Die aufgeführten Urteile etc. stellen nur einen Teil der uns vorliegenden Entscheidungen dar. Sämtliche aufgeführten Entscheidungen sowie weitere Urteile, Beschlüsse und Verfügungen liegen der Kanzlei im Volltext mit Aktenzeichen vor und werden im Rahmen Ihrer Verteidigung verwendet.Die Entscheidungen sind unter den jeweiligen Unterpunkten (höheres Gericht/niedrigeres Gericht) nach Aktualität angeordnet.
Mitführverbot von Graffitiutensilien
Abgrenzung von Tateinheit und Tatmehrheit bei Graffitifällen
- OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei mehreren Tags in zeitlicher und räumlicher Nähe liegt rechtlich nur eine Tat vor)
- OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010 (Auch mehrere Graffitis können rechtlich gesehen nur als eine Tat zu bewerten sein)
Erheblichkeit
Straffreiheit von Graffiti nach neuem Recht
- OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013 (Ohne genaue Feststellungen ist im Zweifel von Straffreiheit auszugehen)
- KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012 (Auch große Bilder auf vorbesprühten Wänden können straflos sein)
- KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012 (Bei vorhandenen Tags muss die „Erheblichkeit“ eingehend erklärt werden)
- OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei „Filzstift“-Tags kann nicht ohne Weiteres von einer Strafbarkeit ausgegangen werden)
- OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011 (Bei einer „illegalen“ Hall of Fame ist eine Strafbarkeit nicht offensichtlich)
- OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009 (Das Anbringen von „Tags“ über vorhandene „Tags“ ist straflos)
- AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011 (Ist ohnehin eine Komplettrenovierung erforderlich, sind weitere Tags straflos)
- AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011 (Bei leichter Entfernung keine Strafbarkeit)
- AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010 (Bei leichter Entfernung keine „erhebliche“ Veränderung der Sache)
- OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013 (Ein persönlicher Verzicht bei Schadenswiedergutmachung legt Straflosigkeit nahe)
- AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013 (Bei Schadenswiedergutmachung ist auch Straffreiheit möglich)
Bildung einer kriminellen Vereinigung durch Graffiti-Sprayer
DNA-Entnahme bei Graffiti-Sprayern
- AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011 (DNA-Entnahme für künftige Strafverfahren bei Graffiti rechtswidrig)
- LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010 (DNA-Entnahme bei fehlendem Vergleichsmaterial unzulässig)
- LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010 (DNA-Entnahme bei einer Verurteilung wegen 15 Graffitis unzulässig)
- AG Bayreuth, Beschluss v. 23.10.2008 (DNA-Entnahme im Falle fehlender Einwilligung bei Graffiti-Sprayern unzulässig)
„Vorsorgliche“ erkennungsdienstliche Behandlung von Graffiti-Sprayern
Unterscheidung zwischen einfacher und gemeinschädlicher Sachbeschädigung durch Graffiti
- OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010 (Graffitis auf U‑Bahnwagen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- OLG Nürnberg, Beschluss v. 11.3.2010 (Graffitis auf öffentlichen Skaterrampen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009 (Die „gemeinnützige“ Widmung einer Sache reicht für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung nicht aus)
- AG München, Urteil v. 11.6.2008 (Besprühen und Edding-„Tags“ auf Einrichtungen der Deutschen Bahn, Landesverkehrsbetriebe u.a. stellen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar)
- OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006 (Graffiti auf U- oder S‑Bahnen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999 (Graffiti auf Eisenbahnwagen u. Brücken keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01 (Graffiti an Friedhofstoiletten u. ‑wänden keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
- OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Gegenansicht zu OLG Hamburg)
- OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Keine gemeinschaftliche Sachbeschädigung bei turnusmäßiger Wartungsarbeit/Reinigung)
Strafbarkeit/Haftung von Crew-Mitgliedern für Gruppen-Bilder u. ‑Tags
- StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008 (Gruppen- oder Crew-„Tags“ können nicht pauschal jedem Gruppenmitglied zugeordnet werden)
- AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008 (Keine zivilrechtliche Haftung für Gruppen- oder Crew-„Tags“)
- AG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.8.2005 (Ist nicht auszuschließen, dass es sich um Gruppentags handelt, kann eine Zuordnung nicht erfolgen)
Zuordnung von Bildern/Tags aufgrund von Zustimmungen in anderen Verfahren zur Einstellung nach § 153 a StPO bei gleichen Buchstabenkürzeln
Zuordnung aufgrund eines Zeugen vom Hörensagen
- AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009 (Graffitis desselben Namens sind ohne Tatzeugen auch bei Zeugen vom Hörensagen nicht zuzuordnen)
- AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009 (Zeugen vom Hörensagen reichen für eine Zuordnung nicht aus)
Zuordnung von Bildern/Tags aufgrund von Black-Books, Fotos, Videos, gleichen Buchstabenkürzeln
- LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012 (Die Möglichkeit von Nachahmungen oder das Vorhandensein einer Crew müssen in Betracht gezogen werden)
- LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011 (Individualtags werden von Bekannten mit angebracht)
- LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008 (Indizwirkung von Fotos, Blackbook und Stadtplan)
- LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006 (Auch ein örtlicher Zusammenhang namensgleicher Bilder reicht nicht für eine Zuordnung)
- LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003 (Beweiswert denunzierender Zeugenaussagen)
- LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002 (Zuordnung von Graffiti-„Tags“)
- AG Würzburg, Beschluss vom 15.5.2015 (Auch Schriftgutachten des LKA sind nicht immer hilfreich)
- AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013 (Fremdverwendungen von Tags z. B. bei Geburtstagen sind gerichtsbekannt)
- AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013 (Altes „Kamikaze-Foto“ reicht für eine Zuordnung nicht)
- AG Tiergarten, Beschluss vom 18.1.2013 (Vorverurteilungen wegen desselben Namens reichen für eine Zuordnung nicht)
- AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012 (Der Besitz von Fotos reicht für eine Zuordnung nicht)
- AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012 (Alleine das Aufgreifen bei einem Bild gleichen Namens und der Besitz entsprechender Fotos sind für eine Zuordnung unzureichend)
- AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012 (Auch ganze Ordner mit Fotos eines Namens erlauben keine pauschale Zuordnung)
- AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012 (Es gibt zahlreiche Gründe für Nachahmer)
- AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012 (Schon aufgrund der Altersstruktur können Nachahmungen nicht ausgeschlossen werden)
- AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011 (Skizzen und Fotos reichen nicht aus)
- AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011 (Ähnlichkeit in Wortwahl und Stil genügt nicht für eine pauschale Täterschaft)
- AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011 (Es müssen stets Nachahmer in Betracht gezogen werden)
- AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011 (Auch der SoKo sind Nachahmer bekannt)
- AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010 (Fotos und Skizzen dokumentieren Interesse und keinen Täterschaft)
- AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010 (Zur Notwendigkeit der Materialgleichheit von Sprühfarbe)
- AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010 (Fotos, Skizzen und Stadtpläne begründen keine Verurteilungswahrscheinlichkeit)
- AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010 (Gleichnamige Graffiti-„Tags“ sind kein Beweis für denselben Urheber)
- AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009 (Bei Graffiti-„Tags“ kann eine Gruppenverwendung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden)
- AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009 (Graffiti-„Tags“ sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar)
- AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009 (Graffiti-Tags sind nicht mit Fingerabdrücken oder DNA vergleichbar und daher nicht zuordnungsfähig)
- AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009 (Pauschale Ähnlichkeiten zwischen Graffiti-Tags reichen für eine Zuordnung nicht aus)
- AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008 (Unterschiede zwischen Graffiti-Tags und Bildern sprechen gegen ein und denselben Urheber)
- AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007 (Graffiti-„Tags“ werden auch nachgeahmt)
- AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008 (Erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Bildern sprechen für Nachahmer)
- AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007 (Graffiti-„Tags“ werden teilweise kopiert und erlauben keine Zuordnung)
- AG Schwetzingen, Urteil vom 6.11.2006 (Auch in der Graffiti-Szene existieren Nachahmer)
- AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001 (Keine unverwechselbare Handschrift bei Graffitis)
- StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008 (Es ist gefestigte Rechtsprechung, dass in der Graffiti-Szene Nachahmer existieren)
- StA Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004 (Graffiti-„Tags“ können auch bei Ähnlichkeit nicht zugeordnet werden)
- GStA Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997 (Kein hinreichender Tatverdacht bei namensgleichen Graffiti-„Tags“)
Guter Glauben bei nicht existenter (legaler) Hall of Fame
Schriftvergleichende Gutachten bei Bildern/Tags gleicher Buchstabenkürzel
- AG Lampertheim, Schriftvergleichsgutachten vom 23.08.2009 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung von Skizzen auf Graffiti)
- AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti-Tags)
- OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti-Tags und Bilder)
Flusssäure-„Tags“
Beschlagnahme von Gegenständen anlässlich einer Personendurchsuchung/Hausdurchsuchung wegen Graffiti
- AG Düsseldorf, Beschluss vom 23.4.2013 (Dauerhafte Beschlagnahme des Laptops ist unzulässig)
- LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Beschlagnahme der Digitalkamera ist unzulässig)
- LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008 (Beschlagnahme von Farbspraydosen und Farbstiften ist unzulässig)
- LG Münster, Beschluss vom 01.08.2018 (Keine Beschlagnahme von Handys bei vorbeschädigter Wand)
Schulrechtliche Konsequenzen bei Graffitis auf dem eigenen Schulgelände
AG Würzburg Beschluss vom 15.5.2015 (Auch Schriftgutachten des LKA sind nicht immer hilfreich)
Leitsatz: Hinsichtlich der Anklagepunkte 1–8 und 10–38 lässt sich trotz umfangreicher, vom Gericht angeordneter Nachermittlungen, ein zur Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht nicht führen, da nicht in einem einzigen dieser Fälle die Täterschaft des Angeklagten nachweisbar ist. So hat das Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 10.04.2014 ergeben, es sei „eine deutliche Tendenz dafür erkennbar, dass die große Mehrheit der fraglichen Tags (welche genau?) vom selben Verursacher stammten“, wer dieser Verursacher ist, lässt sich diesem Gutachten jedoch gerade nicht entnehmen.
Auch der vom Gericht angeregte Abgleich mit dem Verfahren 943 Js xxxx/11 ist ohne brauchbares Ergebnis geblieben (vgl. Untersuchungsbericht des Bayerischen
Landeskriminalamtes vom 24.04.2015) weshalb ein zur Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht insoweit nicht gegeben ist. Auch die Angaben des Zeugen S., der Angeklagte habe ihm im Mai 2012 erzählt, sein persönliches Tag sei „XXXX“, führen zu keinem anderen Ergebnis, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich auch andere Personen dieses Tags bedienen. Ebenso wenig genügt der Umstand, dass der Angeklagte bereits einschlägig vorgeahndet ist, um einen Tatnachweis gegen den Angeklagten führen zu können. Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher in 38 von 39 Anklagepunkten abzulehnen.
KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006 (Graffiti auf U- oder S‑Bahnen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Zwar handelt es sich bei den von dem Angeklagten besprühten bzw. bemalten S- und U‑Bahnwaggons sowie Gleisrückwänden von U‑Bahnhöfen um Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen dienen. Jedoch reicht die Beschädigung der Substanz derartiger Gegenstände zur Erfüllung des Tatbestandes einer gemeinschädlichen Sachbeschädigung nicht aus. Vielmehr muß die Einwirkung gerade die besondere (öffentliche) Funktion der Sache beeinträchtigen, deren Schutz § 304 StGB bezweckt. Daran aber fehlt es vorliegend. Da sowohl die Gleisrückwände ihre Funktionsfähigkeit behielten als auch die U- und S‑Bahnwaggons weiterhin zur Beförderung benutzt werden konnten, stellt das Besprühen von Gleisrückwänden sowie U- und S‑Bahnen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar. KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2006Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nunmehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und keine „Sachbeschädigung“ mehr darstellt, ist das Urteil übertragbar. Hiernach ist davon auszugehen, dass kein „gemeinschädliches“ (höherer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vorliegt, wenn die besondere (öffentliche) Funktion der Sache nicht beeinträchtigt wurde.
BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999 (Graffiti auf Eisenbahnwagen u. Brücken keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Damit durch das Sprühen von Graffiti auch die gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 StGB) erfüllt ist, ist erforderlich, dass durch die Beschädigung gerade die besondere Zweckbestimmung der Sache beeinträchtigt wird. Das ist vorliegend nicht der Fall. Das Besprühen von Brückenteilen, Straßen- und Wegeunter und ‑überführungen sowie Eisenbahnwagen ist keine gemeinschädliche Sachbeschädigung. BayObLG, Beschluss vom 17.5.1999Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nunmehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und keine „Sachbeschädigung“ mehr darstellt, ist das Urteil übertragbar. Hiernach ist davon auszugehen, dass kein „gemeinschädliches“ (höherer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vorliegt, wenn die besondere (öffentliche) Funktion der Sache nicht beeinträchtigt wurde (siehe hierzu auch das Urteil des AG München v. 11.6.2008).
OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01 (Graffiti an Friedhofstoiletten u. ‑wänden keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Damit durch das Sprühen von Graffiti auch die gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 StGB) erfüllt ist, ist erforderlich, dass durch die Beschädigung gerade die besondere Zweckbestimmung der Sache beeinträchtigt wird. Das ist beim Besprühen von Friedhofstoiletten und ‑wänden nicht der Fall. Daher liegt keine gemeinschädliche Sachbeschädigung vor. OLG Schleswig, Beschluss vom 5.1.01Anmerkung der Kanzlei: Obwohl Graffiti nach dem Graffitibekämpfungsgesetz nunmehr ein „Verändern des Erscheinungsbildes einer Sache“ und keine „Sachbeschädigung“ mehr darstellt, ist das Urteil übertragbar. Hiernach ist davon auszugehen, dass kein „gemeinschädliches“ (höherer Strafrahmen) Verändern des Erscheinungsbildes eines Sache vorliegt, wenn die besondere (öffentliche) Funktion der Sache nicht beeinträchtigt wurde (siehe hierzu auch das Urteil des AG München v. 11.6.2008).
LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002 (Zuordnung von Graffiti-„Tags“)
Leitsatz: Selbst wenn es unüblich ist, dass Writernamen von anderen Personen nachgeahmt werden, schließt das nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit aus, dass Dritte — aus Unkenntnis oder auch bewusst — gegen diese ungeschriebene Regel verstoßen. Da diese Möglichkeit bei jeder einzelnen Tat in Betracht gezogen werden muss, kann eine Verurteilung nicht allein darauf gestützt werden, dass bei der jeweiligen Tat ein „Tag“ verwendet wurde, das einem der Angeschuldigten zuzuordnen ist. Diesem Umstand kommt lediglich eine — allerdings erhebliche — Indizwirkung zu. LG Offenburg, Beschluss vom 15.01.2002
BGH, Urteil vom 22.02.95 (Bildung einer kriminellen Vereinigung bei gemeinsamen Graffiti-Aktionen)
Leitsatz: Ein Zusammenschluss von Sprühern kann eine kriminelle Vereinigung darstellen. Es sind jedoch auch Umstände heranzuziehen, die außerhalb des Tatbestands liegen, z.B. die politischen Inhalte der Graffiti (hier: ausländerfeindliche Parolen). Eine Gruppe, die politische Parolen sprüht, kann daher eine kriminelle Vereinigung darstellen.BGH, Urteil vom 22.02.95 (Kritik: Schittenhelm NStZ 1993, 343)
OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti)
Gutachten (Auszug): Also sind bei Original-Graffiti lediglich Analysen gröberer Bewegungsführungen und Formgebungen, der Größen- und Weitenverhältnisse und von Merkmalen der Flächenbehandlung möglich. Auf der schmalen Basis der noch beurteilbaren Grundkomponenten erscheinen von vornherein fundierte Aussagen über Urheberschaftszusammenhänge nur sehr eingeschränkt möglich. […] Selbst bei ähnlichen Graffiti [kann] nicht direkt auf ein und denselben Urheber geschlossen werden. Unter Zugrundelegung von 5 Wahrscheinlichkeitsgraden, wobei der Grad 5 (nicht entscheidbar) der schwächste ist, ist eine solche Zuordnung ähnlicher Graffiti nicht entscheidbar (Grad 5). OLG Düsseldorf, Schriftvergleichsgutachten vom 15.08.1996
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2007 (Verweisung an andere Schule wegen Sprühens auf dem Schulgelände)
Leitsatz: Das Anbringen zahlreicher Tags auf dem Schulgelände bzw. in der Schule kann als Ordnungsmittel die Überweisung in eine andere Schule rechtfertigen.OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2007
LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003 (Beweiswert denunzierender Zeugenaussagen)
Leitsatz: Behauptet ein Zeuge, er sei sich sicher, dass eine Person ein bestimmtes Kürzel male, weil die Buchstaben und Tags gleich gemalt wurden, ist dieser Zeuge ein untaugliches Beweismittel, denn er maßt sich die Sachkunde eines Sachverständigen an.LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.2.2003
AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008 (Erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Bildern sprechen für Nachahmer)
Leitsatz: Alleine die Tatsache, dass der Angeschuldigte in seinen Blackbooks auch das angeklagte Kürzel zeichnet, er (unter anderem) Fotos des Kürzels hat und einen Stadtplan besitzt, in welchem teilweise Tatorte eingezeichnet sind, reicht als Beweis nicht aus, dass er auch — alleine — das Kürzel sprüht. Das Hauptverfahren ist daher in allen 15 Anklagepunkten nicht zu eröffnen.AG Nürnberg-Fürth, Nichteröffnungsbeschluss vom 31.3.2008
AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007 (Graffiti-„Tags“ werden teilweise kopiert und erlauben keine Zuordnung)
Leitsatz: Es ist nicht vertretbar, aufgrund eines angefertigten „Tags“ alle Tags desselben Kürzels zuzuordnen, da Tags teilweise kopiert werden.AG Hamburg, Urteil vom 18.1.2007
Staatsanwaltschaft Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004 (Graffiti-„Tags“ können auch bei Ähnlichkeit nicht zugeordnet werden)
Leitsatz: Auch wenn die vorliegenden Tags Ähnlichkeiten aufweisen, rechtfertigt dies keine pauschale Zuordnung, denn in der Sprayer-Szene sind Nachahmer aufgetreten.StA Würzburg, Einstellungsverfügung vom 09.07.2004
Generalstaatsanwaltschaft Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997 (Kein hinreichender Tatverdacht bei namensgleichen Graffiti-„Tags“)
Leitsatz: Nur die Namensgleichheit erlaubt noch keine Zuordnung aller Tags desselben Namens. Dies reicht für einen hinreichenden Tatverdacht nicht aus.GStA Bremen, Einstellungsverfügung vom 28.04.1997
AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001 (Keine unverwechselbare Handschrift bei Graffitis)
Leitsatz: Bei Graffitis gibt es keine unverwechselbare Handschrift. Daher reichen auch die beschlagnahmten Skizzen und Fotos nicht aus, um alle Graffitis des gleichen Namens zuzuordnen.AG Aurich, Beschluss vom 18.11.2001
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008 (Indizwirkung von Fotos, Blackbook und Stadtplan)
Leitsatz: Auch das Zusammentreffen von Fotos, Skizzen und einem Stadtplan mit teilweisen Markierungen, welche möglichen Tatorten zugeordnet werden können, reicht alleine nicht aus, um einem Beschuldigten sämtliche Tags/strongilder des vorgeworfenen Namens zuzuordnen, wenn sowohl die Fotos als auch die Skizzen nicht nur ausschließlich den betreffenden Namen, sondern auch andere Buchstabenkürzel zeigen.LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.05.2008
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006 (Auch ein örtlicher Zusammenhang namensgleicher Graffitis reicht nicht für eine Zuordnung)
Leitsatz: Auch die örtliche Nähe zwischen namensgleichen Graffitis reicht nicht aus, um jedes Graffiti pauschal zuzuordnen. Es muss bei jedem einzelnen Graffiti in Betracht gezogen werden, dass dieses von einem Nachahmer erstellt wurde. Eine Zuordnung vermag nur ein Schriftgutachten zu leisten.LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.04.2006
AG Tiergarten, Urteil vom 15.08.2007 (Werden Graffiti-„Tags“ mittels „Flusssäure“ in Scheiben geätzt, ist dies erheblich strafschärfend zu berücksichtigen)
Leitsatz: Die Benutzung der hochätzenden Flüssigkeit „Flusssäure“ für Graffiti-Tags in Scheiben rechtfertigt auch bei einem nicht vorbestraften Täter die Verhängung der Höchststrafe von 2 Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung.AG Berlin Tiergarten, Urteil vom 15.08.2007
AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007 (Graffiti-„Tags“ werden auch nachgeahmt)
Leitsatz: Die Tatsache, dass die Nachahmung von „Tags“ szeneunüblich ist, schließt gleichwohl Nachahmungen nicht aus. In allen einzelnen Fällen muss zu Gunsten des Angeschuldigten unterstellt werden, dass es sich jeweils um Nachahmungen handelt. Dies gilt auch dann, wenn der Angeschuldigte bei einer Tat — von seiner Freundin — beobachtet wurde. Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist daher in allen 77 Anklagepunkten abzulehnen.AG Bochum, Beschluss vom 09.11.2007
AG München, Urteil vom 11.6.2008 (Besprühen und Edding-„Tags“ auf Einrichtungen der Deutschen Bahn, Landesverkehrsbetriebe u.a. stellen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar)
Leitsatz: Von einer gemeinschädlichen Sachbeschädigung, deren Strafrahmen erheblich höher ist, ist auch nach der Neufassung des § 304 StGB nur dann auszugehen, wenn der durch die Sachbeschädigung dem Gemeinwohl dienende Zweck der Sache aufgehoben oder eingeschränkt ist, was bei einfachen „Tags“ nicht der Fall ist.AG München, Urteil vom 11.6.2008
StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008 (Gruppen- oder Crew-„Tags“ können nicht pauschal jedem Gruppenmitglied zugeordnet werden)
Leitsatz: Bei Gruppen-„Tags“ muss immer in Betracht gezogen werden, dass dieses ohne Wissen der anderen Gruppenmitglieder aufgesprüht wurde. Man kann Gruppen-„Tags“ daher nicht ohne weitere Beweise pauschal einem bestimmten Gruppenmitglied zuordnen.StA Bochum, Einstellungsverfügung vom 29.7.2008
OLG Thüringen, Beschluss vom 27.4.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen öffentlicher Betriebe keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Die Frage, ob für die strafschärfende gemeinschädliche Sachbeschädigung durch Graffitis auch eine Beeinträchtigung der öffentlichen Funktion der Sache erforderlich ist, ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Eine von § 304 Abs. 1 StGB abweichende Auffassung wäre allerdings systemwidrig. Denn gerade die Beeinträchtigung des öffentlichen Nutzungsinteresses hat den in § 304 StGB über die einfacvhe Sachbeschädigung des § 303 StGB hinausgehenden Unrechtsgehalt und damit auch den höheren Strafrahmen zur Folge. Eine gemeinschädliche Sachbeschädigung ist das nur dann gegeben, wenn eben diese öffentliche Funktion beeinträchtigt oder aufgehoben wurde.OLG Thüringen, Beschluss vom 27.4.2007
AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008 (Keine zivilrechtliche Haftung für Gruppen- oder Crew-„Tags“)
Leitsatz: Ein so genanntes „Gruppentag“ weist nicht auf einen Einzeltäter, sondern auf eine Tätergruppe hin, von der jeder als eigentlicher Verursacher in Betracht kommen kann. Zivilrechtlich führt das jedoch nicht dazu, dass alle Gruppenmitglieder für ein „Tag“ haften, das ein einzelnes Gruppenmitglied gesprüht hat. Eine Haftung anderer Gruppenmitglieder käme nur dann in Betracht, wenn ihre konkrete Beteiligung an der jeweiligen Sachbeschädigung festgestellt werden könnte.AG Hannover, Zivilurteil vom 26.6.2008
AG Schwetzingen, Urteil vom 6.11.2006 (Auch in der Graffiti-Szene existieren Nachahmer)
Leitsatz: Selbst bei einem ähnlichen Stil ist nicht gänzlich auszuschließen, dass einzelne oder alle „Tags“ nicht vom angeklagten, sondern von Dritten stammen. Es war daher nicht möglich, dem Angeklagten zweifelsfrei einzelne Taten zuzuordnen. Auch in der Graffiti-Szene sind Nachahmer nicht auszuschließen.AG Schwetzingen, , Urteil vom 6.11.2006
AG Frankfurt a. M., Urteil 29.8.2005 (Ist nicht auszuschließen, dass es sich um Gruppentags handelt, kann eine Zuordnung nicht erfolgen)
Leitsatz: Ist nicht auszuschließen, dass das „Tag“-Kürzel ein Gruppentag ist, bestehen an der Täterschaft erhebliche Zweifel, da eine pauschale täterschaftliche Zuordnung nicht in Frage kommt.AG Frankfurt a. M., Urteil 29.8.2005
AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008 (Unterschiede zwischen Graffiti-Tags und Bildern sprechen gegen ein und denselben Urheber)
Leitsatz: Die pauschale Vermutung, dass der Angeschuldigte die angegebenen „TAGS“ benutzt hat, reicht zur Feststellung seiner Täterschaft nicht aus, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein „TAG“ von mehreren Personen benutzt oder nachgemacht wird. Konkrete Beweise dafür, dass die sog. Graffitis von dem Angeschuldigten angebracht worden sind, bestehen nicht. Wie die in der Akte befindlichen Fotos zeigen weisen die „TAGS“ zum teil deutliche Differenzen auf; jedes „TAG“ ist individuell gefertigt worden, so dass der Rückschluss, der Urheber sei ein und dieselbe Person allenfalls nahe liegt, aber keineswegs zwingend ist. Ein „TAG“ kann nicht mit absoluter Sicherheit — etwa wie ein Fingerabdruck oder eine DNA — ohne weiteres einer einzelnen Person zugeordnet werden. Selbst wenn also, was allerdings aufgrund der Aktenlage auch nicht zweifelsfrei feststeht, der Angeschuldigte ein entsprechendes „TAG“ ein-oder mehrmals irgendwo gesprüht haben sollte, stünde damit nicht fest, dass er der Urheber aller ähnlichen „TAGS“ ist, worauf der Verteidiger zutreffend hinweist. Für keinen der einzelnen Tatvorwürfe stehen Zeugen zur Verfügung, die den (oder die) Täter bei der Tatausführung beobachtet haben. Eine geständige Einlassung des Angeschuldigten ist nicht zu erwarten.Fraglich bleibt auch der unter Ziffer 11 der Anklage bezeichnete Fall. Letztlich vermag das Gericht nicht zu erkennen, welche der vorgefundenen Buchstabenkombinationen der Angeschuldigte gesprüht haben soll. Die Zuordnung der in einem Abfallkorb in Tatortnähe aufgefundenen Spraydose ist nicht zweifelfrei mögich, entsprechende Farbanhaftungen wurden bei dem Angeschuldigten nicht vorgefunden.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher in allen 28 Anklagepunkten abzulehnen.AG Warendorf, Beschluss vom 07.11.2008
AG Bayreuth, Beschluss v. 23.10.2008 (DNA-Entnahme im Falle fehlender Einwilligung bei Graffiti-Sprayern unzulässig)
Leitsatz: Die DNA Entnahme ist beim Vorwurf zahlreicher illegaler Graffitis ohne Einwilligung des Betroffenen unzulässig.Das Amtsgericht Bayreuth hatte mit Beschluss vom 18.09.2008 die molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen des Beschuldigten zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren angeordnet. Zu diesem Zwecke war die Entnahme einer Speichelprobe, bei Weigerung eine ärztliche Blutentnahme bestimmt worden.Der Beschluss war im Rahmen einer Abhilfeentscheidung aufzuheben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 81g Abs. 1 StPO mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht begründet werden können.Das Sprühen von Graffiti ist Sachbeschädigung, für welche das Gesetz einen Strafrahmen von 1 Monat bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Schon die Strafandrohung zeigt, dass der Gesetzgeber die Straftat als solche noch nicht einmal dem Bereich der mittleren Kriminalität zuordnet. Auch mag der Straftatenkatalog zum ehemaligen DNA-IFG-Gesetz sowie in § 81g Abs. 1 StPO a.F. ein Anhaltspunkt sein, welche Anlasstaten der Gesetzgeber als Straftaten von erheblicher Bedeutung ansah. Die Sachbeschädigung gehörte nicht dazu.Auch diese dem Beschuldigten zur Last liegende Anzahl von Straftaten mit dem genannten Gesamtschaden führt zwar zu einer erheblichen Belästigung und einer damit verbundenen empfindlichen Störung des Rechtsfriedens, die Taten haben jedoch nicht das Ausmaß, dass durch die Sachbeschädigungen das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung in erheblicher Weise beeinträchtigt wäre.Üblicherweise versteht man darunter im strafrechtlichen Bereich die Verunsicherung der Bevölkerung durch Mittel- und Schwerkriminalität. Bei Graffiti-Schmierereien diesen in der Schadenshöhe beschränkten Ausmaßes handelt es sich dagegen um Straftaten im „Kleinkriminellen-Milieu“, die vorliegend nicht geeignet sind, das Empfinden der Bevölkerung und ihr Vertrauen in eine effektive Strafverfolgung und in den Rechtsschutz erheblich zu treffen.Der Beschluss war daher auf die zutreffende Begründung des Verteidigers des Beschuldigten aufzuheben.AG Bayreuth, Beschluss vom 23.10.2008
StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008 (Es ist gefestigte Rechtsprechung, dass in der Graffiti-Szene Nachahmer existieren)
Leitsatz: Es ist mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, dass Nachahmer desselben „Tags“ in der Graffiti-Szene existieren.Der Beschuldigte hat sich bislang auf Anraten seines Verteidigers nicht zur Sache eingelassen. Mit einer geständigen Äußerung ist nicht zu rechnen. Auch was die Identifikation des Beschuldigten durch den Tag-Namen anbelangt, steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, ob es sich hierbei um ein sogenanntes Einzel- oder aber ein Gruppentag handelt. Wer tatsächlich der Verursacher des jeweiligen Graffiti war, kann letztlich nicht festgestellt werden. Insbesondere kann selbst bei Verwendung eines Einzeltags eine Nachahmung durch andere Personen nicht ausgeschlossen werden. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung gilt dies selbst dann, wenn derartige Imitationen im Falle von Einzeltags in einschlägigen Kreisen missbilligt und verachtet werden. Wie auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertreten, muss diese Möglichkeit grundsätzlich bei jeder Einzeltat ernsthaft in Betracht gezogen werden. Der immer wiederkehrenden Verwendung des gleichen Tags kommt damit letztlich nur schwache Indizwirkung zu. Diese Indizwirkung lässt sich im vorliegenden Fall nicht durch weitere vorhandene Beweismittel mit hinreichender Sicherheit erhärten. Das Verfahren war daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen.StA Nürnberg, Einstellungsverfügung vom 31.10.2008
LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Digitalkameras dürfen in der Regel nicht beschlagnahmt werden)
Leitsatz: Digitalkameras kommen bei Graffiti-Straftaten nicht in Betracht.Die Beschwerde ist begründet, soweit sie sich gegen die Beschlagnahme der Digitalkamera und der Hülle wendet. Die Digitalkamera und die Hülle kommen als Beweismittel nicht in Betracht, so dass sie herauszugeben sind. Die für das Strafverfahren relevanten Informationen befinden sich auf dem Speicherchip. LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008
AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2008 (Selbst bei einer Zustimmung zur Einstellung in einem Parallelstrafverfahren ist eine Zuordnung nicht möglich)
Leitsatz: Ohne Tatzeugen oder andere Beweismittel ist eine Zuordnung anderer Graffitis desselben Kürzels nicht möglich.Der Angeschuldigten wird vorgeworfen, am xx in Düsseldorf eine fremde Sache beschädigt zu haben, indem sie Nachts zwei auf dem Abstellbahnhof Düsseldorf stehende Reisezugwagen mit den. Nummern xx und xx der Deutschen Bahn AG mit Graffitis besprüht haben sollen. Als Beweismittel sind benannt die Zeugen B. und A. sowie als Augenscheinsobjekte die Ablichtungen aus der Beiakte.Die Beiakte betrifft ein Verfahren gegen die Angeschuldigte wegen Sachbeschädigung am xx. Dieses ist nach § 153 a StPO eingestellt worden. Dort sollen dieselben „Tags“ wie im hiesigen Verfahren verwandt worden sein. Die Verwendung derselben „Tags“ lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass es sich um ein und denselben Täter handelt. So hat die Gutachterin im Gutachten Bl. 107 ff GA ausgeführt, dass es keine personengebundenen „Tags“ gibt und es Nachahmer und Fälscher gibt. Des Weiteren wird ausgeführt, dass eine Urheberschaft mit gutachterlichen Mitteln nicht nachgewiesen werden kann.Der Zeuge A. kann nach der hiesigen Aktenlage lediglich bekunden, dass er die Strafanzeige aufgenommen hat und festgestellt hat, dass am xx um xx Uhr Graffitis an Reisezugwagen und Treibfahrzeugen angebracht wurden. Personen sind vor Ort nicht angetroffen worden. Der Zeuge B. soll eine dunkel gekleidete schlanke Person beobachtet haben, wie sie sich zwischen den hier beschädigten Wagen befand. Nähere Angaben zum Tatverdächtigen wurden nicht gemacht. Die von der Staatsanwaltschaft benannten Beweismittel reichen für einen hinreichenden Tatverdacht daher nicht aus.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Düsseldorf war daher nicht zum Hauptverfahren zuzulassen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens war somit abzulehnen.AG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2008
AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung ähnlicher Graffiti-Tags)
Leitsatz: Ein geringer grafischer Gehalt der fraglichen Tags erschwert fundierte Aussagen über Urheberzusammenhänge. Soweit anhand der vorliegenden Reproduktionen erkennbar ist, bestehen die fraglichen Graffiti lediglich aus einfachen, wenig individualisierten und hinsichtlich ihrer Formgebung und Bewegungsführung variablen Schriftmerkmalen. Die kurzen und unverbundenen Schriftzüge, die sich zum Teil aufgrund von bereits vollzogenen Reinigungshandlungen nur noch schemenhaft andeuten, sind grafisch äußerst unergiebig. Neben vorlagenbedingten Defiziten ergeben sich auch hinsichtlich ihrer Eigenprägung und Komplexität erhebliche Einschränkungen für die Möglichkeit einer beweiskräftigen Urheberschaftsaussage. Insbesondere sind darin kaum mehr individuelle grafische Merkmale enthalten, die für eine Urheberidentifizierung erforderlich wären. Bei der systematischen Analyse der fraglichen Beschriftungen im Graffiti-Stil mit den von Herrn XXX zur Verfügung stehenden Vergleichsschriftproben konnten mit Ausnahme von allgemeinen grafischen Ähnlichkeiten ‑und dies auch nur mit Blick auf eine kleine Teilmenge des gesamten fraglichen Schriftkomplexes — keine hinreichend gewichtigen Übereinstimmungen festgestellt werden, die eine Aussage in Richtung Urheberidentität begründen würden. In Anbetracht des grundsätzlich geringen grafischen Gehalts der fraglichen Tags würden sich die Aussichten auf eine erfolgreiche Feststellung der Schrifturheberschaft sehr wahrscheinlich auch dann nicht wesentlich ändern, wenn zum einen die fraglichen Beschriftungen im Original vorlägen und zum anderen, wenn eine Optimierung der Vergleichsbasis durch Einholung von ergänzenden nicht im Sachzusammenhang entstandenen Schriftproben im Stile und Wortlaut der fraglichen Beschriftungen gelänge. AG Essen, Schriftvergleichsgutachten vom 17.05.2008
LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008 (Beschlagnahme der Digitalkamera ist unzulässig)
Leitsatz: Beweisrelevante Daten sind auf Speicherkarten enthalten, der Beschlagnahme der Kamera bedarf es nicht. Auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 11. Juli 2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. Juli 2008 aufgehoben, soweit darin die Beschlagnahme einer Digitalkamera CASIO EXLIM und einer Hülle für einen Fotoapparat richterlich bestätigt worden ist.Gegen den Beschuldigten wird wegen des Verdachts der Sachbeschädigung ermittelt. Ihm wird vorgeworfen, einen Zug der Berliner S‑Bahn mit Graffiti besprüht zu haben. Er wurde am XX.XX.XXXX gegen 16.00 Uhr auf dem S‑Bahnhof L. von Polizeibeamten dabei beobachtet, wie er einen besprühten S‑Bahnzug fotografierte. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Sachen wurden ein Ringbuchblock mit Graffititags, eine Digitalkamera, die u. a. Fotos der besprühten Bahn enthält, ein Speicherchip und eine Hülle für den Fotoapparat sichergestellt. Mit Beschluss vom 8. Juli 2008 bestätigte das Amtsgericht Tiergarten die Beschlagnahme der vorgenannten Gegenstände. Dagegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner Beschwerde vom 11. Juli 2008, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.Die Beschwerde ist begründet, soweit die Beschlagnahme der Digitalkamera und der Hülle bestätigt wurde. Die Digitalkamera und die Hülle kommen als Beweismittel nämlich nicht in Betracht, so dass sie herauszugeben sind. Die für das Strafverfahren relevanten Informationen befinden sich auf dem Speicherchip.LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2008
LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008 (Beschlagnahme von Farbspraydosen und Farbstiften ist unzulässig)
Leitsatz: Bei einer Wohnungsdurchsuchung gefundene Sprühdosen unterliegen nicht der Beschlagnahme. Soweit das Amtsgericht durch den mit der Beschwerde vom 27.06.2008 ebenfalls angefochtenen Beschluss vom 23.06.2008 die Beschlagnahme der sichergestellten Gegenstände und Unterlagen bestätigt hat, erfolgte dies nur insoweit zu Recht, als hiervon die schriftlichen Unterlagen, lose Blätter und Kladden betroffen waren. Denn diese Unterlagen werden im Original als Beweismittel für die weitere Auswertung der Urheberschaft bestimmter Graffitis benötigt. Demgegenüber war die Beschlagnahme nicht für die fünf Farbspraydosen und die Box mit Farbstiften in verschiedenen Farbtönen zu bestätigen, da nicht feststellbar ist, ob eine Farbe an einer Wand aus einer bestimmten Farbspraydose bzw. von einem bestimmten Farbstift stammt.LG Mönchengladbach, Beschluss vom 7.10.2008
OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007 (Graffiti auf Starkstromkästen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Auf Stromkästen gesprühte Tags sind nicht „gemeinschädlich“. Durch die Veränderung des Erscheinungsbildes wurde indes nicht die besondere öffentliche Funktion der Starkstromkästen, deren Schutz § 304 StGB bezweckt, beeinträchtigt, so dass § 304 Abs. 2 StGB nicht erfüllt ist.Die Frage, ob zu der Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB — ebenso wie bei dem Beschädigen nach § 304 Abs. 1 StGB — die Beeinträchtigung der öffentlichen Funktion des Tatobjekts hinzukommen muss, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt und auch im Gesetzgebungsverfahren anlässlich des 39. StÄG vom 01.09.2005 unerörtert geblieben (vgl. BT-Drs. 15/5313). Eine von § 304 Abs. 1 StGB abweichende Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Veränderung des Erscheinungsbildes wäre allerdings systemwidrig. Denn gerade die Beeinträchtigung des öffentlichen Nutzungsinteresses hat den in § 304 StGB über die einfache Sachbeschädigung des § 303 StGB hinausgehenden Unrechtsgehalt und damit auch den höheren Strafrahmen zur Folge. Im Übrigen wäre es auch widersprüchlich, wenn für die eingriffsintensivere Beschädigung nach § 304 Abs. 1 StGB das einschränkende Merkmal der Beeinträchtigung der öffentlichen Nutzungsfunktion verlangt würde, für die vergleichsweise geringfügigere Einwirkung auf das Tatobjekt durch die Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB jedoch nicht. OLG Thüringen, Beschluss vom 27.04.2007
AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009 (Pauschale Ähnlichkeiten zwischen Graffiti-Tags reichen für eine Zuordnung nicht aus)
Leitsatz: Äußere Ähnlichkeiten zwischen Tags sind lediglich Indizien. Nur bezüglich der beiden Ziffern 13. und 21. ergeben sich durch sichere Identifizierungen des Angeklagten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verurteilung, die jedoch in den übrigen Fällen fehlen: Die Zuordnung eines jeweiligen „Tags“ zu einem Sprayer ist zwar grundsätzlich zutreffend, bedarf jedoch für eine die Verurteilung stützende Überzeugung zusätzlicher individueller Anhaltspunkte. Diese fehlen bei den Taten 1. bis 12. und 14. bis 20. Nach derzeitiger Sach-und Rechtslage liegt deshalb nach Auffassung des Gerichts ein hinreichender Tatverdacht gegen den Angeklagten — außer in den Fällen 13. und 21. — aus tatsächlichen Gründen nicht vor (§ 204 Abs. 1 StPO).Nach Aktenlage und unter Berücksichtigung der gegebenen prozessualen Möglichkeiten besteht in einer gedachten Hauptverhandlung keine Wahrscheinlichkeit für eine Beweisführung, wonach der Angeklagte die übrigen 19 Taten begangen haben könnte:Die pauschale Vermutung — belegt durch die gefertigten Lichtbilder — dass der Angeklagte die angegebenen „Tags“ benutzt hat, reicht zur Feststellung seiner Täterschaft nicht aus, zumal er in der Hauptverhandlung zum Sachverhalt keine Angaben machen wird.Deshalb wird sich im Rahmen einer Hauptverhandlung nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen lassen, ob die in den Anklagepunkten 1–12 und 14. bis 20. dem Angeklagten zugerechneten „Tags“ von ihm stammen oder es sich um sogenannte „Gruppen-Tags“ handelt.Auch hier lassen sich in keinem dieser genannten Fälle sichere optische Übereinstimmungen dahingehen treffen, dass der Angeklagte — und nur er persönlich — diese Farbschmierereien angebracht hat. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist nach vorläufiger Tatbewertung unter Berücksichtigung des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten und dem Aussageverhalten — vor allem des Zeugen H. — eine Verurteilung nicht zu erwarten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war deshalb in dem im Beschlusstenor ersichtlichen Umfang aus tatsächlichen Gründen mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO abzulehnen.AG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2009
AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009 (Graffiti-Tags sind nicht mit Fingerabdrücken oder DNA vergleichbar und daher nicht zuordnungsfähig)
Leitsatz: Graffiti-Tags können von einigermaßen geübten Dritten nachgeahmt werden. Die Angeschuldigte hat bislang die angeklagten Taten bestritten bzw. keine Angaben zur Sache gemacht und eine geständige Einlassung ist insoweit nicht zu erwarten. Für keinen einzelnen der nicht zugelassenen Tatvorwürfe stehen Zeugen zur Verfügung, die die Angeschuldigte bei der Tatausführung beobachtet haben.Selbst wenn Imitationen in Graffii-Kreisen missbilligt oder gar sanktioniert werden sollten, so schließt dies nicht aus, dass Dritte — aus Unkenntnis oder auch bewusst ‑gegen diese Regel verstoßen. Da diese Möglichkeit bei jeder einzelnen Tat ernsthaft in Betracht gezogen werden muss, kann eine Verurteilung in keinem der angeklagten Fälle allein darauf gestützt werden, dass bei der jeweiligen Tat ein „Tag“ verwendet wurde, das einem Angeschuldigten zuzuordnen ist. Diesem Umstand, auf den die Staatsanwaltschaft die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts stützt, kommt lediglich eine — wenn auch nicht unerhebliche — Indizwirkung zu. Ein „Tag“ kann nicht mit der einem Fingerabdruck oder einer DNA vergleichbaren ausreichender Sicherheit ohne weiteres einer einzelnen Person zu geordnet werden.Die beschlagnahmten Lichtbilder begründen — auch in der Zusammenschau mit den übrigen Indizien — keinen hinreichenden Tatverdacht. Sie zeigen zwar teilweise das Ergebnis einzelner angeklagter Sachbeschädigungen; auch dies lässt jedoch nicht zweifelsfrei darauf schließen, dass der Besitzer der Abbildungen — die Angeschuldigte ‑an den jeweiligen Taten beteiligt war oder diese allein begangen hat. Denn es ist in keinem Fall mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass sie mit den Aufnahmen die „Werke“ anderer möglicher Gruppenmitglieder nur dokumentierte, ohne selbst zwingend als Mittäterin beteiligt gewesen zu sein. Das gilt auch insbesondere deshalb, weil auf den Lichtbildern noch weitere Personen bei den „Graffiti“-Aktionen zu sehen sind.Weitere Nachermittlungen sind nicht erfolgversprechend. So ist insbesondere nicht zu erwarten, dass ein Schrift- und/oder Kunstsachverständiger individuelle Merkmale feststellen kann, die es erlauben, der Angeschuldigten bestimmte Einzeltaten sicher zuzuordnen. Ein eindeutiges Ergebnis eines Schriftgutachten dürfte schon daran scheitern, dass bei den gesprühten „Tags“ die für eine Unterschrift charakteristischen feinmotorischen Besonderheiten fehlen; eine Stilanalyse verspricht deshalb keinen Erfolg, weil die von der Anklage umfassten „Graffiti“ letztlich keine derartig individuelien Merkmale aufweisen, die eine besondere Kunstfertigkeit voraussetzen und darum nicht ohne weiteres von einem einigermaßen geübten Dritten nachgeahmt werden könnten.Aus den genannten Gründen war die Eröffnung des Hauptverfahrens teilweise mangels hinreichenden Tatverdachts abzulehnen. AG Münster, Beschluss vom 24.03.2009
AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009 (Zeugen vom Hörensagen reichen für eine Zuordnung nicht aus)
Leitsatz: Eine Zuordnung von Bildern/Tags desselben Kürzels kann ohne direkte Tatzeugen nicht erfolgen.Die Angeklagten werden freigesprochen.GründeDie Schuldvorwürfe ergeben sich aus den zugelassenen Anklagesätzen.Die Angeklagten waren freizusprechen, weil die ihnen zur Last gelegten Straftaten aus tatsächlichen Gründen nicht festgestellt werden konnte.[…]Nach Verlesung der Aussage der Zeugin XX konnte auch hinsichtlich des weiteren Tatvorwurfs gegen den Angeklagten XX eine Täterschaft nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, da die Zeugin nicht Tatzeugin war, sondern lediglich das „Tag“ des Angeklagten erkannt hat, die Herkunft von diesem jedoch nicht bekunden konnte und eine solche nicht aus dem „Tag“ als solchem geschlossen werden kann. Eine pauschale Zuordnung ist nicht möglich. Ein Zeuge vom Hörensagen ist für einen Tatnachweis nicht tauglich, da der Wahrheitsgehalt nicht überprüfbar ist.Die Angeklagten waren daher in sämtlichen Anklagepunkten freizusprechen.AG Heinsberg, Urteil vom 4.6.2009
AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009 (Graffitis desselben Namens sind ohne Tatzeugen auch bei Zeugen vom Hörensagen nicht zuzuordnen)
Leitsatz: Ohne Tatzeugen kann auch bei pauschalem Einräumen gegenüber Dritten keine Zuordnung erfolgen.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom xx.xx.2009 wird insoweit zur Hauptverhandlung zugelassen, wie dem Angeschuldigten XXX eine Sachbeschädigung vom xx.xx.2008 (Fall 12 der Anklage) zur Last gelegt wird. Hinsichtlich dieser Tat wird das Hauptverfahren beim Amtsgericht Rahden eröffnet.Im Übrigen wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.Was die Taten zu 1.–11. und 13. der Anklage anbelangt, so konnte das Hauptverfahren nicht eröffnet werden. Es fehlt am hinreichenden Tatverdacht im Sinne von § 203 StPO. Die beiden Angeschuldigten haben sich zu den Tatvorwürfen nicht eingelassen.Es ist nicht zu erwarten, dass die Angeschuldigten im Falle einer Hauptverhandlung überführt werden könnten.Nach Angaben der Zeugen XX und YY soll die Angeschuldigte XXX erklärt haben, dass sie selbst, der Angeschuldigte XXX und weitere Personen Schmierereien verursachen würden. Diese Äußerungen der Angeschuldigten XXX waren allerdings allgemein gehalten. Sie hat zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass sie und der Angeschuldigte XXX gerade die in der Anklage genannten Taten begangen hätten. Bei dieser Sachlage reichen die angeblichen Äußerungen der Angeschuldigten XXX nicht aus, um die Angeschuldigten als überführt anzusehen. Die vom Zeugen XXX übergebene DVD hat mit den Taten aus dem vorliegenden Verfahren nichts zu tun. Als Täter einer Sachbeschädigung sind die beiden Angeschuldigten dort nicht zu sehen.Von entscheidender Bedeutung ist letztlich, dass es bei den Taten zu 1.–11. und 13. der Anklage keine unmittelbaren Tatzeugen gegeben hat. In keinem Fall sind die beiden Angeschuldigten bei der Begehung dieser Straftaten beobachtet worden. Insgesamt gesehen ist die Beweislage so schwach, dass im Falle einer Hauptverhandlung mit einem Freispruch der Angeschuldigten zu rechnen wäre.AG Rahden, Beschluss vom 13.7.2009
AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009 (Graffiti-„Tags“ sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar)
Leitsatz: Bei Graffiti-„Tags“ kann mangels Besonderheiten ein Schriftvergleichsgutachten keinen Zuordnungsbeweis erbringen.Dem Angeklagten wird mit der Anklageschrift vom xx.xx.2009 vorgeworfen, am xx.xx.2008 in Rheine unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorrübergehend verändert zu haben. Er soll in der Abstellgruppe des Hauptbahnhofs Rheine den Reisezugwagen Nr.: xxxx xxxx xx‑x unter anderem mit den sogenannten Tags „XXX“ und „XXX“ besprüht haben. Am Reisezugwagen sei ein Sachschaden von ca. 990,00 Euro entstanden. Tatzeugen sind nicht bekannt. Der Bejahung des hinreichenden Tatverdachts legt die Staatsanwaltschaft Münster zugrunde, dass beim Angeklagten anlässlich einer Durchsuchung am xx.xx.2008 auf den Personalcomputern, Zetteln, einer CD und einem Blackbook des Angeklagten die Graffititags „XXX“ und „XXX“ aufgefunden wurden. Auf die Fotos und Skizzen (Blatt 13 bis 22 d.A.) wird Bezug genommen.Das Gericht vermag auf Grundlage dieses Sachverhaltes einen hinreichenden Tatverdacht nicht zu bejahen. Einen Tatnachweis könnte ggf. dann geführt werden, wenn auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens zuverlässig fest steht, dass die sichergestellten Tags und die Tags auf den Reisewaggons von demselben Urheber stammen. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass der Sachverständige aufgrund der gegenwärtigen Erkenntnisse zu einem solchen Ergebnis kommen wird. Die gesprühten Tags sind nicht mit einer Unterschrift vergleichbar.Hier fehlen die für eine solche charakteristische Besonderheiten. Darüber hinaus ist bereits für einen Laien zu erkennen, dass es zwischen den Tags auf den Zugwaggons und denen auf Blatt 13 bis 22 der Akten erkennbare Unterschiede gibt. Auf die Ausführungen des Verteidigers in dessen Schriftsatz vom 14.04.2009 (Blatt 46 ff. der Akten) wird insofern Bezug genommen.Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es durchaus denkbar ist, dass eine andere Person die Tags benutzt hat.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher gemäß § 204 Abs. 1 StPO aus tatsächlichen Gründen abzulehnen.AG Rheine, Beschluss vom 6.7.2009
AG Wismar, Beschluss vom 2.9.2009 (Guter Glaube an Hall of Fame lässt Vorsatz entfallen)
Leitsatz: Wer annehmen darf und annahm, es handele sich um eine „legale“ Wand, hat keinen Strafvorsatz.Den Angeschuldigten wird mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Schwerin vom xx.xx.2009 vorgeworfen, in der Zeit vom xx.xx.2008 bis xx.xx.2008 in Wismar und Grevesmühlen als Heranwachsende durch 4 Straftaten jeweils gemeinschaftlich unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert zu haben.Voraussetzung für Eröffnung eines Hauptverfahrens ist ein hinreichender Tatverdacht, dass heißt die Wahrscheinlichkeit späterer Verurteilungen (§ 203 StPO). Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Beweismittel ist hier für alle 4 Taten ein hinreichender Tatverdacht nicht zu bejahen. Hinsichtlich der Taten zu 1. und 4. war festzustellen, dass am xx.xx.2008 und auch am xx.xx.2008 eine Observation des Angeschuldigten X erfolgte, jedoch während dieser Observation keinerlei Feststellungen zu den den Angeschuldigten zur Last gelegten Taten getroffen werden konnten. Die Observanten tragen in ihren Observationsberichten lediglich Vermutungen vor.Dies ist kein hinreichender Tatverdacht, um ein Hauptverfahren gegen die Angeschuldigten zu führen. Hinsichtlich der Taten zu 2. und 3. war nachweislich festzustellen, dass die betreffenden Angeschuldigten im Glauben berechtigt zu sein die Wand in Grevesmühlen im xx-Weg zu besprühen, handelten. Dies wird bestätigt durch die Zeugenaussagen D. und des Zeugen W. Damit ist auch hier ein hinreichender Tatverdacht für die den Angeschuldigten zur Last gelegten Handlungen nicht gegeben.Zusammengefasst ist, wenn auch vieles für die Täterschaft der Angeschuldigten spricht, ein zweifelsfreier Nachweis für die Täterschaft nicht zu führen, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abzulehnen war.AG Wismar, Beschluss vom 2.9.2009
AG Lampertheim, Schriftgutachten vom 23.8.2009 (Schriftvergleichsgutachten zur Zuordnung von Skizzen auf Graffiti)
Leitsatz: Von Skizzen desselben Namens kann nicht auf die Urheberschaft namensgleicher Graffiti geschlossen werden.Gemäß Beweisbeschluss des Amtsgerichts Lampertheim vom xx.xx.2009 (Blt. 89 d.A.) soll ein schriftvergleichendes Gutachten zu der Frage erstattet werden, ob die in der Anklageschrift vom xx.xx.09 insgesamt 52 bezeichneten „Tags“ dem Angeschuldigten zugeordnet werden können.Zudem soll ein schriftvergleichendes Gutachten zu der Frage erstattet werden, ob „das Graffiti auf dem Lkw-Anhänger (amtliches Kennzeichen xx-xx XXX) und die bei dem Beschuldigten sichergestellten Skizzen denselben Urheber haben. Außerdem ist zu prüfen, ob das gesprühte Graffiti und das gezeichnete Graffiti personenverschiedene oder personengleiche Urheber haben.[…]VergleichsschriftmaterialAn Vergleichsschriftmaterial, das bei dem Beschuldigten im Rahmen einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurde, stehen verschiedene Graffiti-Entwürfe {tags und pieces) zur Verfügung. Sie sind in dem Sonderband Sicherstellung zum Aktenzeichen xx Js xx/09 G asserviert. […]Nun gelten allerdings für die Untersuchung von Graffitis besondere bzw. andere methodische „Regeln“. Zum einen liegen meist keine Originale vor, sondern lediglich fotografische Reproduktionen. Mithin können feine Details der Linienführung (z.B. Absetzungen oder die Bewegungsrichtung) nicht oder nicht exakt analysiert werden. Hinzukommt, dass Graffitis die beim sonstigen Schreiben analysierbare, wichtige „dritte Dimension“, also der Schreibdruck, fehlt. Zwar können, wie das Beispiel X64 zeigt, je nach verwendetem „Schreib“-Utensil noch Strich-Entstehungsreihenfolgen bestimmt werden, in der überwiegenden Zahl der (hier vorliegenden) Fälle — insbesondere bei gesprühten Schriften — geht diese Information aber auch reproduktionsbedingt verloren.Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass keine einheitliche Aufnahmetechnik bei der Sicherung der Graffitischriften besteht; so kommt es durchaus zu perspektivischen Verzerrungen, die u.U. andere interne Proportionen der Schriftzüge suggerieren, als sie tatsächlich vorlagen (vgl. z.B. Graffiti_XXXX_KVS333_Nr.001).Und ein Weiteres: Bei verschiedenen Objekten nimmt der Sprayer eine „ungewohnte“ Körper- bzw. Schreibhaltung ein, die meist durch die Lage der ausgewählten Schreibfläche bedingt ist. Das extremste Beispiel hierfür ist die Beschriftung des Fallrohrs (Bild XI).Diese fachsprachlich als Effektorkonstellation bezeichnete Schreibhaltung kann je nach Körperstellung völlig von der Konfiguration der am Schreibprozess beteiligten Körperpartien abweichen, wie sie beim Herstellen eines Entwurfs in einem sog. black-book besteht: Wird dort in Augen- oder Hüfthöhe oder in der Hocke mit verdrehtem Oberkörper etc. in der vertikalen Ebene geschrieben“, so wird der Entwurf in der Regel in der horizontalen Ebene sitzend auf einer festen Schreibunterlage gefertigt Hinzu kommen andere Faktoren wie das Schreiben im Format DIN A 4 in Ruhe in den eigenen vier Wänden als großflächig und ggf. in der Situation der möglichen Entdeckung.Weiterhin besteht auch ein Unterschied, ob mit einer Sprühdose oder mit einem Bleistift geschrieben wird. Alle diese Faktoren stellen Einschränkungen der schriftvergleichenden Methodik dar, die je nach Konstellation die Befundbewertung gegen non liquet gehen lassen können.Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass tags so wenig ergiebig sein können, dass der Identifizierungswert der Schriftmerkmale extrem gering und damit eine Urheberschaftszuordnung nicht mehr möglich ist. Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass es der einschlägigen Literatur zufolge sog. Gruppentogs gibt, d.h. solche Schriftzüge, die mehrere Gruppenmitglieder verwenden und die sich u.U. nur durchbestimmte Applikationen (Oval, Anführungszeichen, Ausrufungszeichen, Pfeil, Unterstreichung) unterscheiden, wobei die Ergiebigkeitsolcher bildhafter Elemente und damit ihr Individualwert ebenfalls sehr gering ist. Wenn man schließlich bedenkt, dass Graffitis auch Gemeinschaftsarbeiten darstellen können, so wird der Ergiebigkeitsgehalt noch weiter reduziert.[…]Ergebnis und ZusammenfassungDie im Beweisbeschluss gestellte Frage beantworte ich zusammenfassend daher wie folgt:1. Die Frage, ob die in der Anklageschrift vom xx.xx.09 bezeichneten „Tags“ dem Angeschuldigten zugeordnet werden können“, ist nicht entscheidbar. Der Hauptgrund hierfür ist in den Mängeln des Vergleichskorpus zu sehen, das weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht annähernd tatschriftadäquat ist.Zwar lässt der Umstand, dass beide Arten von tags bei dem Beschuldigten vorkommen (sofern davon ausgegangen wird, dass X/V von ihm stammt und auch V34 von ihm herrührt), seine Urheberschaft für die fraglichen Schriftzüge möglich erscheint, eine hoch belastbare Urheberschaftsaussage ist aber aus den genannten Gründen nicht vertretbar.2. Die Feststellung einer gemeinsamen Urheberschaft von gesprühtem und gezeichneten Graffiti ist aus methodischen Gründen nicht möglich, da den Schriftzügen jeweils andere Schreibtechniken zugrunde liegen.3. Ein Urheberschaftszusammenhng zwischen den inkriminierten Graffitis und den beim Beschuldigten sichergestellten Unterlagen kann nicht festgestellt werden, weil partiell textgleiche Entwürfe in Bezug auf das piece XXX dort zwar enthalten sind, jedoch — soweit überhaupt zuverlässig analysierbar — weitgehend Abweichungen bestehen. Für die Schriftzüge XXX und XXX sind die in der Methodik der Schriftvergleichung geltenden Grundsätze anzuwenden, wonach textgleiches Material Voraussetzung für eine Vergleichsanalyse ist, das aber im Vergleichskorpus nicht ausreichend enthalten ist.Im vorliegenden Fall kann methodisch seriös noch nicht einmal festgestellt werden, ob die Schriftzüge XXX und XXX von einem einzigen Urheber herrühren, weil „XXX“ und „XXX“ bis auf das „C“ (C vs. c) keine gemeinsamen Buchstaben auf weisen, der verglichen werden könnten. Und selbst die „C“ sind verschieden. AG Lampertheim, Schriftgutachten vom 23.8.2009
StA Zürich-Limmat (Schweiz), Einstellungsverfügung vom 26.10.2009 (Alleine die Buchstabengleichheit reicht für eine Anklageerhebung nicht aus)
Leitsatz: Buchstabengleichheit ist auch beim Ergreifen auf frischer Tat nur ein Indiz, das ohne weitere Beweise keine Anklage rechtfertigt.Zwischen Freitag, xx.xx. 2008, ca. 17.00 Uhr, und Montag, xx.xx. 2008, ca. 07.00 Uhr, wurden drei Baucontainer der Firma XXX an der xxstrasse in Winterthur von einer unbekannten Täterschaft beschädigt, indem darauf mit tels silbernem Farbspray die Schriftzüge XXXX und XXX, die mit schwarzer und roter Farbe umrandet wurden, und der Schriftzug XXX mit schwarzem Farbspray gesprayt wurde.Bezüglich der dem Strafbefehl zugrundeliegen den Sachverhalte ist der Angeschuldigte geständig. Aufgrund desselben Schriftzuges wurde der Angeschuldigte verdächtigt, ebenfalls für den Schriftzug auf den Baucontainern der XXX verantwortlich zu sein.Der Angeschuldigte bestreitet eine Tatbeteiligung an dieser Sachbeschädigung vehement. Alleine die Tatsache, dass auf diesen Baucontainern derselbe Schriftzug angebracht wurde, vermag eine Tatbeteiligung des Angeschuldigten nicht rechtsgenügend nachzuweisen, insbesondere da am Tatort keinerlei Spuren, die eine Täterschaft desAngeschuldigten nachzuweisen vermöchten, sichergestellt werden konnten. Andere Beweismittel liegen nicht vor. Die Untersuchung gegen den Angeschuldigten wegen Sachbeschädigung ist deshalb ohne Weiterungen einzustellen.StA Zürich-Limmat (Schweiz), Einstellungsverfügung vom 26.10.2009
LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010 (DNA-Entnahme bei einer Verurteilung wegen 15 Graffitis unzulässig)
Leitsatz: Graffitis sind ohne Weiteres keine „Straftaten von erheblicher Bedeutung“.Auf die Beschwerde des Betroffenen hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2009 aufgehoben.Der Antrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom xx.xx.2009 auf Entnahme einer Speichelprobe und deren Untersuchung zur Feststellung des DNA Identifizierungsmusters wird als unbegründet zurückgewiesen.Durch den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2009, auf den verwiesen wird, hat das Amtsgericht auf den Antrag der Staatsanwaltschaft vom xx.xx.2009 angeordnet, dass dem Betroffenen Körperzellen entnommen und zur Feststellung der DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden dürfen, wobei bei Nichteinwilligung die zwangsweise Entnahme angeordnet wurde.Dagegen richtet sich die Beschwerde des Betroffenen. Wegen der Begründung der Beschwerde wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Verteidigers vom xx.xx.2010 Bezug genommen.Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.Die Voraussetzungen für die Anordnung der Entnahme von Körperzellen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters, um in künftigen Strafverfahren zur Identitätsfeststellung verwendet werden zu können (§ 81 g IV, I 1 StPO), liegen nicht vor, da es insbesondere an einer Erheblichkeit der Straftat gemäß § 81 g I 1 1. Alt. StPO aber auch an einer der Erheblichkeit gleichzusetzenden Form der wiederholten Begehung nach § 81 g I 2 StPO fehlt.Eine Sachbeschädigung durch Sprayen von Graffitis stellt keine Straftat von erheblicher Bedeutung nach § 81 g I 1 1. Alt. StPO dar, da es sich hierbei weder um ein Verbrechen handelt, noch um ein schwerwiegendes Vergehen. Das Delikt wird nur auf Antrag verfolgt und kann mit Geldstrafe sanktioniert werden, daher würde es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, allein aufgrund der Vorverurteilung wegen Sachbeschädigung in 15 Fällen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen die DNA-Entnahme anzuordnen.Darüber hinaus sind aber auch die Voraussetzungen des § 81 g I 2 StPO nicht erfüllt, wie sich allein schon aus der Höhe der ausgesprochenen Strafe ergibt.Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und der Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. LG Osnabrück, Beschluss v. 20.1.2010
OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009 (Das Anbringen von „Tags“ über vorhandene „Tags“ ist straflos)
Leitsatz: Graffitis sind nicht immer eine „erhebliche“ Veränderung einer Sache.Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.Die Angeklagte wird freigesprochen.Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts — Jugendrichter- Dortmund vom xx.xx.2009 wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung zu einem Freizeitarrest verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte über ihren Verteidiger rechtzeitig Rechtsmittel eingelegt, das sie mit weiterem bei dem Amtsgericht Dortmund am xx.xx.2009 eingegangenen Schriftsatz ihres Verteidigers vom selben Tage als Revision bezeichnet und mit den näher ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet hat.Die nach §§ 55 JGG, 335 Abs. 1 StPO statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und hat auch in der Sache mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts Erfolg.Nach § 303 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Dabei wird unter Veränderung des Erscheinungsbildes jede Umgestaltung ihres Äußeren verstanden. Entscheidend ist dabei der optische Eindruck einer Sache. Unter Zugrundelegung dieses Ansatzes könnte zunächst darauf abgestellt werden, durch die Markierungen mit dem Edding-Stift sei durchaus eine Veränderung des visuellen Eindrucks des Fahrzeugs entstanden. Allerdings darf diese Veränderung nicht nur unerheblich sein. Nur unerheblich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes indes, wenn sie völlig unauffällig bleibt, z. B. aufgrund schon vorangegangener Schmierereien durch Dritte. Nach diesen Maßstäben können die erfolgten Markierungen mit dem Edding-Stift nicht als erheblich angesehen werden. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Fahrzeug des Geschädigten bereits mit zahlreichen Farbbemalungen versehen war, bevor die Angeklagte weitere Markierungen setzte. Dass diese neben den vorhandenen Bemalungen erheblich und eindeutig zu erkennen waren, ergibt sich dagegen nicht.Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen beruht und nur auf Freispruch erkannt werden kann, kann im vorliegenden Fall eine eigene Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 354 Abs. 1 StPO erfolgen.Die Angeklagte ist daher freizusprechen. OLG Hamm, Beschluss v. 21.4.2009
OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009 (Die „gemeinnützige“ Widmung einer Sache reicht für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung nicht aus)
Leitsatz: Die öffentliche Funktion des „Tatobjekts“ muss für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung aufgehoben sein.Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen im Übrigen aufgehoben.Die Sache wird mit der genannten Maßgabe zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafrichterabteilung des Amtsgerichts Essen zurückverwiesen.Der Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil der gemeinschädlichen Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 2 StGB in zwei Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,00 € verurteilt worden.Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die er unter näheren Ausführungen seines Verteidigers mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet hat.Die gem. § 335 Abs. 1 StPO statthafte Sprungrevision ist rechtzeitig und form- und fristgerecht begründet worden.Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in zwei Fällen gem. § 304 Abs. 2 StGB nicht. Eine Verurteilung wegen einer Straftat nach § 304 Abs. 1 oder 2 StGB erfordert nämlich Feststellungen dazu, dass die Einwirkung gerade die besondere (öffentliche) Funktion der Sache beeinträchtigt, deren Schutz § 304 StGB bezweckt. Die Feststellung einer Beeinträchtigung der öffentlichen Funktion des Tatobjekts ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich genannt. Sie wird jedoch nach allgemeiner Auffassung, der der Senat sich anschließt, für erforderlich gehalten. Gerade die Beeinträchtigung des öffentlichen Nutzungsinteresses begründet den in § 304 StGB über die einfache Sachbeschädigung nach § 303 StGB hinausgehenden Unrechtsgehalt und hat den damit höheren Strafrahmen zur Konsequenz.Zwar ist die Frage, ob zu der Veränderung des Erscheinungsbildes nach § 304 Abs. 2 StGB — ebenso wie bei dem Beschädigen nach § 304 Abs. 1 StGB — die Beeinträchtigung der öffentlichen Funktion des Tatobjekts hinzukommen muss, auch im Gesetzgebungsverfahren anlässlich des 39. StÄG vom 01. September 2005 bei Einführung des Absatz 2 unerörtert geblieben. Eine unterschiedliche Behandlung dieses Erfordernisses bei den Tathandlungen nach Abs. 1 und Abs. 2 des § 304 StGB wäre jedoch widersprüchlich und systemwidrig.Das Vorhandensein einer entsprechenden Beeinträchtigung liegt bei den getroffenen Feststellungen auch nicht auf der Hand.Die Sache war gem. § 354 Abs. 2 StPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen — Strafrichter — zurückzuverweisen.OLG Hamm, Beschluss v. 8.1.2009
AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010 (Gleichnamige Graffiti-„Tags“ sind kein Beweis für denselben Urheber)
Leitsatz: Gleichnamige „Tags“ begründen ohne weitere Umstände keine Verurteilungswahrscheinlichkeit.Die Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom xx.x.xx wird hinsichtlich der Anklagepunkte 1 und 23 zur Hauptverhandlung zugelassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird hinsichtlich der genannten beiden Fälle gegen die Angeschuldigten XX, XX, XX und XX das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Hersbruck — Jugendrichter — eröffnet.Im Übrigen wird die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.Hinsichtlich der Fälle 2–22 und 24 der Anklage ist nach Aktenlage mit einer Verurteilung der Angeklagten nicht zu rechnen. Es ist grundsätzlich nicht möglich, von der Verwendung eines bestimmten Tags auf eine konkrete Person als Urheber dieses Tags zu schließen. In den Fällen 1 und 23 sind den Akten dagegen weitere Indizien zu entnehmen, die der Nachprüfung in einer Hauptverhandlung bedürfen.AG Hersbruck, Beschluss vom 7.1.2010
AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010 (Fotos, Skizzen und Stadtpläne begründen keine Verurteilungswahrscheinlichkeit)
Leitsatz: Alleine auf Indizien kann eine Verurteilung nicht gestützt werden.Eine Verurteilungswahrscheinlichkeit besteht nicht.Die Angeklagten selbst haben sich zu den Anklagevorwürfen bislang nicht eingelassen. Zwar wurden bei den im selben Haus wohnhaften beiden Angeklagten auf deren gemeinsam genutzten PC zahlreiche Fotografien von Graffiti festgestellt, die in der Ausführung und der Art der bei den Angeklagten vorgefundenen Graffitiskizzen auffallende Ähnlichkeiten aufweisen.Die Angeklagten haben jedoch die bei ihnen aufgefundenen Graffitiskizzen bislang nicht als von ihnen stammend anerkannt. Auch das im Ermittlungsverfahren eingeholte Schriftsachverständigengutachten hat insoweit keine weitere Aufklärung erbracht und kommt zu dem Ergebnis, dass schriftvergleichend sich nicht feststellen lässt, ob die inkriminierten Schreibleistungen von einem der beiden Angeklagten gefertigt worden sind.Selbst wenn, wie zu vermuten ist, die Graffitiskizzen von ihnen gefertigt wurden, so lässt sich dennoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, wer von den beiden Angeklagten die jeweilige Graffitiskizze gezeichnet hat, wobei auch jederzeit für die im gemeinsamen Haushalt lebenden Angeklagten die Möglichkeit bestand, die Graffitiskizzen untereinander auszutauschen.Die Ergreifung der beiden Angeklagten anlässlich der Tatausführung zu Ziffer 11 der Anklage macht deutlich, dass die Angeklagten auch gemeinsam Graffiti anbringen und „Pieces“ fertigen mit den Schriftzügen ihrer „Tags“, ohne dass sich im Einzelfall feststellen lässt, ob die Angeklagten gemeinsam oder einzeln die ihnen zur Last gelegten Taten ausgeführt haben. Bei den „Tags“ handelt es sich um ein sogenanntes „Crewtag“, mithin um ein solches, welches von beiden benutzt wird. Wer es schließlich bei den jeweils ausgeführten Graffiti verwendet hat, bleibt daher fraglich. Auch das Vorhandensein verschiedener Graffitiablichtungen auf den jeweiligen Benutzerflächen des gemeinschaftlich von den Angeklagten verwendeten PCs lässt keine zuverlässigen Rückschlüsse darauf zu, wer das jeweilige Graffito gesprüht oder sonst wie gefertigt hat.Eine Verurteilung ist auf dieser Grundlage nicht zu erwarten, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der Taten 1 — 10, 12 — 17 und 19 abzulehnen war.AG Dillenburg, Beschluss vom 9.2.2010
AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010 (Zur Notwendigkeit der Materialgleichheit von Sprühfarbe)
Leitsatz: Die Anwesenheit am Tatort begründet alleine keinen hinreichenden Tatverdacht.Mit der Anklage wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, in der Nacht vom xx.xx.xxxx gemeinschaftlich mit den gesondert Verfolgten XX und XX aufgrund eines spontanen Tatplanes die Wand der Fußgängerbrücke in der XXX Straße in Frankfurt (Oder) mit Graffiti besprüht zu haben. Dadurch wurde das Erscheinungsbild der Wand nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) sieht das Gericht, ausgehend vom Ergebnis der Ermittlungen, nicht den für die Eröffnung des Hauptverfahrensnotwendigen hinreichenden Tatverdacht.Der Angeschuldigte hat sich, ebenso wie seine Mittäter, nicht eingelassen. Über seinen Verteidiger hat der Angeschuldigte zudem mitgeteilt, sich auch künftig nicht zur Sache äußern zu wollen. Nach dem Ermittlungsergebnis existieren keine Zeugen, welche den Angeschuldigten bzw. seine Mittäter bei der Tatausführung beobachtet hätten. Nicht ersichtlich ist, dass einer der beiden Mitangeschuldigten bereits wegen der Tat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden wäre und somit als Zeuge gegen den Angeschuldigten zur Verfügung stehen würde.Auch existieren keine objektiven Beweismittel, aus welchen heraus daraus der Schluss zu ziehen wäre, dass der Angeschuldigte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hätte. Wie von der Verteidigung angemerkt, war der Angeschuldigte zwar mit den mutmaßlichen Mittätern im benannten Zeitraum am Tatort anwesend, jedoch wurde kein Vergleich des Materials der mitgeführten Spraydosen mit dem an der Wand aufgetragenen Farbstoffe durchgeführt.Mithin kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die vom Angeschuldigten mitgeführten Sprayflaschen tatsächlich auch für das Anbringen der Graffiti verwendet wurden.Auch bietet das Ermittlungsergebnis keinen Hinweis darauf, dass wenigstens eines der angebrachten Tags vom Angeschuldigten üblicher Weise verwendet worden ist. Dem zufolge war die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen.AG Eisenhüttenstadt, Beschluss vom 26.2.2010
OLG Nürnberg, Beschluss v. 11.3.2010 (Graffitis auf öffentlichen Skaterrampen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung ist zumindest eine Einschränkung der öffentlichen Funktion erforderlich.Das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. hat den Beschwerdeführer am xx.xx.2009 wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Beschwerdeführer am xx.xx.2009 Sprungrevision ein. Die nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Sprungrevision hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Die Verurteilung wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 1, Abs. 2 StGB wird von den Feststellungen nicht getragen.Eine Beschädigung eines Gegenstandes, der dem öffentlichen Nutzen dient (§ 304 Abs. 1 StGB), liegt nur dann vor, wenn durch die körperliche Einwirkung des Täters die Sachsubstanz unmittelbar angegriffen worden ist oder eine Beseitigung des vom Täter geschaffenen Zustandes einen Substanzeingriff erforderlich macht (vgl. Sauger, in: SSW-StGB § 303 Rdnr. 8). Daneben kann auch ohne Verletzung der Sachsubstanz ein Beschädigen gegeben sein, wenn durch die physische Einwirkung auf die Sache ihre bestimmungsgemäße (technische) Brauchbarkeit nachhaltig gemindert worden ist (BGHSt 29, 129, 131 f.; 44, 34, 38 m.w.N.). Weder ein Substanzeingriff noch eine dauerhafte Minderung der Brauchbarkeit werden durch, die Feststellungen des Amtsgerichts belegt. Soweit der Beschwerdeführer durch das Besprühen der Skaterrampe mit Lackfarbe deren äußeres Erscheinungsbild gemäß § 304 Abs. 2 StGB verändert hat, kommt eine Strafbarkeit nur dann in Betracht, wenn hierdurch auch die öffentliche Funktion der Rampe beeinträchtigt worden wäre. Bei einer Skaterrampe ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Entgegenstehende Gründe hat das Amtsgericht nicht mitgeteilt. Da die Sachrüge bereits zu einer Aufhebung des Ersturteils führt, war über die weiter erhobene Verfahrensrüge nicht mehr zu entscheiden.OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.3.2010
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010 (Auch mehrere Graffitis können rechtlich gesehen nur als eine Tat zu bewerten sein)
Leitsatz: Ob mehrere Graffitis am selben Tage als eine Tat oder mehrere Taten zu bestrafen sind, ist Frage des Einzelfalls.Die Feststellungen des Amtsgerichts Mühlheim a. d. Ruhr tragen die Verurteilung wegen vierer in Tatmehrheit begangener Sachbeschädigungen nicht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. In dem Falle wäre die Verurteilung wegen Anbringens von 4 Graffitis in Tatmehrheit rechtsfehlerhaft.Anhand der äußerst knappen Darstellung ist es dem Revisionsgericht nicht möglich, zu überprüfen, ob tatsächlich vier einzelne Taten vorliegen oder vielmehr nur eine einzige Tat. Letzteres könnte hier nicht ausschließbar unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit der Fall sein. Eine solche liegt vor, wenn mehrere im Wesentlichen gleichartige Handlungen von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so miteinander verbunden sind, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches Geschehen darstellt.Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass nicht für jede denkbare Fallgestaltung aus Rechtgründen immer nur eine einzige Entscheidung möglich ist, ob nun Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist. Vielmehr unterliegt es der Beurteilung des erkennenden Gerichts, ob die Voraussetzungen der natürlichen Handlungseinheit vorliegen. Allerdings muss dem Revisionsgericht anhand der getroffenen Feststellungen die Nachprüfung möglich sein, ob dem Tatrichter bei der Bewertung Fehler unterlaufensind, ob die Bewertung vertretbar ist und von zutreffenden Maßstäben ausgeht. Diese Überprüfung ist dem Senat hier angesichts der unzureichenden Feststellungen verwehrt.Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.OLG Düsseldorf, Beschluss v. 23.3.2010
AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011 (Bei leichter Entfernung keine Strafbarkeit)
Leitsatz: Wenn der Reinigungsaufwand minimal ist, ist das Anbringen eines Tags nicht strafbar.Der Angeklagte wird freigesprochen.Gründe:[…]Unabhängig hiervon war der Angeklagte in den Fällen 3 und 7 der Anklageschrift vom xx.xx.2010 auch deshalb freizusprechen, da in diesen Fällen bereits der Tatbestand der Sachbeschädigung nicht erfüllt war. In beiden Fällen waren die Graffiti-Zeichnungen leicht abzuwischen und zu entfernen.AG Mainz, Urteil v. 10.1.2011
AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010 (Bei leichter Entfernung keine „erhebliche“ Veränderung der Sache)
Leitsatz: Können die Graffitis mit geringem Aufwand entfernt werden, ist die Veränderung des Erscheinungsbildes nicht „erheblich“.Soweit darüber hinaus dem Angeklagten in den Fällen Ziffern 1, 4, 8 (+ 9), 16,17, 21, 24, 30, 31 und 33 (= 48) weitere Sachbeschädigungstaten zur Last lagen,war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.Der Sachverständige X. hat zur Überzeugung des Gerichts festgestellt, dass sich die jeweiligen Farbantragungen vergleichsweise einfach entfernen lassen, so dass nicht davon auszugehen ist, dass das Erscheinungsbild einer fremden beweglichen Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde.AG Mannheim, Urteil v. 5.8.2010
AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011 (DNA-Entnahme für künftige Strafverfahren bei Graffiti rechtswidrig)
Leitsatz: Graffiti sind keine Straftaten, die eine „vorsorgliche“ DNA-Entnahme rechtfertigen.Die Anträge der Staatsanwaltschaft vom xx.xx.2010 auf Blutprobenentnahme und DNA-Entnahme werden abgelehnt.[…]Darüber hinaus ist auch die DNA-Entnahme für zukünftige Strafverfahren gemäß § 81 g StPO nicht verhältnismäßig. Denn durch die Staatsanwaltschaft ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass weitere erhebliche Straftaten von den nicht vorbelasteten Beschuldigten zu erwarten sind. Allein der hier im Ermittlungsverfahren in Frage stehende Schaden genügt nicht für eine DNA-Entnahme gemäß § 81 g StPO. Hierbei muss es sich um Straftaten von erheblicher Bedeutung handeln. Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen, bei denen der Täter Körperzellen absondern könnte. § 303 StGB scheidet mit seinem Strafrahmen bis zu 2 Jahren bzw. Geldstrafe aus.AG Stralsund, Beschluss v. 4.4.2011
LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010 (DNA-Entnahme bei fehlendem Vergleichsmaterial unzulässig)
Leitsatz: Vor einer DNA-Entnahme zu „Vergleichszwecken“ muss erst Vergleichs-DNA auf den Gegenständen gefunden werden.Auf die mit anwaltlichem Schriftsatz vom xx.xx.2010 eingelegte Beschwerde wird der Beschiuss des Amtsgerichts Naumburg vom xx.xx.2010 (Az.: xx) aufgehoben.[…]Die gemäß § 304 StPO statthafte Beschwerde ist begründet. Der Beschiuss des Amtsgerichts Naumburg vom xx.xx.2010 ist rechtsfehlerhaft. Die Voraussetzungen für die angeordnete Maßnahme nach § 81 a Abs. 1 StPO liegen nicht vor. Eine Voraussetzung für eine Anordnung — die körperliche Untersuchung des Beschuldigten (hier: DNA-Untersuchung) — ist, dass die körperliche Untersuchung für das Verfahren von Bedeutung ist. Das kann derzeit nicht festgestellt werden. Auch die Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlecht des Beschuldigten sind zum jetzigen Ermittlungsstand für das Verfahren ohne jegliche Bedeutung. Es kann hier schon nicht festgestellt werden, ob auf den sichergestellten Gegenständen (Masken, Sprühdosen, Videokamera etc.) überhaupt verwertbare DNA-Spuren vorhanden sind, die mit dem DNA-Identifizierungsmuster des Beschuldigten abgeglichen werden könnten. Da hier schon nicht absehbar ist, ob überhaupt eine verwertbare Spur an den sichergestellten Gegenständen vorliegt, wäre die angeordnete Maßnahme auch unverhältnismäßig, da schon nicht klar ist, ob überhaupt ein Abgleich stattfinden kann. Die Maßnahme ist daher derzeit ungeeignet.LG Halle, Beschluss v. 8.7.2010
VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 11.8.2009 (Anordnung bei nur pauschaler formelhafter Belehrung durch Polizei unzulässig)
Leitsatz: Wenn eine „Standard“-Belehrung ohne Bezug auf den Einzelfall verwendet wird, ist die Anordnung einer ED-Behandlung unzulässig.Mit Bescheid vom xx.xx.2009 wurde der Kläger zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81 b, 2. Altem. StPO vorgeladen. Zur erkennungsdienstlichen Behandlung wurde die Anfertigung von Lichtbildern, die Abnahmevon Fingerabdrucken, eine Personenbeschreibung sowie die Messung von Gewicht, Körpergröße und Schuhgröße angeordnet. Der Kläger wurde zur Durchführung dieser Maßnahmen am xx, den xx.xx.2009,xx.xx Uhr, vorgeladen. Am 04. September 2009 hat der Kläger Klage erhoben.Die Klage hat Erfolg. Der gegenüber dem Kläger erlassene Bescheid vom xx.xx.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.Der Bescheid betrifft eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 81 b 2. Alt. StPO mit dem Vorhalt, der Kläger werde beschuldigt, am xx.xx.2009, xx.xx Uhr eine Straftat nach § 303, 303 c StGB (Sachbeschädigung durch Aufbringen von Farbe, sogenannte Graffiti) begangen zu haben. Nach § 81 b 2. Altem. StPO dürfen u. a. Lichtbilder, Fingerabdrücke, Messungen und Personenbeschreibungen eines Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen werden, sobald dies für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Aus dieser Bestimmung ergeben sich nicht nur die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der Unterlagen, sondern auch Grund und Grenzen für die Berechtigung der Behörde, erkennungsdienstliche Unterlagen zu fertigen und aufzubewahren.Die Notwendigkeit bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftat, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraumes, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist, Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderweitig gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtigter in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen — den Betroffenen anschließend überführend oder entlastend — fördern könnten (std. Rechtsprechung des BVerwG). Typischerweise kommt die erkennungsdienstliche Behandlung bei erwerbs- oder gewohnheitsmäßig Handelnden oder sonstigen Rückfalltätem in Betracht. Im Übrigen kommt es auf die Umstände im Einzelfall an nach dem vorgenannten Maßstab. Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers derzeit nicht notwendig, wobei es einer Prognoseentscheidung über das künftige Verhalten des Betroffenen und der in diesem Zusammenhang erforderlichenerkennungsdienstlichen Behandlung bedarf. Dabei ist das Erfordernis, dass die angefertigten Unterlagen in zukünftigen Ermittlungsverfahren die Ermittlung der Polizei fördern könnten, dahingehend zu konkretisieren, dass die Unterlagen bzw. Daten gerade für die Aufklärung solcher Straftaten geeignet und erforderlich sein müssen, für die im konkreten Fall eine Wiederholungsgefahr begründet werden kann, wobei es sich nicht jedes Mal um denselben Straftatbestand handeln muss, vielmehr reicht die strukturelle Vergleichbarkeit der vorgeworfenen Taten aus.Bezüglich der hier erforderlichen Prognoseentscheidung zur Wiederholungsgefahr folgt aus der Begründung und Belehrung vom xx.xx.2009 nur formelhaft im Wege eines Textbausteines, dass aufgrund der Begehungsweise in dem Anlassverfahren und derdarüber hinaus vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse davon auszugehen ist, dass der Kläger zukünftig erneut in gleicher oder ähnlicher Weise straffällig werden oder zumindest in den Kreis möglicher Tatverdächtiger bei vergleichbaren Delikten einzubeziehen ist. Zwar stellt dies richtigerweise die allgemeinen aus der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen für die Rechtmäßigkeit einer Vorladung dar, jedoch fehlt die Umsetzung auf den konkreten Fall, inwieweit nämlich die Anlasstat und konkrete darauf bezogene Delikte des Klägers, gemessen an seiner Persönlichkeit, o. a. nach seinen Aussagen, die Prognose rechtfertigen, dass er künftig oder anderweitig gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtigter in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten.Dass vor der Anordnung zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung oder vor der Begründung und Belehrung eine solche Umsetzung auf den konkreten Fall erfolgt und dem Kläger bekannt gemacht worden wäre, lässt sich den vorhandenenUnterlagen nicht entnehmen. Dass vorher eine „Negativprognose“ erstellt und dem Kläger zuvor zugänglich gemacht worden wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich.Die Beklagte ist daher antragsgemäß zu verurteilen.VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 11.8.2009
OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010 (Graffitis auf U‑Bahnwagen sind keine gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Leitsatz: Graffitis auf U‑Bahnen beeinträchtigen nicht den öffentlichen Zweck der Sache.Auf die Revision des Angeklagten X. wird das Urteil des Jugendrichters beim Amtsgericht Düsseldorf vom xx.xx.2010, auch soweit es den Angeklagten Y. betrifft, aufgehoben.Nach den Feststellungen besprühte X. am xx. und xx.xx.2009 jeweils einen U‑Bahnwagen der hiesigen xx AG mit Graffitis oder schwarzer Sprayfarbe.Nach § 304 StGB macht sich, soweit hier von Interesse, wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung strafbar, wer Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen dienen, rechtswidrig beschädigt oder zerstört (Abs. 1) oder unbefugt in ihrem Erscheinungsbild nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert (Abs. 2). In beiden Fällen ist der Tatbestand nach einhelliger Meinung aber nur erfüllt, wenn die Tat die besondere Zweckbestimmung der Sache — die öffentliche Funktion, um derentwillen sie geschützt ist — beeinträchtigt. Das ist nicht festgestellt und versteht sich nicht von selbst. Im Zweifel konnten die Wagen (der Waggon) weiterhin zur Beförderung benutzt werden. OLG Düsseldorf, Urteil v. 6.12.2010
AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011 (Es müssen stets Nachahmer in Betracht gezogen werden)
Leitsatz: In der Graffiti-Szene sind Nachahmer vorhandener Tags bekannt.Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.Die Staatsanwaltschaft Hagen wirft den Angeschuldigten in der Anklageschrift vom xx.xx.2010 vor, in der Zeit vom xx.xx.2009 bis xx.xx.2009 in H. als Jugendliche mit Verantwortungsreife durch 12 selbständige Handlungen unbefugt das Erscheinungsbild fremder Sachen nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert zu haben. Sie sollen in dem genannten Tatzeitraum in insgesamt 12 Fällen u. a. Wohnhäuser, Geschäftsräume und Bushaltestellen mit Graffitis besprüht haben.Beide Angeschuldigte haben sich zu den ihnen gegenüber erhobenen Vorwürfe nicht geäußert und bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Unmittelbare Tatzeugen sind — bis auf die Tat vom xx.xx.2009 — nicht vorhanden. Lediglich der Zeuge X. hat in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, die bei den verschiedenen Taten gesprühten Schriftzüge und Symbole seien den beiden Angeschuldigten zuzuordnen. Auch wurden bei Durchsuchungen in den Wohnung der beiden Angeschuldigten belastende Materialien entdeckt und sichergestellt, wie z. B. Blackbooks mit entsprechenden Skizzen und auch den bei den einzelnen Taten vorgefundenen Schriftzügen und Symbolen, Spraydosen und Sprühköpfen. Der Verteidiger des Angeschuldigten Y. hat jedoch umfangreich ausgeführt, dass es in der Sprayer-Szene durchaus üblich sei, auch Schriftzüge anderer Sprayer bzw. auch Schriftzüge aus weitergegebenen und ausgetauschten Skizzenbüchern und sonstigen Materialien nachzuahmen, zu kopieren und weiterzuverbreiten. Vor dem Hintergrund dieser, auch für das Gericht nachvollziehbaren Ausführungen und dem Umstand, dass die beiden Angeklagten bei keiner der ihnen zur Last gelegten Taten unmittelbar beobachtet worden sind, wird man im Zweifel für die Angeklagten davon ausgehen müssen, dass bei den bezeichneten Taten ebenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese durch unbekannt gebliebene Dritte verübt wurden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass einige erhebliche Anhaltspunkte für eine Täterschaft der beiden Angeschuldigten zumindest in dem einen oder anderen Fall sprechen. Für eine eventuelle Verurteilung wäre aber ein sicherer Nachweis der Täterschaft erforderlich, der nach Aktenlage zur Zeit nicht zu fOhren sein wird.AG Plettenberg, Beschluss vom 17.2.2011
AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011 (Auch der SoKo sind Nachahmer bekannt)
Leitsatz: In der Graffiti-Szene sind selbst der Polizei Fälle von Nachahmungen vorhandener Tags bekannt.Der Angeklagte wird freigesprochen.Der Angeklagte war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Ein Tatnachweis war in der Hauptverhandlung nicht zu führen.Der Angeklagte bestreitet die Tat. Tatzeugen sind nicht vorhanden. Weitere objektive Beweise gegen den Angeklagten lagen nicht vor. Der Zeuge D., der vom Gericht vernommen wurde, bekundete, dass seine Durchsuchung beim Angeklagten zu keinen Beweismitteln führte. Er gehe aber davon aus, dass der Angeklagte die Tags „XX“ und „YY“ benutzte und dass der Angeklagte für die Schmiererei verantwortlich ist. Der Zeuge X. bekundete weiter, dass nach seinen Erkenntnissen und Erfahrungen es in Sprayerkreisen nicht üblich ist, dass Tags nachgemacht werden.Die Angaben des Zeugen D. genügen nicht, um für eine Verurteilung Sicherheit zu gewinnen. Das Gericht ist nicht überzeugt davon, dass der Angeklagte selbst die Tags „XX“ oder „YY“ verwendete. Insbesondere ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Angeklagte die hier angeklagten Taten beging. Die Anklage geht davon aus, dass nur eine Person jeweils das Tag „XX“ verwendete und dass es keine Nachahmer gibt. Dies wird als feststehende Tatsache gewürdigt. Der Zeuge D. bekundete vor Gericht aber, dass ihm jedenfalls ein Fall bekannt sei, wo auch andere Personen ein Tag nachgemacht hätten.Bereits mit dieser Aussage fällt die Grundüberzeugung und das Grundgerüst der Anklage zusammen. Der Angeklagte war daher freizusprechen.AG Nürnberg, Urteil vom 31.1.2011
AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010 (Fotos und Skizzen dokumentieren Interesse und keinen Täterschaft)
Leitsatz: Der Besitz von Skizzen und Fotos zeigt lediglich ein Interesse an Graffiti bzw. bestimmten Sprayern.Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift vom xx.xx.2009 vorgeworfen, in der Zeit vom xx.xx. bis zum xx.xx.2009 in in S. eine Vielzahl von Wänden mit den Schriftzügen „XXX“, „YYY“, „ZZZ-Crew“ und anderem besprüht zu haben. Einen hinreichenden Tatverdacht vermochte das Gericht beim derzeitigen Ermittlungsstand nicht zu erkennen, da eine Verurteilung nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Vielmehr ist nach Aktenlage bei den gegebenen Beweismögtichkeiten ein Freispruch nach dem Grundsatz in dubio pro reo wahrscheinlich.Der Angeschuldigte hat sich zur Sache nicht eingelassen. Ihm ist nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis nicht nachzuweisen, dass er die ihm zur Last gelegten Taten selbst begangen hat. Unmittelbare Tatzeugen sind nicht vorhanden. Die in der Akte befindlichen Lichtbilder von Graffitis zeigen ihn auch bei keiner Tatausführung hinsichtlich der angeklagten Taten. Soweit auf BI. xx Bd. I d.A. ein Sprayer zu sehen ist, bei dem es sich um den Angeschuldigten handeln soll, fehlen Anhaltspunkte dafür, dass es sich, wie bereits von KHK T. vermutet, um keine erlaubte Sprayaktion handelt. Auch die im Rahmen der Durchsuchung der Wohnräume des Angeschuldigten sichergestellten Materialien, Skizzen und Vorlagenbücher mit Graffitis und Spraydosen lassen nicht zwingend darauf schließen, dass der Angeschuldigte Urheber der abgebildeten Graffitis ist. Insoweit führt die Verteidigung zu Recht aus, dass der Angeschuldigte die auf dem PC der Mutter gespeicherten Fotos auch aus Interesse gespeichert haben kann, ggffs. auch um damit gegenüber anderen anzugeben, oder als Vorlage zum Entwurf eigenerGraffitis. Wegen der weiteren berechtigten Einwände wird auf den ausführlichen Schriftsatz des Verteidigers vom xx.xx.2010 Bezug genommen. Nach alledem war die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen gem. § 204 Abs. 1 StPO abzulehnen.AG Soest, Beschluss vom 1.7.2010
LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011 (Individualtags werden von Bekannten mit angebracht)
Leitsatz: Innerhalb von Crews findet ein wechselseitiges Anbringen der Individualtags statt.Die Sache war von der Jugendkammer wegen ihres besonderen Umfangs zu übernehmen, §§ 40 Abs. 2, 41 Abs. 1 Nr. 2 JGG. Das Verfahren richtet sich gegen 4 Angeschuldigte, denen in wechselnder Tatbeteiligung 18 Fälle der Sachbeschädigung zur Last gelegt werden. Sämtliche Angeschuldigte haben im Ermittlungsverfahren keine Angaben zur Sache gemacht und es ist nicht zu erwarten, dass sie im Falle der Durchführung der Hauptverhandlung Angaben zur Sache machen werden. Dies würde eine außerordentlich umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich machen, die sich nicht nur auf die angeklagten Taten erstrecken müsste, sondern auch auf abgeschlossene, von der Staatsanwaltschaft Görlitz zu diesem Verfahren verbundene Ermittlungsverfahren, um Ähnlichkeiten der Tags und Pieces der von den Angeschuldigten (möglicherweise) in der Vergangenheit verwendeten mit den verfahrensgegenständlichen zu vergleichen.Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bekannt sei, dass in der Graffitiszene jeder einzelne Täter seine Bilder individualisiere, um in der Szene dadurch bekannt und berühmt zu werden. Hinsichtlich des Erkennungszeichen „XXX„sei festzustellen, dass dieses bis etwa August 2005 nur mit dem Kürzel „XX“ versehen gewesen sei. Dieses Kürzel bestehe aus den letzten beiden Ziffern der xxxxer Postleitzahl und deute auf die Herkunft der Verursacher dieser Schmierereien hin. Ab August 2005 seien im Zusammenhang mit dem Erkennungszeichen „XXX“ die zusätzlichen Zeichen „YYYY“ und „ZZZZ“ aufgetreten.Anhand der Erkenntnisse aus der Durchsuchung beim Angeschuldigten Xx und der Erkenntnisse aus der Tat des Angeschuldigten Xy vom xx.xx.xxx in Halle müsse davon ausgegangen werden, dass Xx das Individual-Erkennungszeichen „XXXX“ und Xy das Individual-Erkennungszeichen „ZZZZ“ ‑jeweils in unterschiedlichen Variationen benutze. Darüber hinaus sei interessant, dass eine Reihe der verfahrensgegenständlichen Schmierereien Grußformeln an die sogenannte „Xxx-Crew“ enthalten, zu der der Bruder des Angeschuldigten Xy gerechnet werde. Hinsichtlich des Angeschuldigten Xz sei im Ergebnis der Ermittlungen festgestellt worden, dass dieser für Schmierereien mit dem Kennzeichen „Xxx“ sowohl in G. als auch in D. verantwortlich sei.Das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft begründet gewichtige Verdachtsmomente dahingehend, dass sämtliche Angeschuldigte im angeklagten Zeitraum Sachbeschädigungen durch Besprühen von Eisenbahnfahrzeugen und Gebäuden begangen haben. Es wird sich jedoch- auch wenn man davon ausgeht, dass die Tags wie „XXX“, „YYYY“, „ZZZZ“ u. a. von den Angeschuldigten verwandt worden sind- keinesfalls mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit ausschließen lassen, dass diese von unbekannten Dritten nachgeahmt worden sind. Das Nachahmen ist in der Graffiti-Szene nicht unüblich. Dies wird in der Szene als „biten“ bezeichnet und bezeichnet das Kopieren, Nachahmen eines fremden „Styles“ oder gar Namens aus Unkenntnis oder mangelnder Kreativität. Das häufige „biten“ macht es für den Betrachter schier unmöglich, den tatsächlichen Urheber eines Graffiti sicher zu ermitteln; weiterhin kommt es auch durch die Vielzahl der Sprayer zu mehrfachen Namensbelegungen. Die bei den Angeschuldigten aufgefundenen Skizzen, Fotos, Videos und Sprühwerkzeuge begründen auch in der Zusammenschau mit den übrigen Indizien keinen hinreichenden Tatverdacht. Es ist denkbar, dass die beim Angeschuldigten Xx aufgefundenen Skizzen die „Arbeit“ anderer Sprayer dokumentieren; gleiches gilt für die festgestellten Fotos und Videoaufnahmen. Möglich ist auch, dass der Angeschuldigte Xx auf den Aufnahmen „Werke“ seiner Mittäter festgehalten hat, ohne zwingend als Mittäter beteiligt gewesen zu sein.Offensichtlich findet zwischen den Angeschuldigten innerhalb der von ihnen gebildeten Gruppierung ein Austausch der verwendeten Tags oder Pieces statt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft das Tag„XXX“ dem Angeschuldigten Xx zugerechnet wird. Zugleich geht die Staatsanwaltschaft allerdings auch davon aus, dass dieses Tag auch vom Angeschuldigten Xy benutzt wird. Weitere Ermittlungsansätze sind nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht zu erwarten, dass ein Schrift- und/oder Kunstsachverständiger individuelle Merkmale feststellen kann, die es erlauben, den Angeschuldigten bestimmte Einzeltaten sicher zuzuordnen. Ein eindeutiges Ergebnis eines Schriftgutachtens scheitert schon daran, dass bei den gesprühten Tags die für eine Unterschrift charakteristischen feinmotorischen Besonderheiten fehlen; eine Stilanalyse verspricht deshalb keinen Erfolg, weil die von der Anklage umfassten Graffiti letztendlich keine derartig individuellen Merkmale aufweisen, die eine besondere Kunstfertigkeit voraussetzen und darum nicht ohne Weiteres von einem einigermaßen geübten Dritten nachgeahmt werden könnten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher antragsgemäß abzulehnen.LG Görlitz, Beschluss vom 9.5.2011
AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011 (Ist ohnehin eine Komplettrenovierung erforderlich, sind weitere Tags straflos)
Leitsatz: Das Anbringen von Tags auf bereits mehrfach betaggten Altglascontainern ist nicht strafbar.Der Angeklagte hat eingeräumt, einen oder zwei Altsglascontainer bemalt zu haben. Gleichermaßen haben die Zeugen jedoch bestätigt, dass die Container überall so beschmiert gewesen seien, wie auf den in Augenschein genommenen Fotos BI. 11 der Akte.Hinsichtlich der Eddingschriftzüge an den Glascontainern ist zwar anzunehmen, dass durch diese eine physikalisch dauerhafte Veränderung der Oberfläche bewirkt wurde. Insoweit waren die Container jedoch bereits derart beschmiert, dass die weitere oberflächliche Beschriftung im Vergleich zu den bereits vorhandenen „Schmierereien“ den ohnehin erforderlichen Renovierungsaufwand allenfalls unwesentlich erhöhten, da bereits vor der Tathandlung des Angeklagten eine Neulackierung der gesamten Container erforderlich gewesen wäre, um die vorhandenen Schriftzüge etc. zu entfernen. Eine mehr als unerhebliche Veränderung der Sache war danach nicht festzustellen.Der Angeklagte war daher aus rechtlichen Gründen freizusprechen.AG Düsseldorf, Urteil vom 9.12.2011
AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011 (Ähnlichkeit in Wortwahl und Stil genügt nicht für eine pauschale Täterschaft)
Leitsatz: Ohne weitere Beweise kann nicht von einem „Graffiti-Urheberrecht“ ausgegangen werden.Dem Verfahren lagen ursprünglich 9 Tatvorwürfe der Sachbeschädigung zugrunde. Hinsichtlich 6 Fällen hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom xx.xx.2011 das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Einstellungsverfügung wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Tatnachweis mit einer zur Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nicht geführt werden könne. Die Staatsanwaltschaft hat selbst darauf verwiesen, dass Zeugen nicht vorhanden sind und der einzige Verdachtsmoment gegen den Angeschuldigten in dem Umstand besteht, dass das Tag „XXXX“ sowie das Tag „YYY“ vom Angeschuldigten bereits anderweitig verwendet worden sei. Die bloße Ähnlichkeit in Form und Inhalt genüge allerdings nicht, um auf die Täterschaft des Angeschuldigten zu schließen. Auf die Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft wird im Übrigen Bezug genommen.Die Beweislage ist hinsichtlich der drei angeklagten Fälle jedoch keineswegs besser.Der Umstand, dass in dem unter I. angeklagten Fall eine Widmung „FOR XXXX“ hinzugefügt wurde, kann nicht dazu führen, dass allein der Angeschuldigte XX als Täter in Betracht kommt. Die Staatsanwaltschaft interpretiert dies als einen Gruß an die Freundin des Angeschuldigten, welche XXXX heist. Auch wenn dies ein Indiz darstellt reicht es nicht aus, um festzustellen, ob es sich dabei um die Freundin des Angeschuldigten handelt und der Angeschuldigte der Täter gewesen ist.Soweit die Anklage sich auf ein gefertigtes Video mit einer Infrarotkamera und einer sichergestellten Jacke des Angeschuldigten stützt, sind keine ausreichenden Hinweise dafür vorhanden, dass diese Jacke mit der bei der Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmten Jacke des gefilmten Täters identisch ist. Zwar dürfte auch der mit der Überwachungskamera aufgezeichnete Täter eine Jacke der Marke „X“ getragen haben, worauf die markante aufgesetzte Brusttasche in „D“-Form hinweist, doch ist aus den Bildern eindeutig zu ersehen, dass die schwarz abgesetzten Ärmel auf der Jacke des Angeschuldigten nicht mit der Jacke des Täters übereinstimmen.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Bayreuth, Beschluss vom 7.9.2011
AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012 (Schon aufgrund der Altersstruktur können Nachahmungen nicht ausgeschlossen werden)
Leitsatz: Jugendliche und Heranwachsende schmücken sich manchmal mit fremden Federn.Die Zuordnung der Taten durch die Staatsanwaltschaft erfolgte offenbar allein aufgrund der (sicherlich vorhandenen) großen Ähnlichkeit der angebrachten Schriftzüge mit Bilddateien bzw. Skizzen, welche bei Durchsuchungen bei den Angeschuldigten sichergestellt werden konnten.Dies allein ist jedoch nicht ausreichend, um einen Tatnachweis zu führen. Es wird sich insbesondere nicht ausschließen lassen, dass das jeweilige Graffiti von einem Nachahmer erstellt wurde. Die im vorliegenden Verfahren offensichtlich vorausgesetzte Grundannahme der Polizei und Staatsanwaltschaft, dass in der Sprayer-Szene bestimmte Tags immer nur von einer einzigen Person verwendet werden, schließt Ausnahmen von dieser Regel grundsätzlich nicht aus (vergleiche insoweit auch Ziffer 1 d. Abschlussverfügung I der Staatsanwaltschaft Hannover im Verfahren xx Js xx/11). Hierbei muss insbesondere berücksichtigt werden, dass die Mitglieder dieser Szene sich bereits nicht an die fundamentalsten der allgemein geltenden gesellschaftliche Regeln (so beispielsweise das Strafgesetzbuch) halten, so dass auch nicht zu erwarten ist, dass sämtliche Mitglieder der Szene ausnahmslos aus einem Ehrgefühl heraus streng deren ungeschriebene Regeln einhalten.Bereits aufgrund der der Szene zu Grunde liegenden jugendlichen Altersstruktur und dem sich daraus zwangsläufig ergebenden Imponiergehabe untereinander ist (zu Gunsten der Angeschuldigten) vielmehr vom Gegenteil auszugehen.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Hannover, Beschluss vom 18.1.2012
AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011 (Skizzen und Fotos reichen nicht aus)
Leitsatz: Der Besitz von Skizzen und die Anwesenheit bei einem wortgleichen Graffiti begründen keine Täterschaftsvermutung.Dem Angeschuldigten wird in der Anklageschrift vom x.xx.2011 vorgeworfen, einmal im Jahr 2010 die Brücke der B xxx in der xxx Straße in yy mit bunter Farbe besprüht zu haben und zweitens in der Zeit zwischen dem xx.xx.2010 und dem xx.xx.2011 die Stützmauer der Ortsumgehung xxx an der B xxx mit bunter Farbe besprüht zu haben. Augenzeugen für die Tat sind nicht vorhanden. Der Umstand, dass u. a. die bei den hier angeklagten Graffitis sich auf von dem Angeschuldigten fotografierten Bildern befinden, die bei der Durchsuchung bei ihm gefunden wurden, reicht nicht aus, um darauf den Nachweis der Täterschaft des Angeschuldigten zu führen. Die Verteidigung hat zu Recht die in der Rechtsprechung vorherrschende Ansicht vertreten, dass allein aus der Verwendung eines Tags eine Urheberschaft nicht zweifelsfrei sich ermitteln lässt.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Kirchhain, Beschluss vom 30.11.2011
OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei „Filzstift“-Tags kann nicht ohne Weiteres von einer Strafbarkeit ausgegangen werden)
Leitsatz: Bei leichter Entfernbarkeit sind Tags nicht nach § 303 Abs. 2 StGB strafbar.Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.Der Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB erfährt — wie auch der des § 304 Abs. 2 StGB — eine Einschränkung durch die Merkmale der nicht nur unerheblichen und nicht vorübergehenden Veränderung. Danach sind Beschriftungen oder Bemalungen, die sich ohne größeren Aufwand etwa durch bloßes Wegwischen entfernen lassen, nicht tatbestandsmäßig. Hier lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, dass mit dem vom Angeklagten verwendeten „schwarzen Filzstift“ — etwa, weil er lösungsmittelhaltige Substanzen enthielt — eine nicht oder nur schwer abwischbare Farbe aufgetragen worden ist. Zur Art des Filzstiftes wie im Übrigen auch zur Materialbeschaffenheit der Oberfläche des Pfeilers hat das Amtsgericht keine Feststellungen getroffen.Das Urteil war daher auf Antrag des Verteidigers und der Generalstaatsanwaltschaft aufzuheben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückzuverweisen.OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012
LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012 (Die Möglichkeit von Nachahmungen oder das Vorhandensein einer Crew müssen in Betracht gezogen werden)
Leitsatz: Alleine aufgrund eines ähnlichen Stils und gleicher Buchstaben kann eine Verurteilung nicht erfolgen.Mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom xx.xx.2011 wurde der Angeklagte wegen 15 Fällen der gemeinschädlichen Sachbeschädigung zur Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung, beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch, ein. Der Angeklagte legte gegen das Urteil, vertreten durch seinen neuen Verteidiger, ebenfalls form- und fristgerecht Berufung ein. Die Berufung der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg. Die Berufung des Angeklagten war insoweit erfolgreich, als er lediglich wegen eines Falles der Sachbeschädigung verurteilt wurde und im Übrigen freigesprochen wurde.Der zur Verurteilung gelangte Sachverhalt beruht auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten.Innerhalb des Strafrahmens des § 303 StGB von Geldstrafe bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er geständig war und dass der verursachte Schaden nicht allzu hoch war. Zu Lasten des Angeklagten war seine Vorstrafe zu berücksichtigen, wobei die Kammer gesehen und berücksichtigt hat, dass diese Vorstrafe nicht einschlägig ist, längere Zeit zurückliegt und nicht allzu gravierend ist. Insgesamt hielt die Kammer unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Die Höhe eines Tagessatzes hat die Kammer entsprechend den Einkommensverhältnissen des Angeklagten auf 10,00 € festgesetzt.Soweit dem Angeklagten 14 weitere Fälle der Sachbeschädigung zur Last lagen, wegen der Einzelfälle wird auf Ziffem 11. 2. bis 15. des Ersturteils Bezug genommen, war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.Insoweit war die Kammer nach dem Ergebnis der Berufungshauptverhandlung nicht mit der für eine Verurteilung des Angeklagten erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die in den weiteren Fällen aufgebrachten Graffitis vom Angeklagten stammen. Zwar konnten deutliche Übereinstimmungen in den Gestaltungsmerkmalen zwischen dem Schriftzug bei dessen Herstellung der Angeklagte am XX.XX.20XX gestellt wurde und den weiteren 14 Fällen, die dem Angeklagten zur Last lagen, festgestellt werden. Die Kammer konnte sich aber nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass derartig übereinstimmende Gestaltungsmerkmale ausschließlich von einer Person stammen können. Die Kammer konnte weder sicher ausschießen, dass weitere Personen, insbesondere aus der selben Crew, übereinstimmende Gestaltungsmerkmale benutzen noch, dass der Angeklagte am XX.XX.20XX in einem Einzelfall die von einer anderen Person verwendeten Gestaltungsmerkmale imitiert hat.Der Angeklagte war daher in den verbleibenden 14 Fällen freizusprechen.LG Augsburg, Urteil vom 15.5.2012
OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012 (Bei mehreren Tags in zeitlicher und räumlicher Nähe liegt rechtlich nur eine Tat vor)
Leitsatz: Bei einer Tagtour ist eine natürliche Handlungseinheit naheliegend.Die Generalstaatsanwaltschaft hat ausgeführt:„Der Schuldspruch hält der Nachprüfung aufgrund der Sachrüge nicht stand.Die Prüfung des Urteils deckt bereits hinsichtlich des Schuldspruchs Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf Die getroffenen Feststellungen sind materiell-rechtlich unvollständig. Wie mit der Revision gerügt, lässt sich anhand der Urteilsausführungen nicht ausmachen, ob die als tatmehrheitlich begangen angenommene Sachbeschädigungen nicht als natürliche Handlungseinheit anzusehen sind. Hierfür könnten die Zeit- und Ortsangaben des Urteils sprechen. Offenbar besprühte der Angeklagte zum Teil aneinander grenzende Häuserwände — xxxstraße 13 und 15, xxxstraße 12 und 14 sowie 20 und 22, xxxplatz 17, 19 und 21, xxxstraße 65–67, xxxgasse 10 und 12 -, was für einen durchgehenden Handlungsablauf sprechen und dazu führen könnte, eine geringere Anzahl von Tathandlungen annehmen zu müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Würdigung als natürliche Handlungseinheit zu einer milderen Strafe führt.„Dem stimmt der Senat zu.OLG Köln, Beschluss vom 31.7.2012
AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012 (Alleine das Aufgreifen bei einem Bild gleichen Namens und der Besitz entsprechender Fotos sind für eine Zuordnung unzureichend)
Leitsatz: Das Sprühen eines Namens und der Besitz weiterer Fotos sind lediglich Indizien.Nach den bisherigen Ermittlungen ist zwar zu vermuten, dass der Angeschuldigte die weiteren Sachbeschädigungen durch das Aufsprühen des Tags „XXX“ begangen hat, es ist jedoch nicht mit einer für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit auszuschließen, dass das Tag „XXX“ in diesen Fällen nicht auch von einer anderen PErson verwendet oder nachgeahmt worden sein könnte. Die Feststellung der Urheberschaft des Angeschuldigten allein aufgrund des verwendeten Tags ohne das Hinzutreten weiterer Indizien reicht bei der Möglichkeit, dass das Tag auch durch andere Personen verwendet worden sein könnte nicht aus.Auch die weiteren Ermittlungsergebnisse reichen nicht aus, um den Angeschuldigten mit den konkreten Taten zweifelsfrei in Verbindung zu bringen. ZWar konnten Lichtbilder sichergestellt werden, die den Angeschuldigten mit dem Tag „XXX“ in Verbindung bringen, nicht aber mit den hier angeklagten Taten.Die Eröffnung des Hauptverfahrens war daher abzulehnen.AG Münster, Beschluss vom 27.8.2012
KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012 (Bei vorhandenen Tags muss die „Erheblichkeit“ eingehend erklärt werden)
Leitsatz: Sind auf einem Anhänger schon Tags vorhanden, ist ein weiteres Tag nicht automatisch strafbar.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Jugendschöffengerichts Tiergarten in Berlin vom xx.xx. 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.Das Jugendschöffengericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlicher Sachbeschädigung“ ‚zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner zulässigen (Sprung-) Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.Aus den Feststellungen und dem übrigen Urteilsinhalt wird nicht deutlich, welcher der beiden Absätze vorliegt bzw. ob sich der Angeklagte überhaupt wegen Sachbeschädigung strafbar gemacht hat. Aus den Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass die Voraussetzungen des Absatz 2 des § 303 StGB vorliegen. Danach begeht eine Sachbeschädigung, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und vorübergehend verändert.Zwar hat das Amtsgericht festgestellt, dass die von dem gesondert verfolgten XX gewählte Seite des Verkaufsanhängers noch frei war. In welchem Umfang und Größe der gesondert verfolgte XX an dieser Stelle bereits schwarze Umrisslinien angebracht hatte, bevor er und der Angeklagte von den Polizeibeamten festgenommen wurden, bleibt jedoch ebenso offen, wie die Frage, in welchem Umfang die übrigen Flächen des Verkaufsanhängers bereits mit Tags besprüht waren.Hiernach war das Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.KG Berlin, Beschluss vom 11.12.2012
AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012 (Es gibt zahlreiche Gründe für Nachahmer)
Leitsatz: Auch bei „typischen“ Tags kann eine Nachahmung nie ausgeschlossen werden.Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird bis auf die Anklagepunkte 1. und 2. abgelehnt. Sie wäre nur dann möglich, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung wahrscheinlich ist. Hiervon ist diesbezüglich nicht auszugehen. Der Angeklagte, der bezüglich des gleichlautenden Vorwurfes zu Ziffer 1. geständig ist und bezüglich der Tat zu 2 aufgrund der bisher erfolgten Einlassung und der eigenen Einlassung hinreichend verdächtig ist, bestreitet diesbezüglich die Taten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die für den Angeklagten typischen „Tags“ von jemand anderem verwendet wurden, um den Angeklagten zu grüßen, zu imitieren, zu ärgern oder ihm Respekt zu zollen. Eine Begutachtung — etwa in Bezug auf verwendete Farben und Vergleich mit ansonsten vom Angeklagten verwendeten Farbdosen — ist jedenfalls nunmehr nicht möglich, da laut der Geschädigten die Farbe rückstandfrei entfernt wurde.AG Krefeld, Beschluss vom 4.3.2012
AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009 (Bei Graffiti-„Tags“ kann eine Gruppenverwendung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden)
Leitsatz: Ohne eindeutige individualisierende Zusätze muss man zugunsten des Angeklagten von Gruppentags ausgehen.Der Angeklagte ist schuldig zweier tatmehrheitlicher Vergehen der Sachbeschädigung. Im Übrigen wird er freigesprochen.Die beiden letztgenannten Vorwürfe konnten dem Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb insoweit Freispruch erfolgen musste. Der Angeklagte hat zu diesen Taten keine Angaben gemacht. Hinweis darauf, dass er sie begangen haben könnte, konnten die auf der Speicherkarte der Digitalkamera gesicherten Bilder sein. Hier wurden in der Tat die Tags der Taten vom 02.10.2008 und vom 03.10.2008 fotografiert. Ob der Angeklagte die Graffitis jedoch gesprüht hat, ist aus diesen Bildern nicht ersichtlich. Dem Gericht ist aus mehreren Verhandlungen bekannt, dass es ganze Gruppen von Graffitisprayern gibt, die welche die selben Tags benutzen. Es kann ohne individualisierende Zusätze nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte die besprühten Züge fotografiert hat, um die Arbeiten“ einer oder seiner Gruppe zu dokumentieren oder ein anderes Mitglied der Gruppe die Bilder gesprüht hat.AG Ludwigsburg, Urteil vom 5.11.2009
AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012 (Der Besitz von Fotos reicht für eine Zuordnung nicht)
Leitsatz: Fotografien von Zugbildern zeigen ein Interesse, mehr nicht.Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Graffiti-Verunreinigungen an ihrem Eigentum in Anspruch. Der Beklagte ist Graffiti-Sprayer und als solcher sowohl bundes- als auch europaweit in der Szene bekannt. Der beklagte verwendet das TAG „XXXX“.Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.§ 286 Abs.1 ZPO verlangt für die Überzeugungsbildung des Gerichts und damit für den Tatbestandsnachweis durch die Klägerin einen brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifel Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, wobei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Überzeugungsbildung im Rahmen des Vollbeweises nicht ausreicht. Gemessen an diesem Maßstab steht für das erkennende Gericht nicht fest, dass der Beklagte Urheber der streitgegenständlichen Graffiti-Verunreinigungen war.Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass der Beklagte sich im illegalen Bereich der Graffiti-Szene bewegt, was seine unstreitige Urheberschaft bezüglich des Graffiti-Pieces „XXXX“ an einem Eisenbahnwagen am 21.02.2009 in Klatovy (CR) und auch das Auffinden einer Sturmhaube im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung bei ihm belegen. Gesehen wird auch, dass die streitgegenständlichen Graffiti-Verunreinigungen in einer gewissen räumlichen Nähe um den Wohnort des Beklagten herum und auch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat in Klatovy begangen wurden.Auf der anderen Seite ist gerichtsbekannt und wird auch durch einen entsprechenden Vermerk in der Ermittlungsakte (Bl. 61 f) bestätigt, dass es in der Graffiti-Szene auch ein Nachahmungs-Phänomen gibt, d.h., dass einzelne TAGs oder Pieces von mehreren Personen benutzt werden, wobei sich die unterschiedlichen Nutzer möglicherweise durch Details in der Schriftgebung voneinander absetzen. Diese Erkenntnis führt vorliegend dazu, dass die streitgegenständlichen Graffiti-Verunreinigungen am Eigentum der Klägerin dem Beklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit zugeordnet werden können.Auch die auf dem Computer des Beklagten ehemals vorhandene Bilddatei, die im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wiederhergestellt werden konnte und einen DB-Triebwagen mit dem Piece „XXXX“ zeigt, ist letztlich kein entscheidendes Indiz für die Urheberschaft des Beklagten an den streitgegenständlichen Graffiti-Verunreinigungen. Abgesehen davon, dass auch hier die Gestaltung einzelner Buchstaben von der Gestaltung der streitgegenständlichen Pieces abweicht, kann allein aus dem Foto nicht auf eine Urheberschaft des Beklagten bezüglich des fotografierten Piece geschlossen werden. Genauso gut ist denkbar, dass der Beklagte dieses Piece fotografiert hat, um es zukünftig nachzuahmen.Die Klage war daher abzuweisen.AG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012
AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013 (Bei Schadenswiedergutmachung ist auch Straffreiheit möglich)
Leitsatz: Stellt die Schadenswiedergutmachung ein besonderes „Opfer“ dar, kann von Strafe abgesehen werden.Dem Angeklagten wird in der Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück vorgeworfen, mit dem gesondert verfolgten F. am xx.xx.2010 in Osnabrück gemeinschaftlich handelnd rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört zu haben. Den Angeklagten wird zur Last gelegt:In bewusstem und gewolltem Zusammenwirken versahen sie als Verwender der Zeichen „XXX“ mit den Tags „XXX“ und „YYY“ den Reisezug der DB Regio AG im Bahnhof Osnabrück mit Graffitis. Dadurch entstand der DB Regio AG ein Schaden in Höhe von ca. 850,00 Euro. Die Angeklagten wurden auf frischer Tat angetroffen. Sie waren im Besitz von Graffitiutensilien und hatten ihre Tat mit einer Kamera aufgenommen. Bei dem Angeklagten F. befanden sich noch gelbe Farbspuren an den Fingern und bei dem Angeklagten N. ein blauer Farbtropfen auf dem Schuh. Die Feststellungen zum Schuldspruch durch Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx.xx.2012 sind bindend durch den Beschluss des OLG Oldenburg vom xx.xx.2012, durch den das Urteil des Amtsgerichts im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts verwiesen wurde.Die Schadenswiedergutmachung stellte für den arbeitslosen Angeklagten eine schwere finanzielle Belastung dar. Er war geständig und hat sich in einem Brief bei der Geschädigten entschuldigt. Unter diesen Voraussetzungen konnte von Strafe auch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft abgesehen werden.AG Osnabrück, Urteil v. 16.4.2013
AG Düsseldorf, Beschluss vom 23.4.2013 (Dauerhafte Beschlagnahme des Laptops ist unzulässig)
Leitsatz: Eine dreimonatige Beschlagnahme des Laptops ist unverhältnismäßig.Anlässlich einer Durchsuchung beim Beschuldigten wegen des Verdachts des unerlaubten Veränderns des Erscheinungsbildes von Sachen wurde unter anderem ein Laptop sichergestellt, da der Verdacht besteht, hierauf weitere Beweismittel zur Täterschaft des Beschuldigten zu finden. Das Laptop befindet sich seit dem 24.01.2013 bis heute im Gewahrsam der Ermittlungsbehörde, ohne dass die Daten, die sich auf dem Gerät befinden, gesichtet oder als sog. Image gesichert wurden. Der Beschuldigte trägt unwidersprochen über seinen Verteidiger vor, dass er das beschlagnahmte Laptop zur Verfassung eines Praktikumsberichts und entsprechender Recherchen dringend benötigt und als Schüler nicht in der Lage ist, sich ein Ersatzgerät zu beschaffen.Dieser Zeitraum der Beschlagnahme von fast drei Monaten ist nicht mehr verhältnismäßig, auch wenn der Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten weiterhin besteht. Es ist zwar bekannt, dass die für die Sicherung von Daten und Datenträgern zuständigen Ermittlungsbehörden aufgrund von chronischer Personalunterbesetzung für die Datensichtung wesentlich länger brauchen, als dies der reine Sicherung- oder Sicherungsvorgang tatsächlich erfordert. Dieser bekannte Missstand kann jedoch nicht dazu führen, dass beschlagnahmte Gegenstände, insbesondere Arbeitsmittel wie private Laptops über Monate in der Beschlagnahme bleiben, ohne dass eine Beweissicherung durchgeführt wird. Die Herstellung des sog. Images als 1: 1 Kopie des Datenträgers eines PCs oder Laptops erfordert auch bei Beachtung der anerkannten forensisch-technischen Verfahren mittels der entsprechenden Software vom reinen Aufwand so wenig Zeit, dass eine Beschlagnahme von drei Monaten unter keinem Umständen mehr gerechtfertigt werden kann.Unter Berücksichtigung auch der Interessen der Ermittlungsbehörden war die Beschlagnahme jedoch nicht mit sofortiger Wirkung aufzuheben sondern dieser die Möglichkeit zu geben, den Datenträger kurzfristig zu sichten oder den auf dem Gerät vorhandenen Datenbestand ordnungsgemäß zu sichern.Sollte binnen Wochenfrist keine Sichtung erfolgen, ist der Laptop hiervon unabhängig zurückzugeben.AG Düsseldorf, Beschluss v. 23.4.2013
AG Tiergarten, Beschluss vom 18.1.2013 (Vorverurteilungen wegen desselben Namens reichen für eine Zuordnung nicht)
Leitsatz: Nur weil jemand mehrfach wegen desselben Namens verurteilt wurde, kann man nicht alles andere auch zuordnen.Die Staatsanwaltschaft Berlin legt den Angeschuldigten diverse Graffiti-Schmierereien zur Last. Wegen der Einzelheiten wird auf die sehr umfangreiche Anklageschrift vom xx.xx.2012 verwiesen.Es besteht kein hinreichender Tatverdacht gegen die Angeklagten, weil nicht ersichtlich ist, wie ihnen die Täterschaft nachgewiesen werden soll. Zwar sind die Angeschuldigten nach Aktenlage der harten Graffiti-Szene zuzurechnen und die verwendeten Tag-Namen konnten ihnen in der Vergangenheit auch mehrmals nachgewiesen werden. Daraus folgt allerdings lediglich eine — für eine Verurteilung nicht ausreichende — gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie auch diese Mal für die Schmierereien verantwortlich sind. Es kann, auch wenn dies unter Sprayern eher unüblich sein mag, nicht ausgeschlossen werden, dass andere Personen an ihrer statt gesprüht haben. Augenzeugen existieren nicht. In einer Hauptverhandlung wären sie daher freizusprechen.AG Tiergarten, Beschluss v. 18.1.2013
AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013 (Fremdverwendungen von Tags z. B. bei Geburtstagen sind gerichtsbekannt)
Leitsatz: Es ist gerichtsbekannt, dass bewusst Tags von anderen ohne deren Anwesenheit verwendet werden.Dem Angeschuldigten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom xx.xx.2013 zur Last gelegt, in der Zeit von März 2010 bis August 2011 in 37 Fällen jeweils unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht vorübergehend verändert zu haben und sich damit in den genannten Fällen jeweils der Sachbeschädigung nach §§ 303, 303 c, 25 Abs. 2, 53 StGB schuldig gemacht zu haben. Entsprechend eines gemeinsam gefassten Tatplanes sollen sich die Beteiligten in wechselnder Beteiligung und teilweise mit weiteren, unbekannt gebliebenen Mittätern an nachfolgend genannten Tagen getroffen haben, um mittels Farbsprühdosen an nachfolgend aufgezählten U‑Bahnhöfen verschiedene Waggons und Wände großflächig mit Graffiti-Malereien zu besprühen. Dabei soll der Angeschuldigte entweder seinen sogenannten Tag-Namen oder andere Schriftzüge gesprüht haben, bei denen er mit seinem Tag-Namen seine Urheberschaft bestätigt haben soll. Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist aus tatsächlichen Gründen abzulehnen, da eine Verurteilung des Angeschuldigten angesichts der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht wahrscheinlich ist. Dem Angeschuldigten ist angesichts der zur Verfügung stehenden Beweismittel eine Beteiligung an diesen Taten nicht mit einer zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen.Der Angeschuldigte hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich zum Tatvorwurf nicht äußern zu müssen. Bei keiner der Taten ist der Angeschuldigte auf frischer Tat betroffen worden. Weder Fingerabdrücke noch sonstige Hinweise von Zeugen deuten auf eine Beteiligung des Angeschuldigten hin. Nach dem Ermittlungsergebnis wird von der Staatsanwaltschaft Berlin der Tatverdacht lediglich auf eine Zuordnung der Tag-Namen gestützt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Angeklagte die in der Anklageschrift benannten Tag-Namen in der Vergangenheit mal geführt haben sollte, kann dies nicht zu einer beweissicheren Überführung des Angeschuldigten bezüglich der hier angeklagten Taten führen. Es ist durchaus denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass der Angeklagte Urheber dieser Tags ist. Eine Verurteilung darf aber nur erfolgen, wenn keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft des Angeschuldigten bestehen bleiben. Ein Tag hat nicht den Beweiswert eines Fingerabdrucks oder einer Unterschrift. Es ist auch aus anderen Graffiti-Verfahren bekannt, dass von Mitgliedern der Gruppe gelegentlich, z. B. anlässlich Geburtstagen eines Mitglieds der Gruppe, dessen Tag mit verwendet, d.h. mitgezogen wird. Eine weitere Aufklärung des Tatgeschehens ist nach dem vorliegenden Ermittlungsergebnis auch bei Durchführung einer Hauptverhandlung nicht zu erwarten. Im übrigen wird auch auf die Urteilsgründe des insoweit rechtskräftigen Urteils Amtsgerichts Tiergarten vom xx.xx.2013 hingewiesen. Dort wurden der Angeklagte in allen gleich gelagerten Fällen freigesprochen.AG Tiergarten, Beschluss vom 23.7.2013
KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012 (Auch große Bilder auf vorbesprühten Wänden können straflos sein)
Leitsatz: Bei erheblich vorbemalten Wänden erklärt sich eine Strafbarkeit auch bei großen Graffitis nicht mehr automatisch.Auf die Revision des Verteidigers wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom xx. April 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte über seinen Verteidiger mit seiner zulässigen Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.Nach der Sachverhaltsdarstellung des Amtsgerichts „besprühte“ der Angeklagte am xx. Mai 2011 in der xxxstraße in Berlin gegen 2.00 Uhr „die Wand einer Hofzufahrt mit einem ca. zwei Mal zwei Meter großen Graffiti. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat in ihrer Zuschrift vom xx. November 2012 mit Recht ausgeführt, dass diese Feststellungen dem Senat nicht die Überprüfung ermöglichen, ob durch das Besprühen der Wand der Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB erfüllt worden ist. Eine nur unerhebliche,von § 303 Abs. 2 StGB nicht erfasste Veränderung liegt unter anderem dann vor, wenn sie völlig unauffällig bleibt, was etwa der Fall sein kann, wenn eine neue Farbauftragung sich auf einer infolge bereits vorangegangener Schmierereien bereits großflächig verunstalteten Fläche nicht mehr ausnimmt. Auf dem Rechtsfehler beruht das angefochtene Urteil, zumal da das Amtsgericht bei der Strafzumessung von erkennbaren „Vorschäden“ an der Wand gesprochen hat.KG Berlin, Beschluss vom 23.11.2012
VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.2013 (Ein Mitführverbot bei Graffitisprayern von Markern, Sprühdosen etc. ist völlig ungeeignet)
Leitsatz: Es gibt viele Wege, ein Mitführverbot auszutricksen.Die angefochtene Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes von 500,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung für die Dauer eines Jahres untersagt worden ist, im Stadtgebiet X von montags bis freitags in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr sowie samstags, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen ganztägig Farbspraydosen, Farbstifte, Farbdosen, Pinsel, Eddingstifte, Filzmarker Vorlage(n), Vorlagen-Skizze(n), Kratz- und Ritzwerkzeuge, Gesichtsmasken und Einweghandschuhe mitzuführen, ist rechtswidrig.Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die Geeignetheit der Ordnungsverfügung, die auch durch die Klageerwiderung vom xx. Juni 2010 nicht ausgeräumt werden. Nach wie vor ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller durch die getroffenen Maßnahmen tatsächlich daran gehindert wird, Graffitis auf öffentlichen und privaten Flächen anzubringen. Es spielt für den Eintritt des Schadens keine Rolle, ob der Antragsteller — nur auf diesen bezieht sich die Untersagungsverfügung — oder eine ihn begleitende Person die für die Anbringung der Graffitis benötigten Utensilien trägt. Da nicht erkennbar ist, dass es für den Antragsteller ein ins Gewicht fallendes Problem wäre, die Gegenstände von einem „Kumpel“ zum Tatort bringen zu lassen, zumal es nach den Erfahrungen des Antragsgegners häufig vorkommt, dass „Sprayer“ zu zweit unterwegs sind, lässt sich der Schadenseintritt durch das Mitführungsverbot nicht verhindern. Eineweitere Möglichkeit, die Ordnungsverfügung zu umgehen, ergibt sich daraus, dass die Untersagung sich an Werktagen auf die Nachtstunden beschränkt. Dies bedeutet, dass es dem Antragsteller unbenommen bleibt, tagsüber die benötigten Gegenstände an einer Stelle zu deponieren, an der er nachts seine „Tags“ anzubringen beabsichtigt. Angesichts der Offensichtlichkeit der fehlenden Eignung spricht vieles dafür, dass die Ordnungsverfügung tatsächlich gar nicht bezweckt, die Anbringung von Graffitis gegen den Willen des Betroffenen, d.h. nötigenfalls im Wege des Verwaltungszwangs, zu verhindern. Vielmehr scheint es — wie auch die Klageerwiderung zum Ausdruck bringt — darum zu gehen, den jugendlichen „Sprayern“ und deren Eltern die Sozialschädlichkeit des Verhaltens vor Augen zu führen und Einsicht herbeizuführen. Die Betroffenen, die nicht konsenswillig sind — auf diese ist bei der Frage der Eignung abzustellen -, dürften dagegen mit der Ordnungsverfügung schwerlich zu einer Änderung ihres Verhaltens veranlasst, sondern eher angespornt werden, die Umgehungsmöglichkeiten zu nutzen.VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.2013
OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013 (Ein persönlicher Verzicht bei Schadenswiedergutmachung legt Straflosigkeit nahe)
Leitsatz: Stellt Schadensersatz für einen Sprayer eine Belastung dar, sollte von Strafe abgesehen werden.Der Angeklagte war durch Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx. Februar 2012 wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von xxx Tagessätzen verurteilt worden. Dieses Urteil hatte der Senat auf die Revision des Verteidigers durch Beschluss vom xx. Mai 2012 unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Osnabrück zurückverwiesen.Mit Urteil vom xx. September 2012 hat das Amtsgericht Osnabrück den Angeklagten nunmehr unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Geldstrafe verwarnt. Zugleich Hiergegen wendet sich die erneute, auf die Sachrüge und Verfahrensrügen gestützte Sprungrevision des Verteidigers und Angeklagten, die sich insbesondere gegen das durch das Amtsgericht (wiederum) abgelehnte Absehen von Strafe richtet und mit der er die Aufhebung des Urteils erstrebt.Die in zulässiger Weise erhobene Revision hat mit der Sachrüge erneuten Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts ist erneut aufzuheben.Ausweislich der Urteilsfeststellungen war der heute von öffentlichen Leistungen in Höhe von 750 Euro monatlich lebende Angeklagte, der den mit einem Mittäter verursachten Schaden hälftig wiedergutgemacht und sich entschuldigt hat, zum Zeitpunkt der Tat arbeitslos, lebte in ohnehin engen finanziellen Verhältnissen, konnte den Schaden nicht gleich begleichen, sondern musste etwas ansparen. Diese Feststellungen legen einen persönlichen Verzicht des Angeklagten zum Schadensausgleich zumindest nahe. Eine Ablehnung des Absehens von Strafe ohne genaue Angaben zu den damaligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie den bestehenden Verpflichtungen dürfte deshalb als rechtsfehlerhaft anzusehen sein.Auf die Revision des Angeklagten war daher das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom xx. September 2012 aufzuheben und die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Osnabrück zurückzuverweisen, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben wird.OLG Oldenburg, Beschluss v. 17.1.2013
OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011 (Bei einer „illegalen“ Hall of Fame ist eine Strafbarkeit nicht offensichtlich)
Leitsatz: Befinden sich unter dem Piece schon alte andere, erklärt sich eine Verurteilung nicht ohne Weiteres.Auf die Revision des Verteidigers des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom xx. September 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kostendes Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt zurückverwiesen.Die Beweiswürdigung im amtsgerichtlichen Urteil trägt die Feststellungen zum Sachverhalt nicht. Diese· ist vielmehr in weiten Teilen lückenhaft. Insbesondere werden im Rahmen der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen zur Frage der Erheblichkeit der Veränderungen im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB unter Berücksichtigung des Zustands der betroffenen Wand zum Tatzeitpunkt zu treffen sein, da es sich um eine „illegale“ Hall of Fame handelte und ein weiteres Graffiti nicht ohne weiteres eine „erhebliche“ Veränderung des Erscheinungsbildes darstellte.OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.2.2011
AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013 (Altes „Kamikaze-Foto“ reicht für eine Zuordnung nicht)
Leitsatz: Eine Fotografie vom Zugmalen reicht nicht, um andere Zugbilder desselben Namens ohne andere Beweise zuzuordnen.Die Angeklagten sind der Tat 1. schuldig. Im Übrigen sind sie freizusprechen.Die Angeklagten waren von diesen Tatvorwürfen aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, da ihnen eine Beteiligung an diesen Taten nicht mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen war. Die Angeklagten haben sich nicht zur Sache eingelassen. Schon im Ermittlungsverfahren haben sie über ihre Verteidiger eine Tatbeteiligung bestritten. Bei keiner der Taten sind die Angeklagten auf frischer Tat betroffen worden. Weder Fingerabdrücke noch sonstige Hinweise von Zeugen deuten auf die Angeklagten hin. Der Tatverdacht gründet sich im Wesentlichen auf die den Angeklagten jeweils zugeordneten Tags, und zwar der Tag-Name XXX für den Angeklagten X und der Tag-Name YYY für den Angeklagten Y.Bezüglich des Angeklagten Y ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zwar erwiesen, dass er bei der Tat zu 1. der Urheber des Tags YYY gewesen ist. Bezüglich des Angeklagten X gründet sich die Zuordnung des Tag-Namens auf ein beim Mitangeklagten Y aufgefundenes Foto. Auf diesem Foto ist nach einem Vergleich mit einem Lichtbild aus einer erkennungsdienstlichen Maßnahme des Angeklagten X dieser auf dem Bild zu sehen, wie er mit großer Wahrscheinlichkeit das Tag XXX sprüht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Angeklagten die Tag-Namen XXX bzw. YYY in der Vergangenheit geführt haben, kann dies nicht zu einer beweissicheren Überführung der Angeklagten bezüglich der hier angeklagten Taten führen. Es ist durchaus denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass die Angeklagten Urheber dieser Tags sind. Eine Verurteilung darf aber nur erfolgen, wenn keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten bestehen bleiben. Ein Tag hat allerdings nicht den Beweiswert eines Fingerabdrucks. Die Zuordnung der Tags und der entsprechenden Straftaten gründet sich auf die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden, dass bestimmte Tags nicht unbefugt oder ungekennzeichnet nachgeahmt werden. Eine eindeutige Zuordnung soll deshalb in der Regel möglich sein. Es werden damit aber lediglich ungeschriebene Regeln der Subkultur zur Beweisführung im Strafprozess herangezogen. Dies ist auch im Zusammenhang mit den aufgefundenen Beweismitteln im Übrigen, unter anderem den bei ihnen aufgefundenen Fotos und Filmen, insgesamt allerdings nicht ausreichend, um die Angeklagten der Taten sicher zu überführen. Im Übrigen ist schon die Inaugenscheinnahme der tatgegenständlichen Schmierereien nicht geeignet, sichere Übereinstimmungen herauszuarbeiten. Die Angeklagten waren deshalb mangels ausreichender Beweise freizusprechen.AG Tiergarten, Urteil vom 19.3.2013
AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012 (Auch ganze Ordner mit Fotos eines Namens erlauben keine pauschale Zuordnung)
Leitsatz: Selbst die Angabe von Fotografiezeit und ‑ort bei einem Ordner voller namensgleicher Fotos lässt die Möglichkeit offen, dass der „Sprayer“ in Wirklichkeit ein Sammler ist.Die Anklagepunkte 1) bis 17) enthalten jeweils einen Vorwurf der Sachbeschädigung durch Aufbringen von Graffiti. Vorwurf Nr. 18 der Anklage enthält den Vorwurf, der Angeklagte habe in Hattingen an S‑Bahnschienen manuell eine Weiche verstellt, umdadurch ein Zugunglück herbeizuführen. Sämtliche Vorwürfe beruhen auf Bildern von Digitalkameras, die bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten auf dessen Laptopcomputer gefunden wurden. Bezüglich der Sachbeschädigungsvorwürfe sind die Anklagepunkte zum Teil mit einem Tatdatum versehen, zum Teil mit Lagebeschreibungen der Tatorte (Nr. 1, 9, 11 und 12). Der Angeklagte hat keine Angaben zur Sache gemacht. In allseitiger Übereinstimmung ist in der Hauptverhandlung darauf verzichtet worden, förmlich festzustellen, ob die Bilder tatsächlich auf seinem Computer gefunden wurden. Letztlich kam es darauf nämlich nicht an. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, beweist dies nicht die Täterschaft des Angeklagten. Fest steht damit lediglich, dass der Angeklagte auf seinem Computer entsprechende Fotos vorrätig hatte. Damit ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein entsprechendes Interesse vorhanden war. Dies deutet möglicherweise auch auf seine Täterschaft insoweit, als dass man vermuten kann, dass hier ein Künstler (Täter) seine Werke stolz fotografiert und gesammelt hat. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Genauso gut könnte der Angeklagte hier die „Kunstwerke“ Dritter, die er bewundert, gesammelt haben. Beide Möglichkeiten erscheinen als plausibel. Insoweit spielt bei der Bewertung auch der auf den Festplatten des Angeklagten sichergestellte email-Verkehr eine Rolle. Dort ist beispielsweise auf Seite 28, (BI. 139 d. A.) eine Passage zu finden, in der davon die Rede ist, dass der Verfasser sich eine vernünftige Kamera zugelegt habe und „die Tage noch mal durch Hattingen ziehen (werde), die Pyramiden knipsen und eine Menge Tags.“ Dies deutet eher auf die Variante des Angeklagten als Sammler von Fotos als auf aktiver Sprayer der entsprechenden Bilder hin. In jedem Fall fehlt es an weiteren, darüber hinausgehenden Indizien, die auf den Angeklagten als Täter hindeuten.Bezüglich des Vorwurfs des Eingriffs in den Schienenverkehr (Punkt 18 der Anklage) fehlt es schon an einer entsprechenden Tat. Zwar existiert insoweit wiederum ein Foto, das den Angeklagten bei einer vermeintlichen oder tatsächlichen Manipulation an einem Bahngleis zeigt. Allerdings ist es bereits im Ermittlungsverfahren nicht gelungen, einen entsprechenden Vorfall zu ermitteln. Es ist daher völlig offen, ob tatsächlich eine Manipulation an den Schienen stattgefunden hat oder ob hier jemand (der Angeklagte?) lediglich entsprechend vor der Kamera posiert hat.AG Hattingen, Urteil vom 2.5.2012
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013 (Ohne genaue Feststellungen ist im Zweifel von Straffreiheit auszugehen)
Leitsatz: Gibt es keine Urteilsfeststellungen zum Untergrund, zur Größe des Graffitis und zum Vorzustand, ist eine Verurteilung nicht haltbar.Das Amtsgericht — Jugendschöffengericht — Saarbrücken hat den Angeklagten — nach Teileinstellung zahlreicher weiterer Tatvorwürfe — als Heranwachsenden unter Anwendung von Jugendstrafrecht der Sachbeschädigung in 27 Fällen für schuldig befunden, die der vormals nicht verteidigte Angeklagte bereits im Ermittlungsverfahren gestanden hatte. Das Gericht hat von Strafe abgesehen und ihm aufgegeben, nach näherer Weisung des Kreisjugendamtes Saarlouis 180 unentgeltliche Arbeitsstunden innerhalb von 3 Monaten abzuleisten.Gegen das in Anwesenheit der Angeklagten verkündete Urteil hat dessen Verteidiger mit Telefaxschreiben vom xx. Dezember 2012 Revision eingelegt. Die Sprungrevision ist zulässig. In der Sache kann dem Rechtsmittel ein (ggf. vorläufiger) Erfolg nicht versagt bleiben.Für die Beurteilung einer Veränderung als „erheblich“ ist nicht von Bedeutung, ob das Erscheinungsbild unter ästhetischen Aspekten verbessert oder verschlechtert wurde. Jedoch kann es an einer „erheblichen“ Veränderung fehlen, wenn der Charakter des Erscheinungsbildes durch das Aufbringen eines Graffitos wegen einer Vielzahl an der Sache bereits vorhandener anderer Graffitos nur unwesentlich verändert wird oder wenn es sich um sehr kleine, kaum ins Auge springende Graffitos handelt. Es kommt nicht selten vor, dass Graffitos an Gegenständen angebracht werden, an denen sich bereits andere Graffitos befinden. Zwar ist wenig wahrscheinlich, dass sich in allen der 27 abgeurteilten Fälle an den fremden Sachen zuvor bereits andere Graffitos befanden. Ob dies im Einzelfall so war, kann der Senat nicht beurteilen, da in dem angefochtenen Urteil weder das Erscheinungsbild der fremden Sachen vor und nach dem Aufbringen der Graffitos durch den Angeklagten näher beschrieben, noch auf ggfs. in der Gerichtsakte befindliche Fotos verwiesen wird, die die Graffitos und das Erscheinungsbild der Gegenstände, an denen sie angebracht wurden, veranschaulichen.Die Urteilsfeststellungen lassen ferner nicht erkennen, ob und ggfs. mit welchem Aufwand sich die vom Angeklagten aufgebrachten Graffitos wieder entfernen lassen. Angesichts der zum Farbauftrag verwendeten Mittel dürfte zwar einiges dafür sprechen, dass es sich um Veränderungen handelt, die prinzipiell geeignet sind, einen die Bagatellgrenze übersteigenden Zeitraum hinaus fortzubestehen und die sich nicht mit nur marginalem Aufwand (z.B. durch bloßes Abwischen) wieder beseitigen lassen. Feststellungen dazu fehlen jedoch, so dass das Urteil keinen Bestand haben kann.Auf die Revision des Angeklagten war das angefochtene Urteil daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere für Jugendsachen zuständige Abteilung des Amtsgerichts Saarbrücken zurückzuverweisen.OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.4.2013
LG Münster, Beschluss vom 01.08.2018 (Keine Beschlagnahme von Handys bei vorbeschädigter Wand)
Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Münster vom XX.XX.2018 aufgehoben.
Gründe:
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht Münster die Beschlagnahme des am XX.XX.2018 durch Beamte der Polizei Münster sichergestellten Smartphones Apple iPhone des Beschuldigten gem. § 94, 98 StPO angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Beschuldigte durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom XX.XX.2018 Beschwerde eingelegt; das Amtsgericht Münster hat dieser mit weiterer Entscheidung vom XX.XX.2018 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen einer Beschlagnahme des Smartphones liegen nicht vor.
Bezüglich des Vorwurfs der Sachbeschädigung gem. § 303 II StGB ist bereits der erforderliche Anfangsverdacht nicht gegeben. Der bekannt gewordene Sachverhalt fällt nicht unter das vorbenannte Strafgesetz. Entscheidung ist der optische Eindruck einer Sache. Nur unerheblich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes dann, wenn sie völlig unauffällig bleibt, zum Beispiel aufgrund von vorangegangener Schmierereien durch Dritte. Eben dies ist hier der Fall. Auf den in der Akte befindlichen Lichtbildern ist zu erkennen, dass sich auf dem gesamten dort abgebildeten unteren Bereich des Gasometers bereits flächendeckend Graffitis befinden. Das Erscheinungsbild des Gasometers ist demnach durch das Vorhandensein einer Vielzahl von Graffitis geprägt. Unter Berücksichtigung dieser bereits vorhandenen Graffitis stellen die nunmehr von den Beschuldigten aufgebrachten Graffitis lediglich eine unerhebliche Veränderung dar. Sie haben keinen Einfluss mehr auf den Charakter des Erscheinungsbildes des Gebäudes.
Eine Beschlagnahme des Smartphones zur Ausforschung – das heißt zum Auffinden darauf befindlicher Aufzeichnungen von weiteren, bisher unbekannten und nicht im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum hiesigen Vorfall stehenden Straftaten – unzulässig.
Landgericht Münster, Beschluss vom 01.08.2018
OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Gegenansicht zu OLG Hamburg, — dort)
Nach der Rechtsprechung des OLG Hamburg liegt bei einer Besprühung von S‑Bahnen eine „gemeinschädliche Sachbeschädigung“ nach § 304 StGB vor, die eine höhere Strafe zur Folge hat. Begründet wird dies damit, dass durch die Besprühung die öffentliche Funktion der zum öffentlichen Personennahverkehr gehörenden S‑Bahnwagen beeinträchtigt worden ist. Denn durch ein zeitgemäßes und ansprechendes Erscheinungsbild sollen Kunden gehalten sowie darüber hinaus mehr Menschen zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr bewogen werden. Diese Ansicht teilt das Oberlandesgericht Köln nicht. Denn selbst wenn man dieser Auffassung im Ansatz folgen würde, würde alleine das Besprühen von äußeren Flächen des Waggons mit Graffitis die öffentliche Funktion des Wagens im Sinne des § 304 StGB nicht aufheben. Das OLG Köln schränkt dies dahin gehend ein, dass in einer Verhandlung festgestellt werden muss, dass die mit Graffiti besprühten Waggons in „besprühtem Zustand“ im Nahverkehr eingesetzt wurden und damit gegenüber den Fahrgästen der Deutschen Bahn tatsächlich in Erscheinung getreten ist.
OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017
OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017 (Keine gemeinschaftliche Sachbeschädigung bei turnusmäßiger Wartungsarbeit/Reinigung)
Ein Zugwaggon stellt einen dem öffentlichen Nutzen dienenden Gegenstand gem. § 304 Abs. 2 StGB dar, sodass grundsätzlich durch das Aufbringen von Graffiti eine gemeinschädliche Sachbeschädigung mit einem höheren Strafrahmen erfüllt sein kann. Aus der Besprühung alleine folgt jedoch nicht, dass auch der Widmungszweck der dem öffentlichen Nutzen dienen den Sache aufgehoben worden wäre. Wenn das Tatgericht keine konkreten Feststellungen dazu trifft, ob der Zugwaggon im Rahmen der turnusmäßigen Wartungsarbeiten oder außerhalb dieser Wartungsarbeiten gereinigt wurde, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass die Reinigung im Rahmen einer turnusmäßigen Wartungsarbeit erfolgte und der öffentliche Widmungszweck durch die Besprühung nicht aufgehoben wurde. Es ist daher nur der (verminderte) Strafrahmen des § 303 Abs. 2 StGB zugrunde zu legen.
OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017
AG Krefeld spricht Angeklagte wegen nur „unerheblichen“ Veränderns der Wand durch Graffiti frei.
Erneut ein absolut richtiger Erfolg für alle, die Farben mehr bevorzugen als graue Wände. Unseren Mandanten wurde vorgeworfen, die Rückseite einer Wand, die schon Vorbeeinträchtigungen aufwies, „verschärft“ verschandelt zu haben. Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme mit DNA-Sachverständigem, Fingerabdruck-Sachverständigem und zahlreichen Zeugen hat das Gericht zwar angenommen, dass die Mandanten auch gesprüht haben, aber nach unseren Plädoyers und den vorgelegten Entscheidungen von uns aus „rechtlichen Gründen“ trotzdem freigesprochen: „Vorliegend handelt es sich rein optisch betrachtet bei dem vom Angeklagten K. angebrachten Graffiti zwar nicht um eine völlig unauffällige Veränderung, denn das Graffiti ist verglichen mit den vorangegangenen Schmierereien deutlich größer und beinhaltet mehrere Farben. Rein auf die optische Veränderung des Erscheinungsbildes abzustellen verbietet sich indes. Den anderenfalls wären größere Bemalungen mit Wasserfarbe oder Kreide ebenfalls Sachbeschädigungen im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB, was der Gesetzgeber jedoch ausnehmen wollte. Daher ist immer auch auf den erforderlichen Beseitigungsaufwand abzustellen. Dieser hat sich jedoch durch das Anbringen des Graffitis durch den Angeklagten im Verhältnis zum vorherigen Zustand nicht erhöht, da bereits zur Beseitigung der früheren Graffitis das Grundieren und Überstreichen der gesamten Garagenrückwand die zweckmäßigste Beseitigung war. Da sich das Graffiti des Angeklagten somit im Verhältnis zum Zustand vor dem Aufbringen durch den Angeklagten mit dem selben Kostenaufwand mit entfernen lässt, den der Zeuge Sch. bereits zuvor hätte aufbringen müssen, ist das Tatbestand des § 303 Abs. 2 StGB in rechtlicher Hinsicht nicht erfüllt.“AG Krefeld, Urteil vom 24.04.2019