 Taten began­gen haben könnte:Die pau­scha­le Vermutung — belegt durch die gefer­tig­ten Lichtbilder — dass der Angeklagte die ange­ge­be­nen „Tags“ benutzt hat, reicht zur Feststellung sei­ner Täterschaft nicht aus, zumal er in der Hauptverhandlung zum Sachverhalt kei­ne Angaben machen wird.Deshalb wird sich im Rahmen einer Hauptverhandlung nicht mit der für eine Verurteilung erfor­der­li­chen Sicherheit fest­stel­len las­sen, ob die in den Anklagepunkten 1–12 und 14. bis 20. dem Angeklagten zuge­rech­ne­ten „Tags“ von ihm stam­men oder es sich um soge­nann­te „Gruppen-Tags“ handelt.Auch hier las­sen sich in kei­nem die­ser genann­ten Fälle siche­re opti­sche Übereinstimmungen dahin­ge­hen tref­fen, dass der Angeklagte — und nur er per­sön­lich — die­se Farbschmierereien ange­bracht hat. Bei die­ser Sach- und Rechtslage ist nach vor­läu­fi­ger Tatbewertung unter Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten und dem Aussageverhalten — vor allem des Zeugen H. — eine Verurteilung nicht zu erwarten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war des­halb in dem im Beschlusstenor ersicht­li­chen Umfang aus tat­säch­li­chen Gründen mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO abzulehnen.AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009

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AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009 (Graffiti-Tags sind nicht mit Fingerabdrücken oder DNA vergleichbar und daher nicht zuordnungsfähig)

Leitsatz: Graffiti-Tags kön­nen von eini­ger­ma­ßen geüb­ten Dritten nach­ge­ahmt wer­den. Die Angeschuldigte hat bis­lang die ange­klag­ten Taten bestrit­ten bzw. kei­ne Angaben zur Sache gemacht und eine gestän­di­ge Einlassung ist inso­weit nicht zu erwar­ten. Für kei­nen ein­zel­nen der nicht zuge­las­se­nen Tatvorwürfe ste­hen Zeugen zur Verfügung, die die Angeschuldigte bei der Tatausführung beob­ach­tet haben.Selbst wenn Imitationen in Graffii-Kreisen miss­bil­ligt oder gar sank­tio­niert wer­den soll­ten, so schließt dies nicht aus, dass Dritte — aus Unkenntnis oder auch bewusst ‑gegen die­se Regel ver­sto­ßen. Da die­se Möglichkeit bei jeder ein­zel­nen Tat ernst­haft in Betracht gezo­gen wer­den muss, kann eine Verurteilung in kei­nem der ange­klag­ten Fälle allein dar­auf gestützt wer­den, dass bei der jewei­li­gen Tat ein „Tag“ ver­wen­det wur­de, das einem Angeschuldigten zuzu­ord­nen ist. Diesem Umstand, auf den die Staatsanwaltschaft die Annahme eines hin­rei­chen­den Tatverdachts stützt, kommt ledig­lich eine — wenn auch nicht uner­heb­li­che — Indizwirkung zu. Ein „Tag“ kann nicht mit der einem Fingerabdruck oder einer DNA ver­gleich­ba­ren aus­rei­chen­der Sicherheit ohne wei­te­res einer ein­zel­nen Person zu geord­net wer­den.Die beschlag­nahm­ten Lichtbilder begrün­den — auch in der Zusammenschau mit den übri­gen Indizien — kei­nen hin­rei­chen­den Tatverdacht. Sie zei­gen zwar teil­wei­se das Ergebnis ein­zel­ner ange­klag­ter Sachbeschädigungen; auch dies lässt jedoch nicht zwei­fels­frei dar­auf schlie­ßen, dass der Besitzer der Abbildungen — die Angeschuldigte ‑an den jewei­li­gen Taten betei­ligt war oder die­se allein began­gen hat. Denn es ist in kei­nem Fall mit hin­rei­chen­der Sicherheit aus­zu­schlie­ßen, dass sie mit den Aufnahmen die „Werke“ ande­rer mög­li­cher Gruppenmitglieder nur doku­men­tier­te, ohne selbst zwin­gend als Mittäterin betei­ligt gewe­sen zu sein. Das gilt auch ins­be­son­de­re des­halb, weil auf den Lichtbildern noch wei­te­re Personen bei den „Graffiti“-Aktionen zu sehen sind.Weitere Nachermittlungen sind nicht erfolg­ver­spre­chend. So ist ins­be­son­de­re nicht zu erwar­ten, dass ein Schrift- und/oder Kunstsachverständiger indi­vi­du­el­le Merkmale fest­stel­len kann, die es erlau­ben, der Angeschuldigten bestimm­te Einzeltaten sicher zuzu­ord­nen. Ein ein­deu­ti­ges Ergebnis eines Schriftgutachten dürf­te schon dar­an schei­tern, dass bei den gesprüh­ten „Tags“ die für eine Unterschrift cha­rak­te­ris­ti­schen fein­mo­to­ri­schen Besonderheiten feh­len; eine Stilanalyse ver­spricht des­halb kei­nen Erfolg, weil die von der Anklage umfass­ten „Graffiti“ letzt­lich kei­ne der­ar­tig indi­vi­due­lien Merkmale auf­wei­sen, die eine beson­de­re Kunstfertigkeit vor­aus­set­zen und dar­um nicht ohne wei­te­res von einem eini­ger­ma­ßen geüb­ten Dritten nach­ge­ahmt wer­den könn­ten.Aus den genann­ten Gründen war die Eröffnung des Hauptverfahrens teil­wei­se man­gels hin­rei­chen­den Tatverdachts abzu­leh­nen. AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009

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AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009 (Zeugen vom Hörensagen reichen für eine Zuordnung nicht aus)

Leitsatz: Eine Zuordnung von Bildern/Tags des­sel­ben Kürzels kann ohne direk­te Tatzeugen nicht erfolgen.Die Angeklagten wer­den freigesprochen.GründeDie Schuldvorwürfe erge­ben sich aus den zuge­las­se­nen Anklagesätzen.Die Angeklagten waren frei­zu­spre­chen, weil die ihnen zur Last geleg­ten Straftaten aus tat­säch­li­chen Gründen nicht fest­ge­stellt wer­den konnte.[…]Nach Verlesung der Aussage der Zeugin XX konn­te auch hin­sicht­lich des wei­te­ren Tatvorwurfs gegen den Angeklagten XX eine Täterschaft nicht mit aus­rei­chen­der Sicherheit fest­ge­stellt wer­den, da die Zeugin nicht Tatzeugin war, son­dern ledig­lich das „Tag“ des Angeklagten erkannt hat, die Herkunft von die­sem jedoch nicht bekun­den konn­te und eine sol­che nicht aus dem „Tag“ als sol­chem geschlos­sen wer­den kann. Eine pau­scha­le Zuordnung ist nicht mög­lich. Ein Zeuge vom Hörensagen ist für einen Tatnachweis nicht taug­lich, da der Wahrheitsgehalt nicht über­prüf­bar ist.Die Angeklagten waren daher in sämt­li­chen Anklagepunkten freizusprechen.AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009

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AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009 (Graffitis desselben Namens sind ohne Tatzeugen auch bei Zeugen vom Hörensagen nicht zuzuordnen)

Leitsatz: Ohne Tatzeugen kann auch bei pau­scha­lem Einräumen gegen­über Dritten kei­ne Zuordnung erfolgen.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom xx.xx.2009 wird inso­weit zur Hauptverhandlung zuge­las­sen, wie dem Angeschuldigten XXX eine Sachbeschädigung vom xx.xx.2008 (Fall 12 der Anklage) zur Last gelegt wird. Hinsichtlich die­ser Tat wird das Hauptverfahren beim Amtsgericht Rahden eröffnet.Im Übrigen wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.Was die Taten zu 1.–11. und 13. der Anklage anbe­langt, so konn­te das Hauptverfahren nicht eröff­net wer­den. Es fehlt am hin­rei­chen­den Tatverdacht im Sinne von § 203 StPO. Die bei­den Angeschuldigten haben sich zu den Tatvorwürfen nicht eingelassen.Es ist nicht zu erwar­ten, dass die Angeschuldigten im Falle einer Hauptverhandlung über­führt wer­den könnten.Nach Angaben der Zeugen XX und YY soll die Angeschuldigte XXX erklärt haben, dass sie selbst, der Angeschuldigte XXX und wei­te­re Personen Schmierereien ver­ur­sa­chen wür­den. Diese Äußerungen der Angeschuldigten XXX waren aller­dings all­ge­mein gehal­ten. Sie hat zu kei­nem Zeitpunkt erklärt, dass sie und der Angeschuldigte XXX gera­de die in der Anklage genann­ten Taten began­gen hät­ten. Bei die­ser Sachlage rei­chen die angeb­li­chen Äußerungen der Angeschuldigten XXX nicht aus, um die Angeschuldigten als über­führt anzu­se­hen. Die vom Zeugen XXX über­ge­be­ne DVD hat mit den Taten aus dem vor­lie­gen­den Verfahren nichts zu tun. Als Täter einer Sachbeschädigung sind die bei­den Angeschuldigten dort nicht zu sehen.Von ent­schei­den­der Bedeutung ist letzt­lich, dass es bei den Taten zu 1.–11. und 13. der Anklage kei­ne unmit­tel­ba­ren Tatzeugen gege­ben hat. In kei­nem Fall sind die bei­den Angeschuldigten bei der Begehung die­ser Straftaten beob­ach­tet wor­den. Insgesamt gese­hen ist die Beweislage so schwach, dass im Falle einer Hauptverhandlung mit einem Freispruch der Angeschuldigten zu rech­nen wäre.AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009

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AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009 (Graffiti-„Tags“ sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar)

Leitsatz: Bei Graffiti-„Tags“ kann man­gels Besonderheiten ein Schriftvergleichsgutachten kei­nen Zuordnungsbeweis erbringen.Dem Angeklagten wird mit der Anklageschrift vom xx.xx.2009 vor­ge­wor­fen, am xx.xx.2008 in Rheine unbe­fugt das Erscheinungsbild einer frem­den Sache nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­rüber­ge­hend ver­än­dert zu haben. Er soll in der Abstellgruppe des Hauptbahnhofs Rheine den Reisezugwagen Nr.: xxxx xxxx xx‑x unter ande­rem mit den soge­nann­ten Tags „XXX“ und „XXX“ besprüht haben. Am Reisezugwagen sei ein Sachschaden von ca. 990,00 Euro ent­stan­den. Tatzeugen sind nicht bekannt. Der Bejahung des hin­rei­chen­den Tatverdachts legt die Staatsanwaltschaft Münster zugrun­de, dass beim Angeklagten anläss­lich einer Durchsuchung am xx.xx.2008 auf den Personalcomputern, Zetteln, einer CD und einem Blackbook des Angeklagten die Graffititags „XXX“ und „XXX“ auf­ge­fun­den wur­den. Auf die Fotos und Skizzen (Blatt 13 bis 22 d.A.) wird Bezug genommen.Das Gericht ver­mag auf Grundlage die­ses Sachverhaltes einen hin­rei­chen­den Tatverdacht nicht zu beja­hen. Einen Tatnachweis könn­te ggf. dann geführt wer­den, wenn auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens zuver­läs­sig fest steht, dass die sicher­ge­stell­ten Tags und die Tags auf den Reisewaggons von dem­sel­ben Urheber stam­men. Es ist jedoch nicht zu erwar­ten, dass der Sachverständige auf­grund der gegen­wär­ti­gen Erkenntnisse zu einem sol­chen Ergebnis kom­men wird. Die gesprüh­ten Tags sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar.Hier feh­len die für eine sol­che cha­rak­te­ris­ti­sche Besonderheiten. Darüber hin­aus ist bereits für einen Laien zu erken­nen, dass es zwi­schen den Tags auf den Zugwaggons und denen auf Blatt 13 bis 22 der Akten erkenn­ba­re Unterschiede gibt. Auf die Ausführungen des Verteidigers in des­sen Schriftsatz vom 14.04.2009 (Blatt 46 ff. der Akten) wird inso­fern Bezug genommen.Darüber hin­aus ist zu berück­sich­ti­gen, dass es durch­aus denk­bar ist, dass eine ande­re Person die Tags benutzt hat.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher gemäß § 204 Abs. 1 StPO aus tat­säch­li­chen Gründen abzulehnen.AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009

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AG Wismar, Beschluss vom 2.9.2009 (Guter Glaube an Hall of Fame lässt Vorsatz entfallen)

Leitsatz: Wer anneh­men darf und annahm, es han­de­le sich um eine „lega­le“ Wand, hat kei­nen Strafvorsatz.Den Angeschuldigten wird mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Schwerin vom xx.xx.2009 vor­ge­wor­fen, in der Zeit vom xx.xx.2008 bis xx.xx.2008 in Wismar und Grevesmühlen als Heranwachsende durch 4 Straftaten jeweils gemein­schaft­lich unbe­fugt das Erscheinungsbild einer frem­den Sache nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert zu haben.Voraussetzung für Eröffnung eines Hauptverfahrens ist ein hin­rei­chen­der Tatverdacht, dass heißt die Wahrscheinlichkeit spä­te­rer Verurteilungen (§ 203 StPO). Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung ste­hen­den Beweismittel ist hier für alle 4 Taten ein hin­rei­chen­der Tatverdacht nicht zu beja­hen. Hinsichtlich der Taten zu 1. und 4. war fest­zu­stel­len, dass am xx.xx.2008 und auch am xx.xx.2008 eine Observation des Angeschuldigten X erfolg­te, jedoch wäh­rend die­ser Observation kei­ner­lei Feststellungen zu den den Angeschuldigten zur Last geleg­ten Taten getrof­fen wer­den konn­ten. Die Observanten tra­gen in ihren Observationsberichten ledig­lich Vermutungen vor.Dies ist kein hin­rei­chen­der Tatverdacht, um ein Hauptverfahren gegen die Angeschuldigten zu füh­ren. Hinsichtlich der Taten zu 2. und 3. war nach­weis­lich fest­zu­stel­len, dass die betref­fen­den Angeschuldigten im Glauben berech­tigt zu sein die Wand in Grevesmühlen im xx-Weg zu besprü­hen, han­del­ten. Dies wird bestä­tigt durch die Zeugenaussagen D. und des Zeugen W. Damit ist auch hier ein hin­rei­chen­der Tatverdacht für die den Angeschuldigten zur Last geleg­ten Handlungen nicht gege­ben.Zusammengefasst ist, wenn auch vie­les für die Täterschaft der Angeschuldigten spricht, ein zwei­fels­frei­er Nachweis für die Täterschaft nicht zu füh­ren, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tat­säch­li­chen Gründen abzu­leh­nen war.AG Wismar, Beschluss vom 2.9.2009

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AG Lampertheim, Schriftgutachten vom 23.8.2009 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung von Skizzen auf Graffiti)

Leitsatz: Von Skizzen des­sel­ben Namens kann nicht auf die Urheberschaft namens­glei­cher Graffiti geschlos­sen werden.Gemäß Beweisbeschluss des Amtsgerichts Lampertheim vom xx.xx.2009 (Blt. 89 d.A.) soll ein schrift­ver­glei­chen­des Gutachten zu der Frage erstat­tet wer­den, ob die in der Anklageschrift vom xx.xx.09 ins­ge­samt 52 bezeich­ne­ten „Tags“ dem Angeschuldigten zuge­ord­net wer­den können.Zudem soll ein schrift­ver­glei­chen­des Gutachten zu der Frage erstat­tet wer­den, ob „das Graffiti auf dem Lkw-Anhänger (amt­li­ches Kennzeichen xx-xx XXX) und die bei dem Beschuldigten sicher­ge­stell­ten Skizzen den­sel­ben Urheber haben. Außerdem ist zu prü­fen, ob das gesprüh­te Graffiti und das gezeich­ne­te Graffiti per­so­nen­ver­schie­de­ne oder per­so­nen­glei­che Urheber haben.[…]VergleichsschriftmaterialAn Vergleichsschriftmaterial, das bei dem Beschuldigten im Rahmen einer Hausdurchsuchung sicher­ge­stellt wur­de, ste­hen ver­schie­de­ne Graffiti-Entwürfe {tags und pie­ces) zur Verfügung. Sie sind in dem Sonderband Sicherstellung zum Aktenzeichen xx Js xx/09 G asser­viert. […]Nun gel­ten aller­dings für die Untersuchung von Graffitis beson­de­re bzw. ande­re metho­di­sche „Regeln“. Zum einen lie­gen meist kei­ne Originale vor, son­dern ledig­lich foto­gra­fi­sche Reproduktionen. Mithin kön­nen fei­ne Details der Linienführung (z.B. Absetzungen oder die Bewegungsrichtung) nicht oder nicht exakt ana­ly­siert wer­den. Hinzukommt, dass Graffitis die beim sons­ti­gen Schreiben ana­ly­sier­ba­re, wich­ti­ge „drit­te Dimension“, also der Schreibdruck, fehlt. Zwar kön­nen, wie das Beispiel X64 zeigt, je nach ver­wen­de­tem „Schreib“-Utensil noch Strich-Entstehungsreihenfolgen bestimmt wer­den, in der über­wie­gen­den Zahl der (hier vor­lie­gen­den) Fälle — ins­be­son­de­re bei gesprüh­ten Schriften — geht die­se Information aber auch repro­duk­ti­ons­be­dingt verloren.Eine wei­te­re Schwierigkeit besteht dar­in, dass kei­ne ein­heit­li­che Aufnahmetechnik bei der Sicherung der Graffitischriften besteht; so kommt es durch­aus zu per­spek­ti­vi­schen Verzerrungen, die u.U. ande­re inter­ne Proportionen der Schriftzüge sug­ge­rie­ren, als sie tat­säch­lich vor­la­gen (vgl. z.B. Graffiti_XXXX_KVS333_Nr.001).Und ein Weiteres: Bei ver­schie­de­nen Objekten nimmt der Sprayer eine „unge­wohn­te“ Körper- bzw. Schreibhaltung ein, die meist durch die Lage der aus­ge­wähl­ten Schreibfläche bedingt ist. Das extrems­te Beispiel hier­für ist die Beschriftung des Fallrohrs (Bild XI).Diese fach­sprach­lich als Effektorkonstellation bezeich­ne­te Schreibhaltung kann je nach Körperstellung völ­lig von der Konfiguration der am Schreibprozess betei­lig­ten Körperpartien abwei­chen, wie sie beim Herstellen eines Entwurfs in einem sog. black-book besteht: Wird dort in Augen- oder Hüfthöhe oder in der Hocke mit ver­dreh­tem Oberkörper etc. in der ver­ti­ka­len Ebene geschrie­ben“, so wird der Entwurf in der Regel in der hori­zon­ta­len Ebene sit­zend auf einer fes­ten Schreibunterlage gefer­tigt Hinzu kom­men ande­re Faktoren wie das Schreiben im Format DIN A 4 in Ruhe in den eige­nen vier Wänden als groß­flä­chig und ggf. in der Situation der mög­li­chen Entdeckung.Weiterhin besteht auch ein Unterschied, ob mit einer Sprühdose oder mit einem Bleistift geschrie­ben wird. Alle die­se Faktoren stel­len Einschränkungen der schrift­ver­glei­chen­den Methodik dar, die je nach Konstellation die Befundbewertung gegen non liquet gehen las­sen können.Und schließ­lich ist zu berück­sich­ti­gen, dass tags so wenig ergie­big sein kön­nen, dass der Identifizierungswert der Schriftmerkmale extrem gering und damit eine Urheberschaftszuordnung nicht mehr mög­lich ist. Und schließ­lich ist zu berück­sich­ti­gen, dass es der ein­schlä­gi­gen Literatur zufol­ge sog. Gruppentogs gibt, d.h. sol­che Schriftzüge, die meh­re­re Gruppenmitglieder ver­wen­den und die sich u.U. nur durch­be­stimm­te Applikationen (Oval, Anführungszeichen, Ausrufungszeichen, Pfeil, Unterstreichung) unter­schei­den, wobei die Ergiebigkeitsolcher bild­haf­ter Elemente und damit ihr Individualwert eben­falls sehr gering ist. Wenn man schließ­lich bedenkt, dass Graffitis auch Gemeinschaftsarbeiten dar­stel­len kön­nen, so wird der Ergiebigkeitsgehalt noch wei­ter redu­ziert.[…]Ergebnis und ZusammenfassungDie im Beweisbeschluss gestell­te Frage beant­wor­te ich zusam­men­fas­send daher wie folgt:1. Die Frage, ob die in der Anklageschrift vom xx.xx.09 bezeich­ne­ten „Tags“ dem Angeschuldigten zuge­ord­net wer­den kön­nen“, ist nicht ent­scheid­bar. Der Hauptgrund hier­für ist in den Mängeln des Vergleichskorpus zu sehen, das weder in quan­ti­ta­ti­ver noch in qua­li­ta­ti­ver Hinsicht annä­hernd tat­schrift­ad­äquat ist.Zwar lässt der Umstand, dass bei­de Arten von tags bei dem Beschuldigten vor­kom­men (sofern davon aus­ge­gan­gen wird, dass X/V von ihm stammt und auch V34 von ihm her­rührt), sei­ne Urheberschaft für die frag­li­chen Schriftzüge mög­lich erscheint, eine hoch belast­ba­re Urheberschaftsaussage ist aber aus den genann­ten Gründen nicht vertretbar.2. Die Feststellung einer gemein­sa­men Urheberschaft von gesprüh­tem und gezeich­ne­ten Graffiti ist aus metho­di­schen Gründen nicht mög­lich, da den Schriftzügen jeweils ande­re Schreibtechniken zugrun­de liegen.3. Ein Urheberschaftszusammenhng zwi­schen den inkri­mi­nier­ten Graffitis und den beim Beschuldigten sicher­ge­stell­ten Unterlagen kann nicht fest­ge­stellt wer­den, weil par­ti­ell text­glei­che Entwürfe in Bezug auf das pie­ce XXX dort zwar ent­hal­ten sind, jedoch — soweit über­haupt zuver­läs­sig ana­ly­sier­bar — weit­ge­hend Abweichungen bestehen. Für die Schriftzüge XXX und XXX sind die in der Methodik der Schriftvergleichung gel­ten­den Grundsätze anzu­wen­den, wonach text­glei­ches Material Voraussetzung für eine Vergleichsanalyse ist, das aber im Vergleichskorpus nicht aus­rei­chend ent­hal­ten ist.Im vor­lie­gen­den Fall kann metho­disch seri­ös noch nicht ein­mal fest­ge­stellt wer­den, ob die Schriftzüge XXX und XXX von einem ein­zi­gen Urheber her­rüh­ren, weil „XXX“ und „XXX“ bis auf das „C“ (C vs. c) kei­ne gemein­sa­men Buchstaben auf wei­sen, der ver­gli­chen wer­den könn­ten. Und selbst die „C“ sind ver­schie­den. AG Lampertheim, Schriftgutachten vom 23.8.2009

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StA Zürich-Limmat (Schweiz), Einstellungsverfügung vom 26.10.2009 (Alleine die Buchstabengleichheit reicht für eine Anklageerhebung nicht aus)

Leitsatz: Buchstabengleichheit ist auch beim Ergreifen auf fri­scher Tat nur ein Indiz, das ohne wei­te­re Beweise kei­ne Anklage rechtfertigt.Zwischen Freitag, xx.xx. 2008, ca. 17.00 Uhr, und Montag, xx.xx. 2008, ca. 07.00 Uhr, wur­den drei Baucontainer der Firma XXX an der xxstras­se in Winterthur von einer unbe­kann­ten Täterschaft beschä­digt, indem dar­auf mit tels sil­ber­nem Farbspray die Schriftzüge XXXX und XXX, die mit schwar­zer und roter Farbe umran­det wur­den, und der Schriftzug XXX mit schwar­zem Farbspray gesprayt wurde.Bezüglich der dem Strafbefehl zugrun­de­lie­gen den Sachverhalte ist der Angeschuldigte gestän­dig. Aufgrund des­sel­ben Schriftzuges wur­de der Angeschuldigte ver­däch­tigt, eben­falls für den Schriftzug auf den Baucontainern der XXX ver­ant­wort­lich zu sein.Der Angeschuldigte bestrei­tet eine Tatbeteiligung an die­ser Sachbeschädigung vehe­ment. Alleine die Tatsache, dass auf die­sen Baucontainern der­sel­be Schriftzug ange­bracht wur­de, ver­mag eine Tatbeteiligung des Angeschuldigten nicht rechts­ge­nü­gend nach­zu­wei­sen, ins­be­son­de­re da am Tatort kei­ner­lei Spuren, die eine Täterschaft desAngeschuldigten nach­zu­wei­sen ver­möch­ten, sicher­ge­stellt wer­den konn­ten. Andere Beweismittel lie­gen nicht vor. Die Untersuchung gegen den Angeschuldigten wegen Sachbeschädigung ist des­halb ohne Weiterungen einzustellen.StA Zürich-Limmat (Schweiz), Einstellungsverfügung vom 26.10.2009

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LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010 (DNA-Entnahme bei einer Verurteilung wegen 15 Graffitis unzulässig)

Leitsatz: Graffitis sind ohne Weiteres kei­ne „Straftaten von erheb­li­cher Bedeutung“.Auf die Beschwerde des Betroffenen hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2009 aufgehoben.Der Antrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom xx.xx.2009 auf Entnahme einer Speichelprobe und deren Untersuchung zur Feststellung des DNA Identifizierungsmusters wird als unbe­grün­det zurückgewiesen.Durch den ange­foch­te­nen Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2009, auf den ver­wie­sen wird, hat das Amtsgericht auf den Antrag der Staatsanwaltschaft vom xx.xx.2009 ange­ord­net, dass dem Betroffenen Körperzellen ent­nom­men und zur Feststellung der DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts mole­ku­lar­ge­ne­tisch unter­sucht wer­den dür­fen, wobei bei Nichteinwilligung die zwangs­wei­se Entnahme ange­ord­net wurde.Dagegen rich­tet sich die Beschwerde des Betroffenen. Wegen der Begründung der Beschwerde wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Verteidigers vom xx.xx.2010 Bezug genommen.Die Beschwerde ist zuläs­sig und auch begründet.Die Voraussetzungen für die Anordnung der Entnahme von Körperzellen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters, um in künf­ti­gen Strafverfahren zur Identitätsfeststellung ver­wen­det wer­den zu kön­nen (§ 81 g IV, I 1 StPO), lie­gen nicht vor, da es ins­be­son­de­re an einer Erheblichkeit der Straftat gemäß § 81 g I 1 1. Alt. StPO aber auch an einer der Erheblichkeit gleich­zu­set­zen­den Form der wie­der­hol­ten Begehung nach § 81 g I 2 StPO fehlt.Eine Sachbeschädigung durch Sprayen von Graffitis stellt kei­ne Straftat von erheb­li­cher Bedeutung nach § 81 g I 1 1. Alt. StPO dar, da es sich hier­bei weder um ein Verbrechen han­delt, noch um ein schwer­wie­gen­des Vergehen. Das Delikt wird nur auf Antrag ver­folgt und kann mit Geldstrafe sank­tio­niert wer­den, daher wür­de es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ver­sto­ßen, allein auf­grund der Vorverurteilung wegen Sachbeschädigung in 15 Fällen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen die DNA-Entnahme anzuordnen.Darüber hin­aus sind aber auch die Voraussetzungen des § 81 g I 2 StPO nicht erfüllt, wie sich allein schon aus der Höhe der aus­ge­spro­che­nen Strafe ergibt.Der ange­foch­te­ne Beschluss war daher auf­zu­he­ben und der Antrag der Staatsanwaltschaft zurück­zu­wei­sen. LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010

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OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009 (Das Anbringen von „Tags“ über vorhandene „Tags“ ist straflos)

Leitsatz: Graffitis sind nicht immer eine „erheb­li­che“ Veränderung einer Sache.Das ange­foch­te­ne Urteil wird aufgehoben.Die Angeklagte wird freigesprochen.Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts — Jugendrichter- Dortmund vom xx.xx.2009 wegen gemein­schaft­li­cher Sachbeschädigung zu einem Freizeitarrest ver­ur­teilt wor­den. Gegen die­ses Urteil hat die Angeklagte über ihren Verteidiger recht­zei­tig Rechtsmittel ein­ge­legt, das sie mit wei­te­rem bei dem Amtsgericht Dortmund am xx.xx.2009 ein­ge­gan­ge­nen Schriftsatz ihres Verteidigers vom sel­ben Tage als Revision bezeich­net und mit den näher aus­ge­führ­ten Rügen der Verletzung for­mel­len und mate­ri­el­len Rechts begrün­det hat.Die nach §§ 55 JGG, 335 Abs. 1 StPO statt­haf­te Revision ist form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und begrün­det wor­den und hat auch in der Sache mit der Rüge der Verletzung mate­ri­el­len Rechts Erfolg.Nach § 303 Abs. 2 StGB macht sich straf­bar, wer unbe­fugt das Erscheinungsbild einer frem­den Sache nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert. Dabei wird unter Veränderung des Erscheinungsbildes jede Umgestaltung ihres Äußeren ver­stan­den. Entscheidend ist dabei der opti­sche Eindruck einer Sache. Unter Zugrundelegung die­ses Ansatzes könn­te zunächst dar­auf abge­stellt wer­den, durch die Markierungen mit dem Edding-Stift sei durch­aus eine Veränderung des visu­el­len Eindrucks des Fahrzeugs ent­stan­den. Allerdings darf die­se Veränderung nicht nur uner­heb­lich sein. Nur uner­heb­lich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes indes, wenn sie völ­lig unauf­fäl­lig bleibt, z. B. auf­grund schon vor­an­ge­gan­ge­ner Schmierereien durch Dritte. Nach die­sen Maßstäben kön­nen die erfolg­ten Markierungen mit dem Edding-Stift nicht als erheb­lich ange­se­hen wer­den. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Fahrzeug des Geschädigten bereits mit zahl­rei­chen Farbbemalungen ver­se­hen war, bevor die Angeklagte wei­te­re Markierungen setz­te. Dass die­se neben den vor­han­de­nen Bemalungen erheb­lich und ein­deu­tig zu erken­nen waren, ergibt sich dage­gen nicht.Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrun­de lie­gen­den Feststellungen beruht und nur auf Freispruch erkannt wer­den kann, kann im vor­lie­gen­den Fall eine eige­ne Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 354 Abs. 1 StPO erfolgen.Die Angeklagte ist daher frei­zu­spre­chen. OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009

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OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009 (Die „gemeinnützige“ Widmung einer Sache reicht für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung nicht aus)

Leitsatz: Die öffent­li­che Funktion des „Tatobjekts“ muss für eine gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung auf­ge­ho­ben sein.Das ange­foch­te­ne Urteil wird mit den Feststellungen im Übrigen aufgehoben.Die Sache wird mit der genann­ten Maßgabe zur erneu­ten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine ande­re Strafrichterabteilung des Amtsgerichts Essen zurückverwiesen.Der Angeklagte ist durch das ange­foch­te­ne Urteil der gemein­schäd­li­chen Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 2 StGB in zwei Fällen schul­dig gespro­chen und zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,00 € ver­ur­teilt worden.Gegen die­ses Urteil wen­det sich der Angeklagte mit der Revision, die er unter nähe­ren Ausführungen sei­nes Verteidigers mit der Rüge der Verletzung for­mel­len und mate­ri­el­len Rechts begrün­det hat.Die gem. § 335 Abs. 1 StPO statt­haf­te Sprungrevision ist recht­zei­tig und form- und frist­ge­recht begrün­det worden.Die Feststellungen des Amtsgerichts tra­gen die Verurteilung des Angeklagten wegen gemein­schäd­li­cher Sachbeschädigung in zwei Fällen gem. § 304 Abs. 2 StGB nicht. Eine Verurteilung wegen einer Straftat nach § 304 Abs. 1 oder 2 StGB erfor­dert näm­lich Feststellungen dazu, dass die Einwirkung gera­de die beson­de­re (öffent­li­che) Funktion der Sache beein­träch­tigt, deren Schutz § 304 StGB bezweckt. Die Feststellung einer Beeinträchtigung der öffent­li­chen Funktion des Tatobjekts ist zwar im Gesetz nicht aus­drück­lich genannt. Sie wird jedoch nach all­ge­mei­ner Auffassung, der der Senat sich anschließt, für erfor­der­lich gehal­ten. Gerade die Beeinträchtigung des öffent­li­chen Nutzungsinteresses begrün­det den in § 304 StGB über die ein­fa­che Sachbeschädigung nach § 303 StGB hin­aus­ge­hen­den Unrechtsgehalt und hat den damit höhe­ren Strafrahmen zur Konsequenz.Zwar ist die Frage, ob zu der Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB — eben­so wie bei dem Beschädigen nach § 304 Abs. 1 StGB — die Beeinträchtigung der öffent­li­chen Funktion des Tatobjekts hin­zu­kom­men muss, auch im Gesetzgebungsverfahren anläss­lich des 39. StÄG vom 01. September 2005 bei Einführung des Absatz 2 uner­ör­tert geblie­ben. Eine unter­schied­li­che Behandlung die­ses Erfordernisses bei den Tathandlungen nach Abs. 1 und Abs. 2 des § 304 StGB wäre jedoch wider­sprüch­lich und systemwidrig.Das Vorhandensein einer ent­spre­chen­den Beeinträchtigung liegt bei den getrof­fe­nen Feststellungen auch nicht auf der Hand.Die Sache war gem. § 354 Abs. 2 StPO zur neu­en Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts Essen — Strafrichter — zurückzuverweisen.OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009

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AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010 (Gleichnamige Graffiti-„Tags“ sind kein Beweis für denselben Urheber)

Leitsatz: Gleichnamige „Tags“ begrün­den ohne wei­te­re Umstände kei­ne Verurteilungswahrscheinlichkeit.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom xx.x.xx wird hin­sicht­lich der Anklagepunkte 1 und 23 zur Hauptverhandlung zuge­las­sen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird hin­sicht­lich der genann­ten bei­den Fälle gegen die Angeschuldigten XX, XX, XX und XX das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Hersbruck — Jugendrichter — eröffnet.Im Übrigen wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.Hinsichtlich der Fälle 2–22 und 24 der Anklage ist nach Aktenlage mit einer Verurteilung der Angeklagten nicht zu rech­nen. Es ist grund­sätz­lich nicht mög­lich, von der Verwendung eines bestimm­ten Tags auf eine kon­kre­te Person als Urheber die­ses Tags zu schlie­ßen. In den Fällen 1 und 23 sind den Akten dage­gen wei­te­re Indizien zu ent­neh­men, die der Nachprüfung in einer Hauptverhandlung bedürfen.AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010

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AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010 (Fotos, Skizzen und Stadtpläne begründen keine Verurteilungswahrscheinlichkeit)

Leitsatz: Alleine auf Indizien kann eine Verurteilung nicht gestützt werden.Eine Verurteilungswahrscheinlichkeit besteht nicht.Die Angeklagten selbst haben sich zu den Anklagevorwürfen bis­lang nicht ein­ge­las­sen. Zwar wur­den bei den im sel­ben Haus wohn­haf­ten bei­den Angeklagten auf deren gemein­sam genutz­ten PC zahl­rei­che Fotografien von Graffiti fest­ge­stellt, die in der Ausführung und der Art der bei den Angeklagten vor­ge­fun­de­nen Graffitiskizzen auf­fal­len­de Ähnlichkeiten aufweisen.Die Angeklagten haben jedoch die bei ihnen auf­ge­fun­de­nen Graffitiskizzen bis­lang nicht als von ihnen stam­mend aner­kannt. Auch das im Ermittlungsverfahren ein­ge­hol­te Schriftsachverständigengutachten hat inso­weit kei­ne wei­te­re Aufklärung erbracht und kommt zu dem Ergebnis, dass schrift­ver­glei­chend sich nicht fest­stel­len lässt, ob die inkri­mi­nier­ten Schreibleistungen von einem der bei­den Angeklagten gefer­tigt wor­den sind.Selbst wenn, wie zu ver­mu­ten ist, die Graffitiskizzen von ihnen gefer­tigt wur­den, so lässt sich den­noch nicht mit der erfor­der­li­chen Sicherheit fest­stel­len, wer von den bei­den Angeklagten die jewei­li­ge Graffitiskizze gezeich­net hat, wobei auch jeder­zeit für die im gemein­sa­men Haushalt leben­den Angeklagten die Möglichkeit bestand, die Graffitiskizzen unter­ein­an­der auszutauschen.Die Ergreifung der bei­den Angeklagten anläss­lich der Tatausführung zu Ziffer 11 der Anklage macht deut­lich, dass die Angeklagten auch gemein­sam Graffiti anbrin­gen und „Pieces“ fer­ti­gen mit den Schriftzügen ihrer „Tags“, ohne dass sich im Einzelfall fest­stel­len lässt, ob die Angeklagten gemein­sam oder ein­zeln die ihnen zur Last geleg­ten Taten aus­ge­führt haben. Bei den „Tags“ han­delt es sich um ein soge­nann­tes „Crewtag“, mit­hin um ein sol­ches, wel­ches von bei­den benutzt wird. Wer es schließ­lich bei den jeweils aus­ge­führ­ten Graffiti ver­wen­det hat, bleibt daher frag­lich. Auch das Vorhandensein ver­schie­de­ner Graffitiablichtungen auf den jewei­li­gen Benutzerflächen des gemein­schaft­lich von den Angeklagten ver­wen­de­ten PCs lässt kei­ne zuver­läs­si­gen Rückschlüsse dar­auf zu, wer das jewei­li­ge Graffito gesprüht oder sonst wie gefer­tigt hat.Eine Verurteilung ist auf die­ser Grundlage nicht zu erwar­ten, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens hin­sicht­lich der Taten 1 — 10, 12 — 17 und 19 abzu­leh­nen war.AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010

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AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010 (Zur Notwendigkeit der Materialgleichheit von Sprühfarbe)

Leitsatz: Die Anwesenheit am Tatort begrün­det allei­ne kei­nen hin­rei­chen­den Tatverdacht.Mit der Anklage wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, in der Nacht vom xx.xx.xxxx gemein­schaft­lich mit den geson­dert Verfolgten XX und XX auf­grund eines spon­ta­nen Tatplanes die Wand der Fußgängerbrücke in der XXX Straße in Frankfurt (Oder) mit Graffiti besprüht zu haben. Dadurch wur­de das Erscheinungsbild der Wand nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend verändert.Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) sieht das Gericht, aus­ge­hend vom Ergebnis der Ermittlungen, nicht den für die Eröffnung des Hauptverfahrensnotwendigen hin­rei­chen­den Tatverdacht.Der Angeschuldigte hat sich, eben­so wie sei­ne Mittäter, nicht ein­ge­las­sen. Über sei­nen Verteidiger hat der Angeschuldigte zudem mit­ge­teilt, sich auch künf­tig nicht zur Sache äußern zu wol­len. Nach dem Ermittlungsergebnis exis­tie­ren kei­ne Zeugen, wel­che den Angeschuldigten bzw. sei­ne Mittäter bei der Tatausführung beob­ach­tet hät­ten. Nicht ersicht­lich ist, dass einer der bei­den Mitangeschuldigten bereits wegen der Tat straf­recht­lich zur Verantwortung gezo­gen wor­den wäre und somit als Zeuge gegen den Angeschuldigten zur Verfügung ste­hen würde.Auch exis­tie­ren kei­ne objek­ti­ven Beweismittel, aus wel­chen her­aus dar­aus der Schluss zu zie­hen wäre, dass der Angeschuldigte die ihm zur Last geleg­te Tat began­gen hät­te. Wie von der Verteidigung ange­merkt, war der Angeschuldigte zwar mit den mut­maß­li­chen Mittätern im benann­ten Zeitraum am Tatort anwe­send, jedoch wur­de kein Vergleich des Materials der mit­ge­führ­ten Spraydosen mit dem an der Wand auf­ge­tra­ge­nen Farbstoffe durchgeführt.Mithin kann nicht der Schluss gezo­gen wer­den, dass die vom Angeschuldigten mit­ge­führ­ten Sprayflaschen tat­säch­lich auch für das Anbringen der Graffiti ver­wen­det wurden.Auch bie­tet das Ermittlungsergebnis kei­nen Hinweis dar­auf, dass wenigs­tens eines der ange­brach­ten Tags vom Angeschuldigten übli­cher Weise ver­wen­det wor­den ist. Dem zufol­ge war die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen.AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010

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OLG Nürnberg, Beschluss v. 11.3.2010 (Graffitis auf öffentlichen Skaterrampen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Für eine gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung ist zumin­dest eine Einschränkung der öffent­li­chen Funktion erforderlich.Das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. hat den Beschwerdeführer am xx.xx.2009 wegen gemein­schäd­li­cher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe ver­ur­teilt. Gegen die­ses Urteil leg­te der Beschwerdeführer am xx.xx.2009 Sprungrevision ein. Die nach § 335 Abs. 1 StPO statt­haf­te und auch im Übrigen zuläs­si­ge Sprungrevision hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Die Verurteilung wegen gemein­schäd­li­cher Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 1, Abs. 2 StGB wird von den Feststellungen nicht getragen.Eine Beschädigung eines Gegenstandes, der dem öffent­li­chen Nutzen dient (§ 304 Abs. 1 StGB), liegt nur dann vor, wenn durch die kör­per­li­che Einwirkung des Täters die Sachsubstanz unmit­tel­bar ange­grif­fen wor­den ist oder eine Beseitigung des vom Täter geschaf­fe­nen Zustandes einen Substanzeingriff erfor­der­lich macht (vgl. Sauger, in: SSW-StGB § 303 Rdnr. 8). Daneben kann auch ohne Verletzung der Sachsubstanz ein Beschädigen gege­ben sein, wenn durch die phy­si­sche Einwirkung auf die Sache ihre bestim­mungs­ge­mä­ße (tech­ni­sche) Brauchbarkeit nach­hal­tig gemin­dert wor­den ist (BGHSt 29, 129, 131 f.; 44, 34, 38 m.w.N.). Weder ein Substanzeingriff noch eine dau­er­haf­te Minderung der Brauchbarkeit wer­den durch, die Feststellungen des Amtsgerichts belegt. Soweit der Beschwerdeführer durch das Besprühen der Skaterrampe mit Lackfarbe deren äuße­res Erscheinungsbild gemäß § 304 Abs. 2 StGB ver­än­dert hat, kommt eine Strafbarkeit nur dann in Betracht, wenn hier­durch auch die öffent­li­che Funktion der Rampe beein­träch­tigt wor­den wäre. Bei einer Skaterrampe ist die­se Voraussetzung nicht gege­ben. Entgegenstehende Gründe hat das Amtsgericht nicht mit­ge­teilt. Da die Sachrüge bereits zu einer Aufhebung des Ersturteils führt, war über die wei­ter erho­be­ne Verfahrensrüge nicht mehr zu entscheiden.OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.3.2010

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OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010 (Auch mehrere Graffitis können rechtlich gesehen nur als eine Tat zu bewerten sein)

Leitsatz: Ob meh­re­re Graffitis am sel­ben Tage als eine Tat oder meh­re­re Taten zu bestra­fen sind, ist Frage des Einzelfalls.Die Feststellungen des Amtsgerichts Mühlheim a. d. Ruhr tra­gen die Verurteilung wegen vie­rer in Tatmehrheit began­ge­ner Sachbeschädigungen nicht. Es kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass nur eine Tat im Rechtssinne vor­liegt. In dem Falle wäre die Verurteilung wegen Anbringens von 4 Graffitis in Tatmehrheit rechtsfehlerhaft.Anhand der äußerst knap­pen Darstellung ist es dem Revisionsgericht nicht mög­lich, zu über­prü­fen, ob tat­säch­lich vier ein­zel­ne Taten vor­lie­gen oder viel­mehr nur eine ein­zi­ge Tat. Letzteres könn­te hier nicht aus­schließ­bar unter dem Gesichtspunkt einer natür­li­chen Handlungseinheit der Fall sein. Eine sol­che liegt vor, wenn meh­re­re im Wesentlichen gleich­ar­ti­ge Handlungen von einem ein­heit­li­chen Willen getra­gen wer­den und auf­grund ihres engen räum­li­chen und zeit­li­chen Zusammenhangs so mit­ein­an­der ver­bun­den sind, dass sich das gesam­te Tätigwerden bei natür­li­cher Betrachtungsweise objek­tiv auch für einen Dritten als ein ein­heit­li­ches Geschehen darstellt.Nach der höchst­rich­ter­li­chen Rechtsprechung ist aner­kannt, dass nicht für jede denk­ba­re Fallgestaltung aus Rechtgründen immer nur eine ein­zi­ge Entscheidung mög­lich ist, ob nun Tateinheit oder Tatmehrheit anzu­neh­men ist. Vielmehr unter­liegt es der Beurteilung des erken­nen­den Gerichts, ob die Voraussetzungen der natür­li­chen Handlungseinheit vor­lie­gen. Allerdings muss dem Revisionsgericht anhand der getrof­fe­nen Feststellungen die Nachprüfung mög­lich sein, ob dem Tatrichter bei der Bewertung Fehler unter­lau­fensind, ob die Bewertung ver­tret­bar ist und von zutref­fen­den Maßstäben aus­geht. Diese Überprüfung ist dem Senat hier ange­sichts der unzu­rei­chen­den Feststellungen verwehrt.Das ange­foch­te­ne Urteil war daher auf­zu­he­ben und die Sache an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010

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AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011 (Bei leichter Entfernung keine Strafbarkeit)

Leitsatz: Wenn der Reinigungsaufwand mini­mal ist, ist das Anbringen eines Tags nicht strafbar.Der Angeklagte wird freigesprochen.Gründe:[…]Unabhängig hier­von war der Angeklagte in den Fällen 3 und 7 der Anklageschrift vom xx.xx.2010 auch des­halb frei­zu­spre­chen, da in die­sen Fällen bereits der Tatbestand der Sachbeschädigung nicht erfüllt war. In bei­den Fällen waren die Graffiti-Zeichnungen leicht abzu­wi­schen und zu entfernen.AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011

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AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010 (Bei leichter Entfernung keine „erhebliche“ Veränderung der Sache)

Leitsatz: Können die Graffitis mit gerin­gem Aufwand ent­fernt wer­den, ist die Veränderung des Erscheinungsbildes nicht „erheblich“.Soweit dar­über hin­aus dem Angeklagten in den Fällen Ziffern 1, 4, 8 (+ 9), 16,17, 21, 24, 30, 31 und 33 (= 48) wei­te­re Sachbeschädigungstaten zur Last lagen,war der Angeklagte aus tat­säch­li­chen Gründen freizusprechen.Der Sachverständige X. hat zur Überzeugung des Gerichts fest­ge­stellt, dass sich die jewei­li­gen Farbantragungen ver­gleichs­wei­se ein­fach ent­fer­nen las­sen, so dass nicht davon aus­zu­ge­hen ist, dass das Erscheinungsbild einer frem­den beweg­li­chen Sache nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert wurde.AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010

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AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011 (DNA-Entnahme für künftige Strafverfahren bei Graffiti rechtswidrig)

Leitsatz: Graffiti sind kei­ne Straftaten, die eine „vor­sorg­li­che“ DNA-Entnahme rechtfertigen.Die Anträge der Staatsanwaltschaft vom xx.xx.2010 auf Blutprobenentnahme und DNA-Entnahme wer­den abgelehnt.[…]Darüber hin­aus ist auch die DNA-Entnahme für zukünf­ti­ge Strafverfahren gemäß § 81 g StPO nicht ver­hält­nis­mä­ßig. Denn durch die Staatsanwaltschaft ist weder vor­ge­tra­gen noch ersicht­lich, dass wei­te­re erheb­li­che Straftaten von den nicht vor­be­las­te­ten Beschuldigten zu erwar­ten sind. Allein der hier im Ermittlungsverfahren in Frage ste­hen­de Schaden genügt nicht für eine DNA-Entnahme gemäß § 81 g StPO. Hierbei muss es sich um Straftaten von erheb­li­cher Bedeutung han­deln. Dazu zäh­len alle Verbrechen, aber auch schwer­wie­gen­de Vergehen, bei denen der Täter Körperzellen abson­dern könn­te. § 303 StGB schei­det mit sei­nem Strafrahmen bis zu 2 Jahren bzw. Geldstrafe aus.AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011

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LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010 (DNA-Entnahme bei fehlendem Vergleichsmaterial unzulässig)

Leitsatz: Vor einer DNA-Entnahme zu „Vergleichszwecken“ muss erst Vergleichs-DNA auf den Gegenständen gefun­den werden.Auf die mit anwalt­li­chem Schriftsatz vom xx.xx.2010 ein­ge­leg­te Beschwerde wird der Beschiuss des Amtsgerichts Naumburg vom xx.xx.2010 (Az.: xx) aufgehoben.[…]Die gemäß § 304 StPO statt­haf­te Beschwerde ist begrün­det. Der Beschiuss des Amtsgerichts Naumburg vom xx.xx.2010 ist rechts­feh­ler­haft. Die Voraussetzungen für die ange­ord­ne­te Maßnahme nach § 81 a Abs. 1 StPO lie­gen nicht vor. Eine Voraussetzung für eine Anordnung — die kör­per­li­che Untersuchung des Beschuldigten (hier: DNA-Untersuchung) — ist, dass die kör­per­li­che Untersuchung für das Verfahren von Bedeutung ist. Das kann der­zeit nicht fest­ge­stellt wer­den. Auch die Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlecht des Beschuldigten sind zum jet­zi­gen Ermittlungsstand für das Verfahren ohne jeg­li­che Bedeutung. Es kann hier schon nicht fest­ge­stellt wer­den, ob auf den sicher­ge­stell­ten Gegenständen (Masken, Sprühdosen, Videokamera etc.) über­haupt ver­wert­ba­re DNA-Spuren vor­han­den sind, die mit dem DNA-Identifizierungsmuster des Beschuldigten abge­gli­chen wer­den könn­ten. Da hier schon nicht abseh­bar ist, ob über­haupt eine ver­wert­ba­re Spur an den sicher­ge­stell­ten Gegenständen vor­liegt, wäre die ange­ord­ne­te Maßnahme auch unver­hält­nis­mä­ßig, da schon nicht klar ist, ob über­haupt ein Abgleich statt­fin­den kann. Die Maßnahme ist daher der­zeit ungeeignet.LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010

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VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 11.8.2009 (Anordnung bei nur pauschaler formelhafter Belehrung durch Polizei unzulässig)

Leitsatz: Wenn eine „Standard“-Belehrung ohne Bezug auf den Einzelfall ver­wen­det wird, ist die Anordnung einer ED-Behandlung unzulässig.Mit Bescheid vom xx.xx.2009 wur­de der Kläger zur Durchführung einer erken­nungs­dienst­li­chen Behandlung gemäß § 81 b, 2. Altem. StPO vor­ge­la­den. Zur erken­nungs­dienst­li­chen Behandlung wur­de die Anfertigung von Lichtbildern, die Abnahmevon Fingerabdrucken, eine Personenbeschreibung sowie die Messung von Gewicht, Körpergröße und Schuhgröße ange­ord­net. Der Kläger wur­de zur Durchführung die­ser Maßnahmen am xx, den xx.xx.2009,xx.xx Uhr, vor­ge­la­den. Am 04. September 2009 hat der Kläger Klage erhoben.Die Klage hat Erfolg. Der gegen­über dem Kläger erlas­se­ne Bescheid vom xx.xx.2009 ist rechts­wid­rig und ver­letzt den Kläger in sei­nen Rechten.Der Bescheid betrifft eine erken­nungs­dienst­li­che Behandlung gemäß § 81 b 2. Alt. StPO mit dem Vorhalt, der Kläger wer­de beschul­digt, am xx.xx.2009, xx.xx Uhr eine Straftat nach § 303, 303 c StGB (Sachbeschädigung durch Aufbringen von Farbe, soge­nann­te Graffiti) began­gen zu haben. Nach § 81 b 2. Altem. StPO dür­fen u. a. Lichtbilder, Fingerabdrücke, Messungen und Personenbeschreibungen eines Beschuldigten auch gegen sei­nen Willen auf­ge­nom­men wer­den, sobald dies für die Zwecke des Erkennungsdienstes not­wen­dig ist. Aus die­ser Bestimmung erge­ben sich nicht nur die recht­li­chen Voraussetzungen für die Aufnahme der Unterlagen, son­dern auch Grund und Grenzen für die Berechtigung der Behörde, erken­nungs­dienst­li­che Unterlagen zu fer­ti­gen und aufzubewahren.Die Notwendigkeit bemisst sich danach, ob der anläss­lich des gegen den Betroffenen gerich­te­ten Strafverfahrens fest­ge­stell­te Sachverhalt nach kri­mi­na­lis­ti­scher Erfahrung ange­sichts aller Umstände des Einzelfalles, ins­be­son­de­re ange­sichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im straf­recht­li­chen Anlassverfahren zur Last geleg­ten Straftat, sei­ner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraumes, wäh­rend des­sen er straf­recht­lich nicht (mehr) in Erscheinung getre­ten ist, Anhaltspunkte für die Annahme bie­tet, dass der Betroffene künf­tig oder ander­wei­tig gegen­wär­tig mit guten Gründen als Verdächtigter in den Kreis poten­ti­el­ler Beteiligter an einer noch auf­zu­klä­ren­den straf­ba­ren Handlung ein­be­zo­gen wer­den könn­te und dass die erken­nungs­dienst­li­chen Unterlagen die dann zu füh­ren­den Ermittlungen — den Betroffenen anschlie­ßend über­füh­rend oder ent­las­tend — för­dern könn­ten (std. Rechtsprechung des BVerwG). Typischerweise kommt die erken­nungs­dienst­li­che Behandlung bei erwerbs- oder gewohn­heits­mä­ßig Handelnden oder sons­ti­gen Rückfalltätem in Betracht. Im Übrigen kommt es auf die Umstände im Einzelfall an nach dem vor­ge­nann­ten Maßstab. Gemessen an die­sen Grundsätzen erscheint die erken­nungs­dienst­li­che Behandlung des Klägers der­zeit nicht not­wen­dig, wobei es einer Prognoseentscheidung über das künf­ti­ge Verhalten des Betroffenen und der in die­sem Zusammenhang erfor­der­li­chen­er­ken­nungs­dienst­li­chen Behandlung bedarf. Dabei ist das Erfordernis, dass die ange­fer­tig­ten Unterlagen in zukünf­ti­gen Ermittlungsverfahren die Ermittlung der Polizei för­dern könn­ten, dahin­ge­hend zu kon­kre­ti­sie­ren, dass die Unterlagen bzw. Daten gera­de für die Aufklärung sol­cher Straftaten geeig­net und erfor­der­lich sein müs­sen, für die im kon­kre­ten Fall eine Wiederholungsgefahr begrün­det wer­den kann, wobei es sich nicht jedes Mal um den­sel­ben Straftatbestand han­deln muss, viel­mehr reicht die struk­tu­rel­le Vergleichbarkeit der vor­ge­wor­fe­nen Taten aus.Bezüglich der hier erfor­der­li­chen Prognoseentscheidung zur Wiederholungsgefahr folgt aus der Begründung und Belehrung vom xx.xx.2009 nur for­mel­haft im Wege eines Textbausteines, dass auf­grund der Begehungsweise in dem Anlassverfahren und der­dar­über hin­aus vor­lie­gen­den poli­zei­li­chen Erkenntnisse davon aus­zu­ge­hen ist, dass der Kläger zukünf­tig erneut in glei­cher oder ähn­li­cher Weise straf­fäl­lig wer­den oder zumin­dest in den Kreis mög­li­cher Tatverdächtiger bei ver­gleich­ba­ren Delikten ein­zu­be­zie­hen ist. Zwar stellt dies rich­ti­ger­wei­se die all­ge­mei­nen aus der Rechtsprechung ent­wi­ckel­ten Anforderungen für die Rechtmäßigkeit einer Vorladung dar, jedoch fehlt die Umsetzung auf den kon­kre­ten Fall, inwie­weit näm­lich die Anlasstat und kon­kre­te dar­auf bezo­ge­ne Delikte des Klägers, gemes­sen an sei­ner Persönlichkeit, o. a. nach sei­nen Aussagen, die Prognose recht­fer­ti­gen, dass er künf­tig oder ander­wei­tig gegen­wär­tig mit guten Gründen als Verdächtigter in den Kreis poten­ti­el­ler Beteiligter an einer noch auf­zu­klä­ren­den straf­ba­ren Handlung ein­be­zo­gen wer­den könn­te und dass die erken­nungs­dienst­li­chen Unterlagen die dann zu füh­ren­den Ermittlungen för­dern könnten.Dass vor der Anordnung zur Durchführung der erken­nungs­dienst­li­chen Behandlung oder vor der Begründung und Belehrung eine sol­che Umsetzung auf den kon­kre­ten Fall erfolgt und dem Kläger bekannt gemacht wor­den wäre, lässt sich den vorhandenenUnterlagen nicht ent­neh­men. Dass vor­her eine „Negativprognose“ erstellt und dem Kläger zuvor zugäng­lich gemacht wor­den wäre, ist eben­falls nicht ersichtlich.Die Beklagte ist daher antrags­ge­mäß zu verurteilen.VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 11.8.2009

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OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010 (Graffitis auf U‑Bahnwagen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)

Leitsatz: Graffitis auf U‑Bahnen beein­träch­ti­gen nicht den öffent­li­chen Zweck der Sache.Auf die Revision des Angeklagten X. wird das Urteil des Jugendrichters beim Amtsgericht Düsseldorf vom xx.xx.2010, auch soweit es den Angeklagten Y. betrifft, aufgehoben.Nach den Feststellungen besprüh­te X. am xx. und xx.xx.2009 jeweils einen U‑Bahnwagen der hie­si­gen xx AG mit Graffitis oder schwar­zer Sprayfarbe.Nach § 304 StGB macht sich, soweit hier von Interesse, wegen gemein­schäd­li­cher Sachbeschädigung straf­bar, wer Gegenstände, wel­che zum öffent­li­chen Nutzen die­nen, rechts­wid­rig beschä­digt oder zer­stört (Abs. 1) oder unbe­fugt in ihrem Erscheinungsbild nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert (Abs. 2). In bei­den Fällen ist der Tatbestand nach ein­hel­li­ger Meinung aber nur erfüllt, wenn die Tat die beson­de­re Zweckbestimmung der Sache — die öffent­li­che Funktion, um derent­wil­len sie geschützt ist — beein­träch­tigt. Das ist nicht fest­ge­stellt und ver­steht sich nicht von selbst. Im Zweifel konn­ten die Wagen (der Waggon) wei­ter­hin zur Beförderung benutzt wer­den. OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010

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AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011 (Es müssen stets Nachahmer in Betracht gezogen werden)

Leitsatz: In der Graffiti-Szene sind Nachahmer vor­han­de­ner Tags bekannt.Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tat­säch­li­chen Gründen abgelehnt.Die Staatsanwaltschaft Hagen wirft den Angeschuldigten in der Anklageschrift vom xx.xx.2010 vor, in der Zeit vom xx.xx.2009 bis xx.xx.2009 in H. als Jugendliche mit Verantwortungsreife durch 12 selb­stän­di­ge Handlungen unbe­fugt das Erscheinungsbild frem­der Sachen nicht nur uner­heb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend ver­än­dert zu haben. Sie sol­len in dem genann­ten Tatzeitraum in ins­ge­samt 12 Fällen u. a. Wohnhäuser, Geschäftsräume und Bushaltestellen mit Graffitis besprüht haben.Beide Angeschuldigte haben sich zu den ihnen gegen­über erho­be­nen Vorwürfe nicht geäu­ßert und bis­lang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Unmittelbare Tatzeugen sind — bis auf die Tat vom xx.xx.2009 — nicht vor­han­den. Lediglich der Zeuge X. hat in sei­ner poli­zei­li­chen Vernehmung ange­ge­ben, die bei den ver­schie­de­nen Taten gesprüh­ten Schriftzüge und Symbole sei­en den bei­den Angeschuldigten zuzu­ord­nen. Auch wur­den bei Durchsuchungen in den Wohnung der bei­den Angeschuldigten belas­ten­de Materialien ent­deckt und sicher­ge­stellt, wie z. B. Blackbooks mit ent­spre­chen­den Skizzen und auch den bei den ein­zel­nen Taten vor­ge­fun­de­nen Schriftzügen und Symbolen, Spraydosen und Sprühköpfen. Der Verteidiger des Angeschuldigten Y. hat jedoch umfang­reich aus­ge­führt, dass es in der Sprayer-Szene durch­aus üblich sei, auch Schriftzüge ande­rer Sprayer bzw. auch Schriftzüge aus wei­ter­ge­ge­be­nen und aus­ge­tausch­ten Skizzenbüchern und sons­ti­gen Materialien nach­zu­ah­men, zu kopie­ren und wei­ter­zu­ver­brei­ten. Vor dem Hintergrund die­ser, auch für das Gericht nach­voll­zieh­ba­ren Ausführungen und dem Umstand, dass die bei­den Angeklagten bei kei­ner der ihnen zur Last geleg­ten Taten unmit­tel­bar beob­ach­tet wor­den sind, wird man im Zweifel für die Angeklagten davon aus­ge­hen müs­sen, dass bei den bezeich­ne­ten Taten eben­falls nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass die­se durch unbe­kannt geblie­be­ne Dritte ver­übt wur­den. Das Gericht ver­kennt dabei nicht, dass eini­ge erheb­li­che Anhaltspunkte für eine Täterschaft der bei­den Angeschuldigten zumin­dest in dem einen oder ande­ren Fall spre­chen. Für eine even­tu­el­le Verurteilung wäre aber ein siche­rer Nachweis der Täterschaft erfor­der­lich, der nach Aktenlage zur Zeit nicht zu fOhren sein wird.AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011

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AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011 (Auch der SoKo sind Nachahmer bekannt)

Leitsatz: In der Graffiti-Szene sind selbst der Polizei Fälle von Nachahmungen vor­han­de­ner Tags bekannt.Der Angeklagte wird freigesprochen.Der Angeklagte war aus tat­säch­li­chen Gründen frei­zu­spre­chen. Ein Tatnachweis war in der Hauptverhandlung nicht zu führen.Der Angeklagte bestrei­tet die Tat. Tatzeugen sind nicht vor­han­den. Weitere objek­ti­ve Beweise gegen den Angeklagten lagen nicht vor. Der Zeuge D., der vom Gericht ver­nom­men wur­de, bekun­de­te, dass sei­ne Durchsuchung beim Angeklagten zu kei­nen Beweismitteln führ­te. Er gehe aber davon aus, dass der Angeklagte die Tags „XX“ und „YY“ benutz­te und dass der Angeklagte für die Schmiererei ver­ant­wort­lich ist. Der Zeuge X. bekun­de­te wei­ter, dass nach sei­nen Erkenntnissen und Erfahrungen es in Sprayerkreisen nicht üblich ist, dass Tags nach­ge­macht werden.Die Angaben des Zeugen D. genü­gen nicht, um für eine Verurteilung Sicherheit zu gewin­nen. Das Gericht ist nicht über­zeugt davon, dass der Angeklagte selbst die Tags „XX“ oder „YY“ ver­wen­de­te. Insbesondere ist das Gericht nicht davon über­zeugt, dass der Angeklagte die hier ange­klag­ten Taten beging. Die Anklage geht davon aus, dass nur eine Person jeweils das Tag „XX“ ver­wen­de­te und dass es kei­ne Nachahmer gibt. Dies wird als fest­ste­hen­de Tatsache gewür­digt. Der Zeuge D. bekun­de­te vor Gericht aber, dass ihm jeden­falls ein Fall bekannt sei, wo auch ande­re Personen ein Tag nach­ge­macht hätten.Bereits mit die­ser Aussage fällt die Grundüberzeugung und das Grundgerüst der Anklage zusam­men. Der Angeklagte war daher freizusprechen.AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011

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AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010 (Fotos und Skizzen dokumentieren Interesse und keinen Täterschaft)

Leitsatz: Der Besitz von Skizzen und Fotos zeigt ledig­lich ein Interesse an Graffiti bzw. bestimm­ten Sprayern.Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift vom xx.xx.2009 vor­ge­wor­fen, in der Zeit vom xx.xx. bis zum xx.xx.2009 in in S. eine Vielzahl von Wänden mit den Schriftzügen „XXX“, „YYY“, „ZZZ-Crew“ und ande­rem besprüht zu haben. Einen hin­rei­chen­den Tatverdacht ver­moch­te das Gericht beim der­zei­ti­gen Ermittlungsstand nicht zu erken­nen, da eine Verurteilung nicht hin­rei­chend wahr­schein­lich ist. Vielmehr ist nach Aktenlage bei den gege­be­nen Beweismögtichkeiten ein Freispruch nach dem Grundsatz in dubio pro reo wahrscheinlich.Der Angeschuldigte hat sich zur Sache nicht ein­ge­las­sen. Ihm ist nach dem bis­he­ri­gen Ermittlungsergebnis nicht nach­zu­wei­sen, dass er die ihm zur Last geleg­ten Taten selbst began­gen hat. Unmittelbare Tatzeugen sind nicht vor­han­den. Die in der Akte befind­li­chen Lichtbilder von Graffitis zei­gen ihn auch bei kei­ner Tatausführung hin­sicht­lich der ange­klag­ten Taten. Soweit auf BI. xx Bd. I d.A. ein Sprayer zu sehen ist, bei dem es sich um den Angeschuldigten han­deln soll, feh­len Anhaltspunkte dafür, dass es sich, wie bereits von KHK T. ver­mu­tet, um kei­ne erlaub­te Sprayaktion han­delt. Auch die im Rahmen der Durchsuchung der Wohnräume des Angeschuldigten sicher­ge­stell­ten Materialien, Skizzen und Vorlagenbücher mit Graffitis und Spraydosen las­sen nicht zwin­gend dar­auf schlie­ßen, dass der Angeschuldigte Urheber der abge­bil­de­ten Graffitis ist. Insoweit führt die Verteidigung zu Recht aus, dass der Angeschuldigte die auf dem PC der Mutter gespei­cher­ten Fotos auch aus Interesse gespei­chert haben kann, ggffs. auch um damit gegen­über ande­ren anzu­ge­ben, oder als Vorlage zum Entwurf eigenerGraffitis. Wegen der wei­te­ren berech­tig­ten Einwände wird auf den aus­führ­li­chen Schriftsatz des Verteidigers vom xx.xx.2010 Bezug genom­men. Nach alle­dem war die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tat­säch­li­chen Gründen gem. § 204 Abs. 1 StPO abzulehnen.AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010

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LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011 (Individualtags werden von Bekannten mit angebracht)

Leitsatz: Innerhalb von Crews fin­det ein wech­sel­sei­ti­ges Anbringen der Individualtags statt.Die Sache war von der Jugendkammer wegen ihres beson­de­ren Umfangs zu über­neh­men, §§ 40 Abs. 2, 41 Abs. 1 Nr. 2 JGG. Das Verfahren rich­tet sich gegen 4 Angeschuldigte, denen in wech­seln­der Tatbeteiligung 18 Fälle der Sachbeschädigung zur Last gelegt wer­den. Sämtliche Angeschuldigte haben im Ermittlungsverfahren kei­ne Angaben zur Sache gemacht und es ist nicht zu erwar­ten, dass sie im Falle der Durchführung der Hauptverhandlung Angaben zur Sache machen wer­den. Dies wür­de eine außer­or­dent­lich umfang­rei­che Beweisaufnahme erfor­der­lich machen, die sich nicht nur auf die ange­klag­ten Taten erstre­cken müss­te, son­dern auch auf abge­schlos­se­ne, von der Staatsanwaltschaft Görlitz zu die­sem Verfahren ver­bun­de­ne Ermittlungsverfahren, um Ähnlichkeiten der Tags und Pieces der von den Angeschuldigten (mög­li­cher­wei­se) in der Vergangenheit ver­wen­de­ten mit den ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen zu vergleichen.Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bekannt sei, dass in der Graffitiszene jeder ein­zel­ne Täter sei­ne Bilder indi­vi­dua­li­sie­re, um in der Szene dadurch bekannt und berühmt zu wer­den. Hinsichtlich des Erkennungszeichen „XXX„sei fest­zu­stel­len, dass die­ses bis etwa August 2005 nur mit dem Kürzel „XX“ ver­se­hen gewe­sen sei. Dieses Kürzel bestehe aus den letz­ten bei­den Ziffern der xxx­xer Postleitzahl und deu­te auf die Herkunft der Verursacher die­ser Schmierereien hin. Ab August 2005 sei­en im Zusammenhang mit dem Erkennungszeichen „XXX“ die zusätz­li­chen Zeichen „YYYY“ und „ZZZZ“ aufgetreten.Anhand der Erkenntnisse aus der Durchsuchung beim Angeschuldigten Xx und der Erkenntnisse aus der Tat des Angeschuldigten Xy vom xx.xx.xxx in Halle müs­se davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass Xx das Individual-Erkennungszeichen „XXXX“ und Xy das Individual-Erkennungszeichen „ZZZZ“ ‑jeweils in unter­schied­li­chen Variationen benut­ze. Darüber hin­aus sei inter­es­sant, dass eine Reihe der ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Schmierereien Grußformeln an die soge­nann­te „Xxx-Crew“ ent­hal­ten, zu der der Bruder des Angeschuldigten Xy gerech­net wer­de. Hinsichtlich des Angeschuldigten Xz sei im Ergebnis der Ermittlungen fest­ge­stellt wor­den, dass die­ser für Schmierereien mit dem Kennzeichen „Xxx“ sowohl in G. als auch in D. ver­ant­wort­lich sei.Das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft begrün­det gewich­ti­ge Verdachtsmomente dahin­ge­hend, dass sämt­li­che Angeschuldigte im ange­klag­ten Zeitraum Sachbeschädigungen durch Besprühen von Eisenbahnfahrzeugen und Gebäuden began­gen haben. Es wird sich jedoch- auch wenn man davon aus­geht, dass die Tags wie „XXX“, „YYYY“, „ZZZZ“ u. a. von den Angeschuldigten ver­wandt wor­den sind- kei­nes­falls mit der für eine Verurteilung erfor­der­li­chen Sicherheit aus­schlie­ßen las­sen, dass die­se von unbe­kann­ten Dritten nach­ge­ahmt wor­den sind. Das Nachahmen ist in der Graffiti-Szene nicht unüb­lich. Dies wird in der Szene als „biten“ bezeich­net und bezeich­net das Kopieren, Nachahmen eines frem­den „Styles“ oder gar Namens aus Unkenntnis oder man­geln­der Kreativität. Das häu­fi­ge „biten“ macht es für den Betrachter schier unmög­lich, den tat­säch­li­chen Urheber eines Graffiti sicher zu ermit­teln; wei­ter­hin kommt es auch durch die Vielzahl der Sprayer zu mehr­fa­chen Namensbelegungen. Die bei den Angeschuldigten auf­ge­fun­de­nen Skizzen, Fotos, Videos und Sprühwerkzeuge begrün­den auch in der Zusammenschau mit den übri­gen Indizien kei­nen hin­rei­chen­den Tatverdacht. Es ist denk­bar, dass die beim Angeschuldigten Xx auf­ge­fun­de­nen Skizzen die „Arbeit“ ande­rer Sprayer doku­men­tie­ren; glei­ches gilt für die fest­ge­stell­ten Fotos und Videoaufnahmen. Möglich ist auch, dass der Angeschuldigte Xx auf den Aufnahmen „Werke“ sei­ner Mittäter fest­ge­hal­ten hat, ohne zwin­gend als Mittäter betei­ligt gewe­sen zu sein.Offensichtlich fin­det zwi­schen den Angeschuldigten inner­halb der von ihnen gebil­de­ten Gruppierung ein Austausch der ver­wen­de­ten Tags oder Pieces statt. Dies ergibt sich bereits dar­aus, dass nach dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft das Tag„XXX“ dem Angeschuldigten Xx zuge­rech­net wird. Zugleich geht die Staatsanwaltschaft aller­dings auch davon aus, dass die­ses Tag auch vom Angeschuldigten Xy benutzt wird. Weitere Ermittlungsansätze sind nicht erkenn­bar. Insbesondere ist nicht zu erwar­ten, dass ein Schrift- und/oder Kunstsachverständiger indi­vi­du­el­le Merkmale fest­stel­len kann, die es erlau­ben, den Angeschuldigten bestimm­te Einzeltaten sicher zuzu­ord­nen. Ein ein­deu­ti­ges Ergebnis eines Schriftgutachtens schei­tert schon dar­an, dass bei den gesprüh­ten Tags die für eine Unterschrift cha­rak­te­ris­ti­schen fein­mo­to­ri­schen Besonderheiten feh­len; eine Stilanalyse ver­spricht des­halb kei­nen Erfolg, weil die von der Anklage umfass­ten Graffiti letzt­end­lich kei­ne der­ar­tig indi­vi­du­el­len Merkmale auf­wei­sen, die eine beson­de­re Kunstfertigkeit vor­aus­set­zen und dar­um nicht ohne Weiteres von einem eini­ger­ma­ßen geüb­ten Dritten nach­ge­ahmt wer­den könnten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher antrags­ge­mäß abzulehnen.LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011

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AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011 (Ist ohnehin eine Komplettrenovierung erforderlich, sind weitere Tags straflos)

Leitsatz: Das Anbringen von Tags auf bereits mehr­fach bet­agg­ten Altglascontainern ist nicht strafbar.Der Angeklagte hat ein­ge­räumt, einen oder zwei Altsglascontainer bemalt zu haben. Gleichermaßen haben die Zeugen jedoch bestä­tigt, dass die Container über­all so beschmiert gewe­sen sei­en, wie auf den in Augenschein genom­me­nen Fotos BI. 11 der Akte.Hinsichtlich der Eddingschriftzüge an den Glascontainern ist zwar anzu­neh­men, dass durch die­se eine phy­si­ka­lisch dau­er­haf­te Veränderung der Oberfläche bewirkt wur­de. Insoweit waren die Container jedoch bereits der­art beschmiert, dass die wei­te­re ober­fläch­li­che Beschriftung im Vergleich zu den bereits vor­han­de­nen „Schmierereien“ den ohne­hin erfor­der­li­chen Renovierungsaufwand allen­falls unwe­sent­lich erhöh­ten, da bereits vor der Tathandlung des Angeklagten eine Neulackierung der gesam­ten Container erfor­der­lich gewe­sen wäre, um die vor­han­de­nen Schriftzüge etc. zu ent­fer­nen. Eine mehr als uner­heb­li­che Veränderung der Sache war danach nicht festzustellen.Der Angeklagte war daher aus recht­li­chen Gründen freizusprechen.AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011

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AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011 (Ähnlichkeit in Wortwahl und Stil genügt nicht für eine pauschale Täterschaft)

Leitsatz: Ohne wei­te­re Beweise kann nicht von einem „Graffiti-Urheberrecht“ aus­ge­gan­gen werden.Dem Verfahren lagen ursprüng­lich 9 Tatvorwürfe der Sachbeschädigung zugrun­de. Hinsichtlich 6 Fällen hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom xx.xx.2011 das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ein­ge­stellt. In der Einstellungsverfügung wur­de zutref­fend dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein Tatnachweis mit einer zur Anklageerhebung erfor­der­li­chen Sicherheit nicht geführt wer­den kön­ne. Die Staatsanwaltschaft hat selbst dar­auf ver­wie­sen, dass Zeugen nicht vor­han­den sind und der ein­zi­ge Verdachtsmoment gegen den Angeschuldigten in dem Umstand besteht, dass das Tag „XXXX“ sowie das Tag „YYY“ vom Angeschuldigten bereits ander­wei­tig ver­wen­det wor­den sei. Die blo­ße Ähnlichkeit in Form und Inhalt genü­ge aller­dings nicht, um auf die Täterschaft des Angeschuldigten zu schlie­ßen. Auf die Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft wird im Übrigen Bezug genommen.Die Beweislage ist hin­sicht­lich der drei ange­klag­ten Fälle jedoch kei­nes­wegs besser.Der Umstand, dass in dem unter I. ange­klag­ten Fall eine Widmung „FOR XXXX“ hin­zu­ge­fügt wur­de, kann nicht dazu füh­ren, dass allein der Angeschuldigte XX als Täter in Betracht kommt. Die Staatsanwaltschaft inter­pre­tiert dies als einen Gruß an die Freundin des Angeschuldigten, wel­che XXXX heist. Auch wenn dies ein Indiz dar­stellt reicht es nicht aus, um fest­zu­stel­len, ob es sich dabei um die Freundin des Angeschuldigten han­delt und der Angeschuldigte der Täter gewe­sen ist.Soweit die Anklage sich auf ein gefer­tig­tes Video mit einer Infrarotkamera und einer sicher­ge­stell­ten Jacke des Angeschuldigten stützt, sind kei­ne aus­rei­chen­den Hinweise dafür vor­han­den, dass die­se Jacke mit der bei der Wohnungsdurchsuchung beschlag­nahm­ten Jacke des gefilm­ten Täters iden­tisch ist. Zwar dürf­te auch der mit der Überwachungskamera auf­ge­zeich­ne­te Täter eine Jacke der Marke „X“ getra­gen haben, wor­auf die mar­kan­te auf­ge­setz­te Brusttasche in „D“-Form hin­weist, doch ist aus den Bildern ein­deu­tig zu erse­hen, dass die schwarz abge­setz­ten Ärmel auf der Jacke des Angeschuldigten nicht mit der Jacke des Täters übereinstimmen.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011

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AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012 (Schon aufgrund der Altersstruktur können Nachahmungen nicht ausgeschlossen werden)

Leitsatz: Jugendliche und Heranwachsende schmü­cken sich manch­mal mit frem­den Federn.Die Zuordnung der Taten durch die Staatsanwaltschaft erfolg­te offen­bar allein auf­grund der (sicher­lich vor­han­de­nen) gro­ßen Ähnlichkeit der ange­brach­ten Schriftzüge mit Bilddateien bzw. Skizzen, wel­che bei Durchsuchungen bei den Angeschuldigten sicher­ge­stellt wer­den konnten.Dies allein ist jedoch nicht aus­rei­chend, um einen Tatnachweis zu füh­ren. Es wird sich ins­be­son­de­re nicht aus­schlie­ßen las­sen, dass das jewei­li­ge Graffiti von einem Nachahmer erstellt wur­de. Die im vor­lie­gen­den Verfahren offen­sicht­lich vor­aus­ge­setz­te Grundannahme der Polizei und Staatsanwaltschaft, dass in der Sprayer-Szene bestimm­te Tags immer nur von einer ein­zi­gen Person ver­wen­det wer­den, schließt Ausnahmen von die­ser Regel grund­sätz­lich nicht aus (ver­glei­che inso­weit auch Ziffer 1 d. Abschlussverfügung I der Staatsanwaltschaft Hannover im Verfahren xx Js xx/11). Hierbei muss ins­be­son­de­re berück­sich­tigt wer­den, dass die Mitglieder die­ser Szene sich bereits nicht an die fun­da­men­tals­ten der all­ge­mein gel­ten­den gesell­schaft­li­che Regeln (so bei­spiels­wei­se das Strafgesetzbuch) hal­ten, so dass auch nicht zu erwar­ten ist, dass sämt­li­che Mitglieder der Szene aus­nahms­los aus einem Ehrgefühl her­aus streng deren unge­schrie­be­ne Regeln einhalten.Bereits auf­grund der der Szene zu Grunde lie­gen­den jugend­li­chen Altersstruktur und dem sich dar­aus zwangs­läu­fig erge­ben­den Imponiergehabe unter­ein­an­der ist (zu Gunsten der Angeschuldigten) viel­mehr vom Gegenteil auszugehen.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012

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AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011 (Skizzen und Fotos reichen nicht aus)

Leitsatz: Der Besitz von Skizzen und die Anwesenheit bei einem wort­glei­chen Graffiti begrün­den kei­ne Täterschaftsvermutung.Dem Angeschuldigten wird in der Anklageschrift vom x.xx.2011 vor­ge­wor­fen, ein­mal im Jahr 2010 die Brücke der B xxx in der xxx Straße in yy mit bun­ter Farbe besprüht zu haben und zwei­tens in der Zeit zwi­schen dem xx.xx.2010 und dem xx.xx.2011 die Stützmauer der Ortsumgehung xxx an der B xxx mit bun­ter Farbe besprüht zu haben. Augenzeugen für die Tat sind nicht vor­han­den. Der Umstand, dass u. a. die bei den hier ange­klag­ten Graffitis sich auf von dem Angeschuldigten foto­gra­fier­ten Bildern befin­den, die bei der Durchsuchung bei ihm gefun­den wur­den, reicht nicht aus, um dar­auf den Nachweis der Täterschaft des Angeschuldigten zu füh­ren. Die Verteidigung hat zu Recht die in der Rechtsprechung vor­herr­schen­de Ansicht ver­tre­ten, dass allein aus der Verwendung eines Tags eine Urheberschaft nicht zwei­fels­frei sich ermit­teln lässt.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011

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OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei „Filzstift“-Tags kann nicht ohne Weiteres von einer Strafbarkeit ausgegangen werden)

Leitsatz: Bei leich­ter Entfernbarkeit sind Tags nicht nach § 303 Abs. 2 StGB strafbar.Das ange­foch­te­ne Urteil wird mit sei­nen Feststellungen aufgehoben.Der Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB erfährt — wie auch der des § 304 Abs. 2 StGB — eine Einschränkung durch die Merkmale der nicht nur uner­heb­li­chen und nicht vor­über­ge­hen­den Veränderung. Danach sind Beschriftungen oder Bemalungen, die sich ohne grö­ße­ren Aufwand etwa durch blo­ßes Wegwischen ent­fer­nen las­sen, nicht tat­be­stands­mä­ßig. Hier lässt sich den Feststellungen nicht ent­neh­men, dass mit dem vom Angeklagten ver­wen­de­ten „schwar­zen Filzstift“ — etwa, weil er lösungs­mit­tel­hal­ti­ge Substanzen ent­hielt — eine nicht oder nur schwer abwisch­ba­re Farbe auf­ge­tra­gen wor­den ist. Zur Art des Filzstiftes wie im Übrigen auch zur Materialbeschaffenheit der Oberfläche des Pfeilers hat das Amtsgericht kei­ne Feststellungen getroffen.Das Urteil war daher auf Antrag des Verteidigers und der Generalstaatsanwaltschaft auf­zu­he­ben und zu neu­er Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückzuverweisen.OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012

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LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012 (Die Möglichkeit von Nachahmungen oder das Vorhandensein einer Crew müssen in Betracht gezogen werden)

Leitsatz: Alleine auf­grund eines ähn­li­chen Stils und glei­cher Buchstaben kann eine Verurteilung nicht erfolgen.Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom xx.xx.2011 wur­de der Angeklagte wegen 15 Fällen der gemein­schäd­li­chen Sachbeschädigung zur Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten ver­ur­teilt, die zur Bewährung aus­ge­setzt wur­de. Gegen die­ses Urteil leg­te die Staatsanwaltschaft form- und frist­ge­recht Berufung, beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch, ein. Der Angeklagte leg­te gegen das Urteil, ver­tre­ten durch sei­nen neu­en Verteidiger, eben­falls form- und frist­ge­recht Berufung ein. Die Berufung der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg. Die Berufung des Angeklagten war inso­weit erfolg­reich, als er ledig­lich wegen eines Falles der Sachbeschädigung ver­ur­teilt wur­de und im Übrigen frei­ge­spro­chen wurde.Der zur Verurteilung gelang­te Sachverhalt beruht auf dem glaub­haf­ten Geständnis des Angeklagten.Innerhalb des Strafrahmens des § 303 StGB von Geldstrafe bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe war zu Gunsten des Angeklagten zu berück­sich­ti­gen, dass er gestän­dig war und dass der ver­ur­sach­te Schaden nicht all­zu hoch war. Zu Lasten des Angeklagten war sei­ne Vorstrafe zu berück­sich­ti­gen, wobei die Kammer gese­hen und berück­sich­tigt hat, dass die­se Vorstrafe nicht ein­schlä­gig ist, län­ge­re Zeit zurück­liegt und nicht all­zu gra­vie­rend ist. Insgesamt hielt die Kammer unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten spre­chen­den Umstände eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für tat- und schuld­an­ge­mes­sen. Die Höhe eines Tagessatzes hat die Kammer ent­spre­chend den Einkommensverhältnissen des Angeklagten auf 10,00 € festgesetzt.Soweit dem Angeklagten 14 wei­te­re Fälle der Sachbeschädigung zur Last lagen, wegen der Einzelfälle wird auf Ziffem 11. 2. bis 15. des Ersturteils Bezug genom­men, war der Angeklagte aus tat­säch­li­chen Gründen freizusprechen.Insoweit war die Kammer nach dem Ergebnis der Berufungshauptverhandlung nicht mit der für eine Verurteilung des Angeklagten erfor­der­li­chen Sicherheit davon über­zeugt, dass die in den wei­te­ren Fällen auf­ge­brach­ten Graffitis vom Angeklagten stam­men. Zwar konn­ten deut­li­che Übereinstimmungen in den Gestaltungsmerkmalen zwi­schen dem Schriftzug bei des­sen Herstellung der Angeklagte am XX.XX.20XX gestellt wur­de und den wei­te­ren 14 Fällen, die dem Angeklagten zur Last lagen, fest­ge­stellt wer­den. Die Kammer konn­te sich aber nicht mit der für eine Verurteilung erfor­der­li­chen Sicherheit davon über­zeu­gen, dass der­ar­tig über­ein­stim­men­de Gestaltungsmerkmale aus­schließ­lich von einer Person stam­men kön­nen. Die Kammer konn­te weder sicher aus­schie­ßen, dass wei­te­re Personen, ins­be­son­de­re aus der sel­ben Crew, über­ein­stim­men­de Gestaltungsmerkmale benut­zen noch, dass der Angeklagte am XX.XX.20XX in einem Einzelfall die von einer ande­ren Person ver­wen­de­ten Gestaltungsmerkmale imi­tiert hat.Der Angeklagte war daher in den ver­blei­ben­den 14 Fällen freizusprechen.LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012

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OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei mehreren Tags in zeitlicher und räumlicher Nähe liegt rechtlich nur eine Tat vor)

Leitsatz: Bei einer Tagtour ist eine natür­li­che Handlungseinheit naheliegend.Die Generalstaatsanwaltschaft hat ausgeführt:„Der Schuldspruch hält der Nachprüfung auf­grund der Sachrüge nicht stand.Die Prüfung des Urteils deckt bereits hin­sicht­lich des Schuldspruchs Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf Die getrof­fe­nen Feststellungen sind mate­ri­ell-recht­lich unvoll­stän­dig. Wie mit der Revision gerügt, lässt sich anhand der Urteilsausführungen nicht aus­ma­chen, ob die als tat­mehr­heit­lich began­gen ange­nom­me­ne Sachbeschädigungen nicht als natür­li­che Handlungseinheit anzu­se­hen sind. Hierfür könn­ten die Zeit- und Ortsangaben des Urteils spre­chen. Offenbar besprüh­te der Angeklagte zum Teil anein­an­der gren­zen­de Häuserwände — xxx­stra­ße 13 und 15, xxx­stra­ße 12 und 14 sowie 20 und 22, xxx­platz 17, 19 und 21, xxx­stra­ße 65–67, xxx­gas­se 10 und 12 -, was für einen durch­ge­hen­den Handlungsablauf spre­chen und dazu füh­ren könn­te, eine gerin­ge­re Anzahl von Tathandlungen anneh­men zu müs­sen. Es ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass die Würdigung als natür­li­che Handlungseinheit zu einer mil­de­ren Strafe führt.„Dem stimmt der Senat zu.OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012

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AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012 (Alleine das Aufgreifen bei einem Bild gleichen Namens und der Besitz entsprechender Fotos sind für eine Zuordnung unzureichend)

Leitsatz: Das Sprühen eines Namens und der Besitz wei­te­rer Fotos sind ledig­lich Indizien.Nach den bis­he­ri­gen Ermittlungen ist zwar zu ver­mu­ten, dass der Angeschuldigte die wei­te­ren Sachbeschädigungen durch das Aufsprühen des Tags „XXX“ began­gen hat, es ist jedoch nicht mit einer für eine Verurteilung not­wen­di­gen Sicherheit aus­zu­schlie­ßen, dass das Tag „XXX“ in die­sen Fällen nicht auch von einer ande­ren PErson ver­wen­det oder nach­ge­ahmt wor­den sein könn­te. Die Feststellung der Urheberschaft des Angeschuldigten allein auf­grund des ver­wen­de­ten Tags ohne das Hinzutreten wei­te­rer Indizien reicht bei der Möglichkeit, dass das Tag auch durch ande­re Personen ver­wen­det wor­den sein könn­te nicht aus.Auch die wei­te­ren Ermittlungsergebnisse rei­chen nicht aus, um den Angeschuldigten mit den kon­kre­ten Taten zwei­fels­frei in Verbindung zu brin­gen. ZWar konn­ten Lichtbilder sicher­ge­stellt wer­den, die den Angeschuldigten mit dem Tag „XXX“ in Verbindung brin­gen, nicht aber mit den hier ange­klag­ten Taten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012

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KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012 (Bei vorhandenen Tags muss die „Erheblichkeit“ eingehend erklärt werden)

Leitsatz: Sind auf einem Anhänger schon Tags vor­han­den, ist ein wei­te­res Tag nicht auto­ma­tisch strafbar.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Jugendschöffengerichts Tiergarten in Berlin vom xx.xx. 2012 mit den zugrun­de lie­gen­den Feststellungen aufgehoben.Das Jugendschöffengericht hat den Angeklagten wegen „gemein­schaft­li­cher Sachbeschädigung“ ‚zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je zehn Euro ver­ur­teilt. Hiergegen wen­det sich der Angeklagte mit sei­ner zuläs­si­gen (Sprung-) Revision, mit der er die Verletzung sach­li­chen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.Aus den Feststellungen und dem übri­gen Urteilsinhalt wird nicht deut­lich, wel­cher der bei­den Absätze vor­liegt bzw. ob sich der Angeklagte über­haupt wegen Sachbeschädigung straf­bar gemacht hat. Aus den Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass die Voraussetzungen des Absatz 2 des § 303 StGB vor­lie­gen. Danach begeht eine Sachbeschädigung, wer unbe­fugt das Erscheinungsbild einer frem­den Sache nicht nur uner­heb­lich und vor­über­ge­hend verändert.Zwar hat das Amtsgericht fest­ge­stellt, dass die von dem geson­dert ver­folg­ten XX gewähl­te Seite des Verkaufsanhängers noch frei war. In wel­chem Umfang und Größe der geson­dert ver­folg­te XX an die­ser Stelle bereits schwar­ze Umrisslinien ange­bracht hat­te, bevor er und der Angeklagte von den Polizeibeamten fest­ge­nom­men wur­den, bleibt jedoch eben­so offen, wie die Frage, in wel­chem Umfang die übri­gen Flächen des Verkaufsanhängers bereits mit Tags besprüht waren.Hiernach war das Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO auf­zu­he­ben und die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO zu neu­er Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012

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AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012 (Es gibt zahlreiche Gründe für Nachahmer)

Leitsatz: Auch bei „typi­schen“ Tags kann eine Nachahmung nie aus­ge­schlos­sen werden.Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird bis auf die Anklagepunkte 1. und 2. abge­lehnt. Sie wäre nur dann mög­lich, wenn bei vor­läu­fi­ger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung wahr­schein­lich ist. Hiervon ist dies­be­züg­lich nicht aus­zu­ge­hen. Der Angeklagte, der bezüg­lich des gleich­lau­ten­den Vorwurfes zu Ziffer 1. gestän­dig ist und bezüg­lich der Tat zu 2 auf­grund der bis­her erfolg­ten Einlassung und der eige­nen Einlassung hin­rei­chend ver­däch­tig ist, bestrei­tet dies­be­züg­lich die Taten. Es kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass die für den Angeklagten typi­schen „Tags“ von jemand ande­rem ver­wen­det wur­den, um den Angeklagten zu grü­ßen, zu imi­tie­ren, zu ärgern oder ihm Respekt zu zol­len. Eine Begutachtung — etwa in Bezug auf ver­wen­de­te Farben und Vergleich mit ansons­ten vom Angeklagten ver­wen­de­ten Farbdosen — ist jeden­falls nun­mehr nicht mög­lich, da laut der Geschädigten die Farbe rück­stand­frei ent­fernt wurde.AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012

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AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009 (Bei Graffiti-„Tags“ kann eine Gruppenverwendung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden)

Leitsatz: Ohne ein­deu­ti­ge indi­vi­dua­li­sie­ren­de Zusätze muss man zuguns­ten des Angeklagten von Gruppentags ausgehen.Der Angeklagte ist schul­dig zwei­er tat­mehr­heit­li­cher Vergehen der Sachbeschädigung. Im Übrigen wird er freigesprochen.Die bei­den letzt­ge­nann­ten Vorwürfe konn­ten dem Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht mit einer zur Verurteilung aus­rei­chen­den Sicherheit nach­ge­wie­sen wer­den, wes­halb inso­weit Freispruch erfol­gen muss­te. Der Angeklagte hat zu die­sen Taten kei­ne Angaben gemacht. Hinweis dar­auf, dass er sie began­gen haben könn­te, konn­ten die auf der Speicherkarte der Digitalkamera gesi­cher­ten Bilder sein. Hier wur­den in der Tat die Tags der Taten vom 02.10.2008 und vom 03.10.2008 foto­gra­fiert. Ob der Angeklagte die Graffitis jedoch gesprüht hat, ist aus die­sen Bildern nicht ersicht­lich. Dem Gericht ist aus meh­re­ren Verhandlungen bekannt, dass es gan­ze Gruppen von Graffitisprayern gibt, die wel­che die sel­ben Tags benut­zen. Es kann ohne indi­vi­dua­li­sie­ren­de Zusätze nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der Angeklagte die besprüh­ten Züge foto­gra­fiert hat, um die Arbeiten“ einer oder sei­ner Gruppe zu doku­men­tie­ren oder ein ande­res Mitglied der Gruppe die Bilder gesprüht hat.AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009

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AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012 (Der Besitz von Fotos reicht für eine Zuordnung nicht)

Leitsatz: Fotografien von Zugbildern zei­gen ein Interesse, mehr nicht.Die Klage wird abge­wie­sen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Graffiti-Verunreinigungen an ihrem Eigentum in Anspruch. Der Beklagte ist Graffiti-Sprayer und als sol­cher sowohl bun­des- als auch euro­pa­weit in der Szene bekannt. Der beklag­te ver­wen­det das TAG „XXXX“.Die zuläs­si­ge Klage hat kei­nen Erfolg.§ 286 Abs.1 ZPO ver­langt für die Überzeugungsbildung des Gerichts und damit für den Tatbestandsnachweis durch die Klägerin einen brauch­ba­ren Grad von Gewissheit, der Zweifel Schweigen gebie­tet, ohne sie völ­lig aus­zu­schlie­ßen, wobei eine über­wie­gen­de Wahrscheinlichkeit für eine Überzeugungsbildung im Rahmen des Vollbeweises nicht aus­reicht. Gemessen an die­sem Maßstab steht für das erken­nen­de Gericht nicht fest, dass der Beklagte Urheber der streit­ge­gen­ständ­li­chen Graffiti-Verunreinigungen war.Das Gericht ver­kennt hier­bei nicht, dass der Beklagte sich im ille­ga­len Bereich der Graffiti-Szene bewegt, was sei­ne unstrei­ti­ge Urheberschaft bezüg­lich des Graffiti-Pieces „XXXX“ an einem Eisenbahnwagen am 21.02.2009 in Klatovy (CR) und auch das Auffinden einer Sturmhaube im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei ihm bele­gen. Gesehen wird auch, dass die streit­ge­gen­ständ­li­chen Graffiti-Verunreinigungen in einer gewis­sen räum­li­chen Nähe um den Wohnort des Beklagten her­um und auch in einem gewis­sen zeit­li­chen Zusammenhang mit der Tat in Klatovy began­gen wurden.Auf der ande­ren Seite ist gerichts­be­kannt und wird auch durch einen ent­spre­chen­den Vermerk in der Ermittlungsakte (Bl. 61 f) bestä­tigt, dass es in der Graffiti-Szene auch ein Nachahmungs-Phänomen gibt, d.h., dass ein­zel­ne TAGs oder Pieces von meh­re­ren Personen benutzt wer­den, wobei sich die unter­schied­li­chen Nutzer mög­li­cher­wei­se durch Details in der Schriftgebung von­ein­an­der abset­zen. Diese Erkenntnis führt vor­lie­gend dazu, dass die streit­ge­gen­ständ­li­chen Graffiti-Verunreinigungen am Eigentum der Klägerin dem Beklagten nicht mit der erfor­der­li­chen Sicherheit zuge­ord­net wer­den können.Auch die auf dem Computer des Beklagten ehe­mals vor­han­de­ne Bilddatei, die im Rahmen des straf­recht­li­chen Ermittlungsverfahrens wie­der­her­ge­stellt wer­den konn­te und einen DB-Triebwagen mit dem Piece „XXXX“ zeigt, ist letzt­lich kein ent­schei­den­des Indiz für die Urheberschaft des Beklagten an den streit­ge­gen­ständ­li­chen Graffiti-Verunreinigungen. Abgesehen davon, dass auch hier die Gestaltung ein­zel­ner Buchstaben von der Gestaltung der streit­ge­gen­ständ­li­chen Pieces abweicht, kann allein aus dem Foto nicht auf eine Urheberschaft des Beklagten bezüg­lich des foto­gra­fier­ten Piece geschlos­sen wer­den. Genauso gut ist denk­bar, dass der Beklagte die­ses Piece foto­gra­fiert hat, um es zukünf­tig nachzuahmen.Die Klage war daher abzuweisen.AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012

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AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013 (Bei Schadenswiedergutmachung ist auch Straffreiheit möglich)

Leitsatz: Stellt die Schadenswiedergutmachung ein beson­de­res „Opfer“ dar, kann von Strafe abge­se­hen werden.Dem Angeklagten wird in der Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück vor­ge­wor­fen, mit dem geson­dert ver­folg­ten F. am xx.xx.2010 in Osnabrück gemein­schaft­lich han­delnd rechts­wid­rig eine frem­de Sache beschä­digt oder zer­stört zu haben. Den Angeklagten wird zur Last gelegt:In bewuss­tem und gewoll­tem Zusammenwirken ver­sa­hen sie als Verwender der Zeichen „XXX“ mit den Tags „XXX“ und „YYY“ den Reisezug der DB Regio AG im Bahnhof Osnabrück mit Graffitis. Dadurch ent­stand der DB Regio AG ein Schaden in Höhe von ca. 850,00 Euro. Die Angeklagten wur­den auf fri­scher Tat ange­trof­fen. Sie waren im Besitz von Graffitiutensilien und hat­ten ihre Tat mit einer Kamera auf­ge­nom­men. Bei dem Angeklagten F. befan­den sich noch gel­be Farbspuren an den Fingern und bei dem Angeklagten N. ein blau­er Farbtropfen auf dem Schuh. Die Feststellungen zum Schuldspruch durch Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2012 sind bin­dend durch den Beschluss des OLG Oldenburg vom xx.xx.2012, durch den das Urteil des Amtsgerichts im Strafausspruch mit den Feststellungen auf­ge­ho­ben und die Sache zu neu­er Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts ver­wie­sen wurde.Die Schadenswiedergutmachung stell­te für den arbeits­lo­sen Angeklagten eine schwe­re finan­zi­el­le Belastung dar. Er war gestän­dig und hat sich in einem Brief bei der Geschädigten ent­schul­digt. Unter die­sen Voraussetzungen konn­te von Strafe auch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft abge­se­hen werden.AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013

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AG Düsseldorf, Beschluss vom 23.4.2013 (Dauerhafte Beschlagnahme des Laptops ist unzulässig)

Leitsatz: Eine drei­mo­na­ti­ge Beschlagnahme des Laptops ist unverhältnismäßig.Anlässlich einer Durchsuchung beim Beschuldigten wegen des Verdachts des uner­laub­ten Veränderns des Erscheinungsbildes von Sachen wur­de unter ande­rem ein Laptop sicher­ge­stellt, da der Verdacht besteht, hier­auf wei­te­re Beweismittel zur Täterschaft des Beschuldigten zu fin­den. Das Laptop befin­det sich seit dem 24.01.2013 bis heu­te im Gewahrsam der Ermittlungsbehörde, ohne dass die Daten, die sich auf dem Gerät befin­den, gesich­tet oder als sog. Image gesi­chert wur­den. Der Beschuldigte trägt unwi­der­spro­chen über sei­nen Verteidiger vor, dass er das beschlag­nahm­te Laptop zur Verfassung eines Praktikumsberichts und ent­spre­chen­der Recherchen drin­gend benö­tigt und als Schüler nicht in der Lage ist, sich ein Ersatzgerät zu beschaffen.Dieser Zeitraum der Beschlagnahme von fast drei Monaten ist nicht mehr ver­hält­nis­mä­ßig, auch wenn der Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten wei­ter­hin besteht. Es ist zwar bekannt, dass die für die Sicherung von Daten und Datenträgern zustän­di­gen Ermittlungsbehörden auf­grund von chro­ni­scher Personalunterbesetzung für die Datensichtung wesent­lich län­ger brau­chen, als dies der rei­ne Sicherung- oder Sicherungsvorgang tat­säch­lich erfor­dert. Dieser bekann­te Missstand kann jedoch nicht dazu füh­ren, dass beschlag­nahm­te Gegenstände, ins­be­son­de­re Arbeitsmittel wie pri­va­te Laptops über Monate in der Beschlagnahme blei­ben, ohne dass eine Beweissicherung durch­ge­führt wird. Die Herstellung des sog. Images als 1: 1 Kopie des Datenträgers eines PCs oder Laptops erfor­dert auch bei Beachtung der aner­kann­ten foren­sisch-tech­ni­schen Verfahren mit­tels der ent­spre­chen­den Software vom rei­nen Aufwand so wenig Zeit, dass eine Beschlagnahme von drei Monaten unter kei­nem Umständen mehr gerecht­fer­tigt wer­den kann.Unter Berücksichtigung auch der Interessen der Ermittlungsbehörden war die Beschlagnahme jedoch nicht mit sofor­ti­ger Wirkung auf­zu­he­ben son­dern die­ser die Möglichkeit zu geben, den Datenträger kurz­fris­tig zu sich­ten oder den auf dem Gerät vor­han­de­nen Datenbestand ord­nungs­ge­mäß zu sichern.Sollte bin­nen Wochenfrist kei­ne Sichtung erfol­gen, ist der Laptop hier­von unab­hän­gig zurückzugeben.AG Düsseldorf, Beschluss v. 23.4.2013

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AG Tiergarten, Beschluss vom 18.1.2013 (Vorverurteilungen wegen desselben Namens reichen für eine Zuordnung nicht)

Leitsatz: Nur weil jemand mehr­fach wegen des­sel­ben Namens ver­ur­teilt wur­de, kann man nicht alles ande­re auch zuordnen.Die Staatsanwaltschaft Berlin legt den Angeschuldigten diver­se Graffiti-Schmierereien zur Last. Wegen der Einzelheiten wird auf die sehr umfang­rei­che Anklageschrift vom xx.xx.2012 verwiesen.Es besteht kein hin­rei­chen­der Tatverdacht gegen die Angeklagten, weil nicht ersicht­lich ist, wie ihnen die Täterschaft nach­ge­wie­sen wer­den soll. Zwar sind die Angeschuldigten nach Aktenlage der har­ten Graffiti-Szene zuzu­rech­nen und die ver­wen­de­ten Tag-Namen konn­ten ihnen in der Vergangenheit auch mehr­mals nach­ge­wie­sen wer­den. Daraus folgt aller­dings ledig­lich eine — für eine Verurteilung nicht aus­rei­chen­de — gewis­se Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie auch die­se Mal für die Schmierereien ver­ant­wort­lich sind. Es kann, auch wenn dies unter Sprayern eher unüb­lich sein mag, nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass ande­re Personen an ihrer statt gesprüht haben. Augenzeugen exis­tie­ren nicht. In einer Hauptverhandlung wären sie daher freizusprechen.AG Tiergarten, Beschluss v. 18.1.2013

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AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013 (Fremdverwendungen von Tags z. B. bei Geburtstagen sind gerichtsbekannt)

Leitsatz: Es ist gerichts­be­kannt, dass bewusst Tags von ande­ren ohne deren Anwesenheit ver­wen­det werden.Dem Angeschuldigten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom xx.xx.2013 zur Last gelegt, in der Zeit von März 2010 bis August 2011 in 37 Fällen jeweils unbe­fugt das Erscheinungsbild einer frem­den Sache nicht nur uner­heb­lich und nicht vor­über­ge­hend ver­än­dert zu haben und sich damit in den genann­ten Fällen jeweils der Sachbeschädigung nach §§ 303, 303 c, 25 Abs. 2, 53 StGB schul­dig gemacht zu haben. Entsprechend eines gemein­sam gefass­ten Tatplanes sol­len sich die Beteiligten in wech­seln­der Beteiligung und teil­wei­se mit wei­te­ren, unbe­kannt geblie­be­nen Mittätern an nach­fol­gend genann­ten Tagen getrof­fen haben, um mit­tels Farbsprühdosen an nach­fol­gend auf­ge­zähl­ten U‑Bahnhöfen ver­schie­de­ne Waggons und Wände groß­flä­chig mit Graffiti-Malereien zu besprü­hen. Dabei soll der Angeschuldigte ent­we­der sei­nen soge­nann­ten Tag-Namen oder ande­re Schriftzüge gesprüht haben, bei denen er mit sei­nem Tag-Namen sei­ne Urheberschaft bestä­tigt haben soll. Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist aus tat­säch­li­chen Gründen abzu­leh­nen, da eine Verurteilung des Angeschuldigten ange­sichts der zur Verfügung ste­hen­den Beweismittel nicht wahr­schein­lich ist. Dem Angeschuldigten ist ange­sichts der zur Verfügung ste­hen­den Beweismittel eine Beteiligung an die­sen Taten nicht mit einer zur Verurteilung erfor­der­li­chen Sicherheit nachzuweisen.Der Angeschuldigte hat von sei­nem Recht Gebrauch gemacht, sich zum Tatvorwurf nicht äußern zu müs­sen. Bei kei­ner der Taten ist der Angeschuldigte auf fri­scher Tat betrof­fen wor­den. Weder Fingerabdrücke noch sons­ti­ge Hinweise von Zeugen deu­ten auf eine Beteiligung des Angeschuldigten hin. Nach dem Ermittlungsergebnis wird von der Staatsanwaltschaft Berlin der Tatverdacht ledig­lich auf eine Zuordnung der Tag-Namen gestützt. Selbst wenn man davon aus­geht, dass der Angeklagte die in der Anklageschrift benann­ten Tag-Namen in der Vergangenheit mal geführt haben soll­te, kann dies nicht zu einer beweis­si­che­ren Überführung des Angeschuldigten bezüg­lich der hier ange­klag­ten Taten füh­ren. Es ist durch­aus denk­bar und nicht unwahr­schein­lich, dass der Angeklagte Urheber die­ser Tags ist. Eine Verurteilung darf aber nur erfol­gen, wenn kei­ne ver­nünf­ti­gen Zweifel an der Täterschaft des Angeschuldigten bestehen blei­ben. Ein Tag hat nicht den Beweiswert eines Fingerabdrucks oder einer Unterschrift. Es ist auch aus ande­ren Graffiti-Verfahren bekannt, dass von Mitgliedern der Gruppe gele­gent­lich, z. B. anläss­lich Geburtstagen eines Mitglieds der Gruppe, des­sen Tag mit ver­wen­det, d.h. mit­ge­zo­gen wird. Eine wei­te­re Aufklärung des Tatgeschehens ist nach dem vor­lie­gen­den Ermittlungsergebnis auch bei Durchführung einer Hauptverhandlung nicht zu erwar­ten. Im übri­gen wird auch auf die Urteilsgründe des inso­weit rechts­kräf­ti­gen Urteils Amtsgerichts Tiergarten vom xx.xx.2013 hin­ge­wie­sen. Dort wur­den der Angeklagte in allen gleich gela­ger­ten Fällen freigesprochen.AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013

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KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012 (Auch große Bilder auf vorbesprühten Wänden können straflos sein)

Leitsatz: Bei erheb­lich vor­be­mal­ten Wänden erklärt sich eine Strafbarkeit auch bei gro­ßen Graffitis nicht mehr automatisch.Auf die Revision des Verteidigers wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom xx. April 2012 mit den zugrun­de lie­gen­den Feststellungen auf­ge­ho­ben. Die Sache wird zu neu­er Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe ver­ur­teilt. Hiergegen wen­det sich der Angeklagte über sei­nen Verteidiger mit sei­ner zuläs­si­gen Revision, mit der er die Verletzung sach­li­chen Rechts rügt.Nach der Sachverhaltsdarstellung des Amtsgerichts „besprüh­te“ der Angeklagte am xx. Mai 2011 in der xxx­stra­ße in Berlin gegen 2.00 Uhr „die Wand einer Hofzufahrt mit einem ca. zwei Mal zwei Meter gro­ßen Graffiti. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat in ihrer Zuschrift vom xx. November 2012 mit Recht aus­ge­führt, dass die­se Feststellungen dem Senat nicht die Überprüfung ermög­li­chen, ob durch das Besprühen der Wand der Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB erfüllt wor­den ist. Eine nur unerhebliche,von § 303 Abs. 2 StGB nicht erfass­te Veränderung liegt unter ande­rem dann vor, wenn sie völ­lig unauf­fäl­lig bleibt, was etwa der Fall sein kann, wenn eine neue Farbauftragung sich auf einer infol­ge bereits vor­an­ge­gan­ge­ner Schmierereien bereits groß­flä­chig ver­un­stal­te­ten Fläche nicht mehr aus­nimmt. Auf dem Rechtsfehler beruht das ange­foch­te­ne Urteil, zumal da das Amtsgericht bei der Strafzumessung von erkenn­ba­ren „Vorschäden“ an der Wand gespro­chen hat.KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012

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VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.2013 (Ein Mitführverbot bei Graffitisprayern von Markern, Sprühdosen etc. ist völlig ungeeignet)

Leitsatz: Es gibt vie­le Wege, ein Mitführverbot auszutricksen.Die ange­foch­te­ne Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller unter Anordnung der sofor­ti­gen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes von 500,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung für die Dauer eines Jahres unter­sagt wor­den ist, im Stadtgebiet X von mon­tags bis frei­tags in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr sowie sams­tags, sonn­tags und an gesetz­li­chen Feiertagen ganz­tä­gig Farbspraydosen, Farbstifte, Farbdosen, Pinsel, Eddingstifte, Filzmarker Vorlage(n), Vorlagen-Skizze(n), Kratz- und Ritzwerkzeuge, Gesichtsmasken und Einweghandschuhe mit­zu­füh­ren, ist rechtswidrig.Es bestehen erheb­li­che Bedenken gegen die Geeignetheit der Ordnungsverfügung, die auch durch die Klageerwiderung vom xx. Juni 2010 nicht aus­ge­räumt wer­den. Nach wie vor ist nicht erkenn­bar, dass der Antragsteller durch die getrof­fe­nen Maßnahmen tat­säch­lich dar­an gehin­dert wird, Graffitis auf öffent­li­chen und pri­va­ten Flächen anzu­brin­gen. Es spielt für den Eintritt des Schadens kei­ne Rolle, ob der Antragsteller — nur auf die­sen bezieht sich die Untersagungsverfügung — oder eine ihn beglei­ten­de Person die für die Anbringung der Graffitis benö­tig­ten Utensilien trägt. Da nicht erkenn­bar ist, dass es für den Antragsteller ein ins Gewicht fal­len­des Problem wäre, die Gegenstände von einem „Kumpel“ zum Tatort brin­gen zu las­sen, zumal es nach den Erfahrungen des Antragsgegners häu­fig vor­kommt, dass „Sprayer“ zu zweit unter­wegs sind, lässt sich der Schadenseintritt durch das Mitführungsverbot nicht ver­hin­dern. Eineweitere Möglichkeit, die Ordnungsverfügung zu umge­hen, ergibt sich dar­aus, dass die Untersagung sich an Werktagen auf die Nachtstunden beschränkt. Dies bedeu­tet, dass es dem Antragsteller unbe­nom­men bleibt, tags­über die benö­tig­ten Gegenstände an einer Stelle zu depo­nie­ren, an der er nachts sei­ne „Tags“ anzu­brin­gen beab­sich­tigt. Angesichts der Offensichtlichkeit der feh­len­den Eignung spricht vie­les dafür, dass die Ordnungsverfügung tat­säch­lich gar nicht bezweckt, die Anbringung von Graffitis gegen den Willen des Betroffenen, d.h. nöti­gen­falls im Wege des Verwaltungszwangs, zu ver­hin­dern. Vielmehr scheint es — wie auch die Klageerwiderung zum Ausdruck bringt — dar­um zu gehen, den jugend­li­chen „Sprayern“ und deren Eltern die Sozialschädlichkeit des Verhaltens vor Augen zu füh­ren und Einsicht her­bei­zu­füh­ren. Die Betroffenen, die nicht kon­sens­wil­lig sind — auf die­se ist bei der Frage der Eignung abzu­stel­len -, dürf­ten dage­gen mit der Ordnungsverfügung schwer­lich zu einer Änderung ihres Verhaltens ver­an­lasst, son­dern eher ange­spornt wer­den, die Umgehungsmöglichkeiten zu nutzen.VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.2013

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OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013 (Ein persönlicher Verzicht bei Schadenswiedergutmachung legt Straflosigkeit nahe)

Leitsatz: Stellt Schadensersatz für einen Sprayer eine Belastung dar, soll­te von Strafe abge­se­hen werden.Der Angeklagte war durch Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx. Februar 2012 wegen gemein­schaft­li­cher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von xxx Tagessätzen ver­ur­teilt wor­den. Dieses Urteil hat­te der Senat auf die Revision des Verteidigers durch Beschluss vom xx. Mai 2012 unter Verwerfung des wei­ter­ge­hen­den Rechtsmittels im Strafausspruch mit den Feststellungen auf­ge­ho­ben und die Sache inso­weit zu neu­er Verhandlung und Entscheidung an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts Osnabrück zurückverwiesen.Mit Urteil vom xx. September 2012 hat das Amtsgericht Osnabrück den Angeklagten nun­mehr unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Geldstrafe ver­warnt. Zugleich Hiergegen wen­det sich die erneu­te, auf die Sachrüge und Verfahrensrügen gestütz­te Sprungrevision des Verteidigers und Angeklagten, die sich ins­be­son­de­re gegen das durch das Amtsgericht (wie­der­um) abge­lehn­te Absehen von Strafe rich­tet und mit der er die Aufhebung des Urteils erstrebt.Die in zuläs­si­ger Weise erho­be­ne Revision hat mit der Sachrüge erneu­ten Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts ist erneut aufzuheben.Ausweislich der Urteilsfeststellungen war der heu­te von öffent­li­chen Leistungen in Höhe von 750 Euro monat­lich leben­de Angeklagte, der den mit einem Mittäter ver­ur­sach­ten Schaden hälf­tig wie­der­gut­ge­macht und sich ent­schul­digt hat, zum Zeitpunkt der Tat arbeits­los, leb­te in ohne­hin engen finan­zi­el­len Verhältnissen, konn­te den Schaden nicht gleich beglei­chen, son­dern muss­te etwas anspa­ren. Diese Feststellungen legen einen per­sön­li­chen Verzicht des Angeklagten zum Schadensausgleich zumin­dest nahe. Eine Ablehnung des Absehens von Strafe ohne genaue Angaben zu den dama­li­gen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie den bestehen­den Verpflichtungen dürf­te des­halb als rechts­feh­ler­haft anzu­se­hen sein.Auf die Revision des Angeklagten war daher das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx. September 2012 auf­zu­he­ben und die Sache an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts Osnabrück zurück­zu­ver­wei­sen, die auch über die Kosten der Revision zu ent­schei­den haben wird.OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013

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OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011 (Bei einer „illegalen“ Hall of Fame ist eine Strafbarkeit nicht offensichtlich)

Leitsatz: Befinden sich unter dem Piece schon alte ande­re, erklärt sich eine Verurteilung nicht ohne Weiteres.Auf die Revision des Verteidigers des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom xx. September 2010 mit den Feststellungen auf­ge­ho­ben. Die Sache wird zu neu­er Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kostendes Rechtsmittels, an eine ande­re Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt zurückverwiesen.Die Beweiswürdigung im amts­ge­richt­li­chen Urteil trägt die Feststellungen zum Sachverhalt nicht. Diese· ist viel­mehr in wei­ten Teilen lücken­haft. Insbesondere wer­den im Rahmen der neu­en Hauptverhandlung auch Feststellungen zur Frage der Erheblichkeit der Veränderungen im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB unter Berücksichtigung des Zustands der betrof­fe­nen Wand zum Tatzeitpunkt zu tref­fen sein, da es sich um eine „ille­ga­le“ Hall of Fame han­del­te und ein wei­te­res Graffiti nicht ohne wei­te­res eine „erheb­li­che“ Veränderung des Erscheinungsbildes darstellte.OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011

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AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013 (Altes „Kamikaze-Foto“ reicht für eine Zuordnung nicht)

Leitsatz: Eine Fotografie vom Zugmalen reicht nicht, um ande­re Zugbilder des­sel­ben Namens ohne ande­re Beweise zuzuordnen.Die Angeklagten sind der Tat 1. schul­dig. Im Übrigen sind sie freizusprechen.Die Angeklagten waren von die­sen Tatvorwürfen aus tat­säch­li­chen Gründen frei­zu­spre­chen, da ihnen eine Beteiligung an die­sen Taten nicht mit aus­rei­chen­der Sicherheit nach­zu­wei­sen war. Die Angeklagten haben sich nicht zur Sache ein­ge­las­sen. Schon im Ermittlungsverfahren haben sie über ihre Verteidiger eine Tatbeteiligung bestrit­ten. Bei kei­ner der Taten sind die Angeklagten auf fri­scher Tat betrof­fen wor­den. Weder Fingerabdrücke noch sons­ti­ge Hinweise von Zeugen deu­ten auf die Angeklagten hin. Der Tatverdacht grün­det sich im Wesentlichen auf die den Angeklagten jeweils zuge­ord­ne­ten Tags, und zwar der Tag-Name XXX für den Angeklagten X und der Tag-Name YYY für den Angeklagten Y.Bezüglich des Angeklagten Y ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zwar erwie­sen, dass er bei der Tat zu 1. der Urheber des Tags YYY gewe­sen ist. Bezüglich des Angeklagten X grün­det sich die Zuordnung des Tag-Namens auf ein beim Mitangeklagten Y auf­ge­fun­de­nes Foto. Auf die­sem Foto ist nach einem Vergleich mit einem Lichtbild aus einer erken­nungs­dienst­li­chen Maßnahme des Angeklagten X die­ser auf dem Bild zu sehen, wie er mit gro­ßer Wahrscheinlichkeit das Tag XXX sprüht. Selbst wenn man davon aus­geht, dass die Angeklagten die Tag-Namen XXX bzw. YYY in der Vergangenheit geführt haben, kann dies nicht zu einer beweis­si­che­ren Überführung der Angeklagten bezüg­lich der hier ange­klag­ten Taten füh­ren. Es ist durch­aus denk­bar und nicht unwahr­schein­lich, dass die Angeklagten Urheber die­ser Tags sind. Eine Verurteilung darf aber nur erfol­gen, wenn kei­ne ver­nünf­ti­gen Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten bestehen blei­ben. Ein Tag hat aller­dings nicht den Beweiswert eines Fingerabdrucks. Die Zuordnung der Tags und der ent­spre­chen­den Straftaten grün­det sich auf die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden, dass bestimm­te Tags nicht unbe­fugt oder unge­kenn­zeich­net nach­ge­ahmt wer­den. Eine ein­deu­ti­ge Zuordnung soll des­halb in der Regel mög­lich sein. Es wer­den damit aber ledig­lich unge­schrie­be­ne Regeln der Subkultur zur Beweisführung im Strafprozess her­an­ge­zo­gen. Dies ist auch im Zusammenhang mit den auf­ge­fun­de­nen Beweismitteln im Übrigen, unter ande­rem den bei ihnen auf­ge­fun­de­nen Fotos und Filmen, ins­ge­samt aller­dings nicht aus­rei­chend, um die Angeklagten der Taten sicher zu über­füh­ren. Im Übrigen ist schon die Inaugenscheinnahme der tat­ge­gen­ständ­li­chen Schmierereien nicht geeig­net, siche­re Übereinstimmungen her­aus­zu­ar­bei­ten. Die Angeklagten waren des­halb man­gels aus­rei­chen­der Beweise freizusprechen.AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013

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AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012 (Auch ganze Ordner mit Fotos eines Namens erlauben keine pauschale Zuordnung)

Leitsatz: Selbst die Angabe von Fotografiezeit und ‑ort bei einem Ordner vol­ler namens­glei­cher Fotos lässt die Möglichkeit offen, dass der „Sprayer“ in Wirklichkeit ein Sammler ist.Die Anklagepunkte 1) bis 17) ent­hal­ten jeweils einen Vorwurf der Sachbeschädigung durch Aufbringen von Graffiti. Vorwurf Nr. 18 der Anklage ent­hält den Vorwurf, der Angeklagte habe in Hattingen an S‑Bahnschienen manu­ell eine Weiche ver­stellt, umda­durch ein Zugunglück her­bei­zu­füh­ren. Sämtliche Vorwürfe beru­hen auf Bildern von Digitalkameras, die bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten auf des­sen Laptopcomputer gefun­den wur­den. Bezüglich der Sachbeschädigungsvorwürfe sind die Anklagepunkte zum Teil mit einem Tatdatum ver­se­hen, zum Teil mit Lagebeschreibungen der Tatorte (Nr. 1, 9, 11 und 12). Der Angeklagte hat kei­ne Angaben zur Sache gemacht. In all­sei­ti­ger Übereinstimmung ist in der Hauptverhandlung dar­auf ver­zich­tet wor­den, förm­lich fest­zu­stel­len, ob die Bilder tat­säch­lich auf sei­nem Computer gefun­den wur­den. Letztlich kam es dar­auf näm­lich nicht an. Selbst wenn man näm­lich davon aus­geht, beweist dies nicht die Täterschaft des Angeklagten. Fest steht damit ledig­lich, dass der Angeklagte auf sei­nem Computer ent­spre­chen­de Fotos vor­rä­tig hat­te. Damit ist jeden­falls davon aus­zu­ge­hen, dass ein ent­spre­chen­des Interesse vor­han­den war. Dies deu­tet mög­li­cher­wei­se auch auf sei­ne Täterschaft inso­weit, als dass man ver­mu­ten kann, dass hier ein Künstler (Täter) sei­ne Werke stolz foto­gra­fiert und gesam­melt hat. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwin­gend. Genauso gut könn­te der Angeklagte hier die „Kunstwerke“ Dritter, die er bewun­dert, gesam­melt haben. Beide Möglichkeiten erschei­nen als plau­si­bel. Insoweit spielt bei der Bewertung auch der auf den Festplatten des Angeklagten sicher­ge­stell­te email-Verkehr eine Rolle. Dort ist bei­spiels­wei­se auf Seite 28, (BI. 139 d. A.) eine Passage zu fin­den, in der davon die Rede ist, dass der Verfasser sich eine ver­nünf­ti­ge Kamera zuge­legt habe und „die Tage noch mal durch Hattingen zie­hen (wer­de), die Pyramiden knip­sen und eine Menge Tags.“ Dies deu­tet eher auf die Variante des Angeklagten als Sammler von Fotos als auf akti­ver Sprayer der ent­spre­chen­den Bilder hin. In jedem Fall fehlt es an wei­te­ren, dar­über hin­aus­ge­hen­den Indizien, die auf den Angeklagten als Täter hindeuten.Bezüglich des Vorwurfs des Eingriffs in den Schienenverkehr (Punkt 18 der Anklage) fehlt es schon an einer ent­spre­chen­den Tat. Zwar exis­tiert inso­weit wie­der­um ein Foto, das den Angeklagten bei einer ver­meint­li­chen oder tat­säch­li­chen Manipulation an einem Bahngleis zeigt. Allerdings ist es bereits im Ermittlungsverfahren nicht gelun­gen, einen ent­spre­chen­den Vorfall zu ermit­teln. Es ist daher völ­lig offen, ob tat­säch­lich eine Manipulation an den Schienen statt­ge­fun­den hat oder ob hier jemand (der Angeklagte?) ledig­lich ent­spre­chend vor der Kamera posiert hat.AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012

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OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013 (Ohne genaue Feststellungen ist im Zweifel von Straffreiheit auszugehen)

Leitsatz: Gibt es kei­ne Urteilsfeststellungen zum Untergrund, zur Größe des Graffitis und zum Vorzustand, ist eine Verurteilung nicht haltbar.Das Amtsgericht — Jugendschöffengericht — Saarbrücken hat den Angeklagten — nach Teileinstellung zahl­rei­cher wei­te­rer Tatvorwürfe — als Heranwachsenden unter Anwendung von Jugendstrafrecht der Sachbeschädigung in 27 Fällen für schul­dig befun­den, die der vor­mals nicht ver­tei­dig­te Angeklagte bereits im Ermittlungsverfahren gestan­den hat­te. Das Gericht hat von Strafe abge­se­hen und ihm auf­ge­ge­ben, nach nähe­rer Weisung des Kreisjugendamtes Saarlouis 180 unent­gelt­li­che Arbeitsstunden inner­halb von 3 Monaten abzuleisten.Gegen das in Anwesenheit der Angeklagten ver­kün­de­te Urteil hat des­sen Verteidiger mit Telefaxschreiben vom xx. Dezember 2012 Revision ein­ge­legt. Die Sprungrevision ist zuläs­sig. In der Sache kann dem Rechtsmittel ein (ggf. vor­läu­fi­ger) Erfolg nicht ver­sagt bleiben.Für die Beurteilung einer Veränderung als „erheb­lich“ ist nicht von Bedeutung, ob das Erscheinungsbild unter ästhe­ti­schen Aspekten ver­bes­sert oder ver­schlech­tert wur­de. Jedoch kann es an einer „erheb­li­chen“ Veränderung feh­len, wenn der Charakter des Erscheinungsbildes durch das Aufbringen eines Graffitos wegen einer Vielzahl an der Sache bereits vor­han­de­ner ande­rer Graffitos nur unwe­sent­lich ver­än­dert wird oder wenn es sich um sehr klei­ne, kaum ins Auge sprin­gen­de Graffitos han­delt. Es kommt nicht sel­ten vor, dass Graffitos an Gegenständen ange­bracht wer­den, an denen sich bereits ande­re Graffitos befin­den. Zwar ist wenig wahr­schein­lich, dass sich in allen der 27 abge­ur­teil­ten Fälle an den frem­den Sachen zuvor bereits ande­re Graffitos befan­den. Ob dies im Einzelfall so war, kann der Senat nicht beur­tei­len, da in dem ange­foch­te­nen Urteil weder das Erscheinungsbild der frem­den Sachen vor und nach dem Aufbringen der Graffitos durch den Angeklagten näher beschrie­ben, noch auf ggfs. in der Gerichtsakte befind­li­che Fotos ver­wie­sen wird, die die Graffitos und das Erscheinungsbild der Gegenstände, an denen sie ange­bracht wur­den, veranschaulichen.Die Urteilsfeststellungen las­sen fer­ner nicht erken­nen, ob und ggfs. mit wel­chem Aufwand sich die vom Angeklagten auf­ge­brach­ten Graffitos wie­der ent­fer­nen las­sen. Angesichts der zum Farbauftrag ver­wen­de­ten Mittel dürf­te zwar eini­ges dafür spre­chen, dass es sich um Veränderungen han­delt, die prin­zi­pi­ell geeig­net sind, einen die Bagatellgrenze über­stei­gen­den Zeitraum hin­aus fort­zu­be­stehen und die sich nicht mit nur mar­gi­na­lem Aufwand (z.B. durch blo­ßes Abwischen) wie­der besei­ti­gen las­sen. Feststellungen dazu feh­len jedoch, so dass das Urteil kei­nen Bestand haben kann.Auf die Revision des Angeklagten war das ange­foch­te­ne Urteil daher mit den zugrun­de­lie­gen­den Feststellungen auf­zu­he­ben und die Sache zur erneu­ten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine ande­re für Jugendsachen zustän­di­ge Abteilung des Amtsgerichts Saarbrücken zurückzuverweisen.OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013

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LG Münster, Beschluss vom 01.08.2018 (Keine Beschlagnahme von Handys bei vorbeschädigter Wand)

Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Münster vom XX.XX.2018 aufgehoben.

 

Gründe:

 

Mit dem ange­grif­fe­nen Beschluss hat das Amtsgericht Münster die Beschlagnahme des am XX.XX.2018 durch Beamte der Polizei Münster sicher­ge­stell­ten Smartphones Apple iPhone des Beschuldigten gem. § 94, 98 StPO ange­ord­net. Gegen die­sen Beschluss hat der Beschuldigte durch sei­nen Verteidiger mit Schriftsatz vom XX.XX.2018 Beschwerde ein­ge­legt; das Amtsgericht Münster hat die­ser mit wei­te­rer Entscheidung vom XX.XX.2018 nicht abge­hol­fen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Die zuläs­si­ge Beschwerde ist begrün­det. Die Voraussetzungen einer Beschlagnahme des Smartphones lie­gen nicht vor.

 

Bezüglich des Vorwurfs der Sachbeschädigung gem. § 303 II StGB ist bereits der erfor­der­li­che Anfangsverdacht nicht gege­ben. Der bekannt gewor­de­ne Sachverhalt fällt nicht unter das vor­be­nann­te Strafgesetz. Entscheidung ist der opti­sche Eindruck einer Sache. Nur uner­heb­lich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes dann, wenn sie völ­lig unauf­fäl­lig bleibt, zum Beispiel auf­grund von vor­an­ge­gan­ge­ner Schmierereien durch Dritte. Eben dies ist hier der Fall. Auf den in der Akte befind­li­chen Lichtbildern ist zu erken­nen, dass sich auf dem gesam­ten dort abge­bil­de­ten unte­ren Bereich des Gasometers bereits flä­chen­de­ckend Graffitis befin­den. Das Erscheinungsbild des Gasometers ist dem­nach durch das Vorhandensein einer Vielzahl von Graffitis geprägt. Unter Berücksichtigung die­ser bereits vor­han­de­nen Graffitis stel­len die nun­mehr von den Beschuldigten auf­ge­brach­ten Graffitis ledig­lich eine uner­heb­li­che Veränderung dar. Sie haben kei­nen Einfluss mehr auf den Charakter des Erscheinungsbildes des Gebäudes.

 

Eine Beschlagnahme des Smartphones zur Ausforschung – das heißt zum Auffinden dar­auf befind­li­cher Aufzeichnungen von wei­te­ren, bis­her unbe­kann­ten und nicht im zeit­li­chen und räum­li­chen Zusammenhang zum hie­si­gen Vorfall ste­hen­den Straftaten – unzulässig.

 

Landgericht Münster, Beschluss vom 01.08.2018

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OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Gegenansicht zu OLG Hamburg, — dort)

Nach der Rechtsprechung des OLG Hamburg liegt bei einer Besprühung von S‑Bahnen eine „gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung“ nach § 304 StGB vor, die eine höhe­re Strafe zur Folge hat. Begründet wird dies damit, dass durch die Besprühung die öffent­li­che Funktion der zum öffent­li­chen Personennahverkehr gehö­ren­den S‑Bahnwagen beein­träch­tigt wor­den ist. Denn durch ein zeit­ge­mä­ßes und anspre­chen­des Erscheinungsbild sol­len Kunden gehal­ten sowie dar­über hin­aus mehr Menschen zum Umsteigen auf den öffent­li­chen Personennahverkehr bewo­gen wer­den. Diese Ansicht teilt das Oberlandesgericht Köln nicht. Denn selbst wenn man die­ser Auffassung im Ansatz fol­gen wür­de, wür­de allei­ne das Besprühen von äuße­ren Flächen des Waggons mit Graffitis die öffent­li­che Funktion des Wagens im Sinne des § 304 StGB nicht auf­he­ben. Das OLG Köln schränkt dies dahin gehend ein, dass in einer Verhandlung fest­ge­stellt wer­den muss, dass die mit Graffiti besprüh­ten Waggons in „besprüh­tem Zustand“ im Nahverkehr ein­ge­setzt wur­den und damit gegen­über den Fahrgästen der Deutschen Bahn tat­säch­lich in Erscheinung getre­ten ist.

 

OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017

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OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Keine gemeinschaftliche Sachbeschädigung bei turnusmäßiger Wartungsarbeit/Reinigung)

Ein Zugwaggon stellt einen dem öffent­li­chen Nutzen die­nen­den Gegenstand gem. § 304 Abs. 2 StGB dar, sodass grund­sätz­lich durch das Aufbringen von Graffiti eine gemein­schäd­li­che Sachbeschädigung mit einem höhe­ren Strafrahmen erfüllt sein kann. Aus der Besprühung allei­ne folgt jedoch nicht, dass auch der Widmungszweck der dem öffent­li­chen Nutzen die­nen den Sache auf­ge­ho­ben wor­den wäre. Wenn das Tatgericht kei­ne kon­kre­ten Feststellungen dazu trifft, ob der Zugwaggon im Rahmen der tur­nus­mä­ßi­gen Wartungsarbeiten oder außer­halb die­ser Wartungsarbeiten gerei­nigt wur­de, ist zuguns­ten des Angeklagten davon aus­zu­ge­hen, dass die Reinigung im Rahmen einer tur­nus­mä­ßi­gen Wartungsarbeit erfolg­te und der öffent­li­che Widmungszweck durch die Besprühung nicht auf­ge­ho­ben wur­de. Es ist daher nur der (ver­min­der­te) Strafrahmen des § 303 Abs. 2 StGB zugrun­de zu legen.

 

OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017

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AG Krefeld spricht Angeklagte wegen nur „unerheblichen“ Veränderns der Wand durch Graffiti frei.

Erneut ein abso­lut rich­ti­ger Erfolg für alle, die Farben mehr bevor­zu­gen als graue Wände. Unseren Mandanten wur­de vor­ge­wor­fen, die Rückseite einer Wand, die schon Vorbeeinträchtigungen auf­wies, „ver­schärft“ ver­schan­delt zu haben. Nach einer umfang­rei­chen Beweisaufnahme mit DNA-Sachverständigem, Fingerabdruck-Sachverständigem und zahl­rei­chen Zeugen hat das Gericht zwar ange­nom­men, dass die Mandanten auch gesprüht haben, aber nach unse­ren Plädoyers und den vor­ge­leg­ten Entscheidungen von uns aus „recht­li­chen Gründen“ trotz­dem frei­ge­spro­chen: „Vorliegend han­delt es sich rein optisch betrach­tet bei dem vom Angeklagten K. ange­brach­ten Graffiti zwar nicht um eine völ­lig unauf­fäl­li­ge Veränderung, denn das Graffiti ist ver­gli­chen mit den vor­an­ge­gan­ge­nen Schmierereien deut­lich grö­ßer und beinhal­tet meh­re­re Farben. Rein auf die opti­sche Veränderung des Erscheinungsbildes abzu­stel­len ver­bie­tet sich indes. Den ande­ren­falls wären grö­ße­re Bemalungen mit Wasserfarbe oder Kreide eben­falls Sachbeschädigungen im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB, was der Gesetzgeber jedoch aus­neh­men woll­te. Daher ist immer auch auf den erfor­der­li­chen Beseitigungsaufwand abzu­stel­len. Dieser hat sich jedoch durch das Anbringen des Graffitis durch den Angeklagten im Verhältnis zum vor­he­ri­gen Zustand nicht erhöht, da bereits zur Beseitigung der frü­he­ren Graffitis das Grundieren und Überstreichen der gesam­ten Garagenrückwand die zweck­mä­ßigs­te Beseitigung war. Da sich das Graffiti des Angeklagten somit im Verhältnis zum Zustand vor dem Aufbringen durch den Angeklagten mit dem sel­ben Kostenaufwand mit ent­fer­nen lässt, den der Zeuge Sch. bereits zuvor hät­te auf­brin­gen müs­sen, ist das Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB in recht­li­cher Hinsicht nicht erfüllt.“

 

AG Krefeld, Urteil vom 24.04.2019

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